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Schwesternmord

Schwesternmord

Titel: Schwesternmord Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tess Gerritsen
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Aufregung, riss sie die Tür auf und trat in die Garage. Im Halbdunkel blieb sie verwirrt stehen und blinzelte ungläubig. Das einzige Auto in der Garage war ihres.
    »Dwayne?«, sagte sie.
    Ein Streifen Sonnenlicht fiel ihr ins Auge; die Tür zum
Garten war nur angelehnt. Sie ging durch die Garage, um sie zu schließen. Kaum hatte sie die Klinke losgelassen, als sie hinter sich Schritte hörte. Sie erstarrte, ihr Herz hämmerte wie wild. In diesem Augenblick wurde ihr klar, dass sie nicht allein war.
    Sie wollte sich umdrehen, doch mitten in der Bewegung wurde ihr plötzlich schwarz vor Augen.

6
    Maura trat aus dem Nachmittagssonnenschein in das kühle Halbdunkel der Kirche Unserer lieben Frau vom Himmlischen Licht. Einen Moment lang konnte sie nur Schatten erkennen, die schemenhaften Umrisse von Bänken und die Silhouette einer Frau, die allein mit gesenktem Kopf in der ersten Reihe saß. Maura schlüpfte lautlos in eine Bank und setzte sich; sie ließ sich von der Stille umfangen, während ihre Augen sich langsam an die düstere Umgebung gewöhnten. In einem der Buntglasfenster, die hoch über ihr in satten, prächtigen Farben leuchteten, war eine Frau mit wallendem Lockenhaar zu sehen. Ihr sehnsuchtsvoller Blick war auf einen Baum gerichtet, an dem ein einzelner blutroter Apfel hing. Eva im Garten Eden. Die Frau als Versucherin, als Verführerin. Als Zerstörerin. Eine quälende Unruhe beschlich Maura, als sie zu der Darstellung aufblickte, und sie wandte den Blick zu einem anderen Fenster. Obwohl von katholischen Eltern erzogen, fühlte sie sich in der Kirche nicht zu Hause. Sie betrachtete die Darstellungen der Märtyrer in den Fenstern, bunt schimmernd wie Juwelen, und sie konnte sich des Gedankens nicht erwehren, dass diese Männer und Frauen, die heute als Heilige verehrt wurden, als lebendige Menschen aus Fleisch und Blut auch nicht ohne Fehler gewesen sein konnten. Dass ihre Zeit auf Erden mit Sicherheit nicht frei von Sünden, von falschen Entscheidungen und kleinlichen Begierden gewesen war. Sie wusste besser als viele andere, dass Vollkommenheit keine menschliche Eigenschaft war.
    Maura stand auf, wandte sich zum Gang um und hielt plötzlich inne. Vor ihr stand Pater Brophy; das Licht, das durch die Buntglasfenster fiel, zeichnete ein farbiges Mosaik auf sein Gesicht. Er hatte sich so lautlos genähert, dass sie
ihn nicht gehört hatte; jetzt standen sie da, sahen einander an, und keiner wagte es, das Schweigen zu brechen.
    »Ich hoffe, Sie wollen noch nicht gehen«, sagte er schließlich.
    »Ich bin nur gekommen, um ein paar Minuten zu meditieren.«
    »Dann habe ich ja Glück gehabt, dass ich Sie noch erwischt habe. Möchten Sie reden?«
    Sie blickte zum Ausgang, als ob sie mit dem Gedanken spielte, die Flucht zu ergreifen. Dann seufzte sie auf. »Ja, ich glaube, ich möchte reden.«
    Die Frau in der ersten Bank hatte sich umgedreht und schaute in ihre Richtung. Und was sieht sie da?, fragte sich Maura. Den gut aussehenden jungen Priester. Eine attraktive Frau. Eifriges Getuschel unter den Augen der Heiligen.
    Pater Brophy schien Mauras Unbehagen zu teilen. Mit einem Seitenblick auf die Frau sagte er: »Es muss ja nicht hier in der Kirche sein.«
     
    Sie gingen im Jamaica Riverway Park spazieren und folgten dem Weg, der im Schatten der Bäume am Wasser entlangführte. An diesem warmen Nachmittag teilten sie sich den Park mit Joggern und Radlern sowie Müttern, die Kinderwagen vor sich herschoben. An einem so belebten Ort würde ein Priester, der sich die Probleme eines weiblichen Gemeindemitglieds anhörte, wohl kaum Anlass zu Klatsch und Tratsch geben. So ist es von Anfang an zwischen uns gewesen, dachte sie, während sie den Kopf einzog, um unter den tief hängenden Zweigen einer Weide hindurchzugehen. Nicht die Spur eines Skandals, nicht der leiseste Hauch von Sünde. Das, was ich mir am sehnlichsten von ihm wünsche, kann er mir nicht geben. Und doch bin ich hier.
    Hier sind wir beide, Seite an Seite.
    »Ich habe mich schon gefragt, ob Sie irgendwann vorbeikommen würden«, sagte er.
    »Ich hatte es vor. Die vergangene Woche war ziemlich heftig.
« Sie blieb stehen und blickte auf den Fluss hinaus. Der Verkehrslärm der nahen Straße übertönte das Rauschen des Wassers. »In den letzten Tagen ist mir erst so richtig bewusst geworden, dass ich sterblich bin.«
    »War Ihnen das vorher nicht bewusst?«
    »Nicht so unmittelbar. Letzte Woche, als ich bei dieser Autopsie zugesehen habe …«
    »So

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