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Schwesternmord

Schwesternmord

Titel: Schwesternmord Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tess Gerritsen
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dabei?«
    »Das Becken dort drüben stammt von einer Frau.«
    Corso starrte sie an. Er wandte sich zu Dr. Singh um.
    »Ich stimme vollkommen mit Dr. Isles überein«, sagte Daljeet.
    »Aber das würde ja bedeuten …«
    »… dass wir es mit den Überresten von zwei Menschen zu tun haben«, sagte Maura. »Ein Mann und eine Frau.« Sie
stand auf und sah Corso in die Augen. »Die Frage ist: Wie viele Leichen sind hier noch verscharrt?«
    Einen Moment lang schien Corso zu verblüfft, um antworten zu können. Dann drehte er sich um und ließ den Blick langsam über die Lichtung schweifen, als sähe er sie zum ersten Mal bewusst.
    »Chief Gresham«, sagte er, »wir werden Freiwillige brauchen. Und zwar eine Menge. Polizei, Feuerwehr. Ich lasse unser Team aus Augusta kommen, aber das wird nicht reichen. Nicht für die Aufgabe, die uns hier bevorsteht.«
    »Von wie vielen Helfern reden Sie?«
    »So viele, wie es braucht, um dieses Gelände zu durchkämmen.« Corso blickte auf die Bäume, die sie umringten. »Wir werden jeden Quadratzentimeter im Umkreis absuchen. Die Lichtung, den Wald. Wenn hier wirklich mehr als zwei Menschen begraben sind, werde ich sie finden.«

12
    Jane Rizzoli war in Revere aufgewachsen, einem nördlichen Vorort von Boston. Es war ein Arbeiterviertel mit schlichten Einfamilienhäusern auf briefmarkengroßen Grundstücken, wo jeden Sommer am Nationalfeiertag Hot Dogs auf dem Gartengrill gebrutzelt wurden und man auf den Veranden stolz das Sternenbanner hisste. Die Rizzolis hatten schon so manche Höhen und Tiefen durchlebt, darunter auch ein paar schreckliche Monate, als Jane zehn Jahre alt gewesen war und ihr Vater seinen Job verloren hatte. Sie war alt genug gewesen, um die Angst ihrer Mutter spüren zu können und von der zornigen Verzweiflung ihres Vaters angesteckt zu werden. Sie und ihre zwei Brüder wussten genau, wie es war, auf dem schmalen Grat zwischen einem angenehmen Auskommen und dem finanziellen Ruin zu existieren, und obwohl sie inzwischen ein regelmäßiges Gehalt bezog, konnte sie die warnende Stimme aus den unsicheren Tagen ihrer Kindheit nie ganz zum Verstummen bringen. In ihren Augen würde sie immer das Mädchen aus Revere bleiben, das davon geträumt hatte, eines Tages ein großes Haus in einem feineren Viertel zu besitzen, ein Haus, in dem es reichlich Badezimmer gab, so dass sie nicht mehr jeden Morgen an die Tür hämmern müsste, um auch endlich mal mit dem Duschen dranzukommen. Es würde einen gemauerten Kamin haben, eine Haustür mit zwei Flügeln und einen Türklopfer aus Messing. Das Haus, das sie jetzt von ihrem Wagen aus betrachtete, hatte alle diese Vorzüge, und noch mehr: den Türklopfer aus Messing, die Doppelhaustür und nicht nur einen gemauerten Kamin, sondern deren zwei. All das, wovon sie immer geträumt hatte.
    Und doch war es das hässlichste Haus, das sie je gesehen hatte.

    Die anderen Häuser in dieser Straße in East Dedham entsprachen dem, was man in einem solchen ruhigen, gediegenen Mittelschicht-Wohnviertel erwarten würde: Doppelgaragen und gepflegte Vorgärten. Die Autos in den Einfahrten allesamt neuere Modelle. Aber nichts Extravagantes. Nichts, was einen aufforderte: Schau mich an . Aber dieses Haus – nun, es verlangte nicht nur, beachtet zu werden. Es schrie regelrecht danach.
    Es war, als sei Tara, das Herrenhaus aus Vom Winde verweht , von einem Wirbelsturm erfasst und auf einem Stadtgrundstück wieder fallen gelassen worden. Das Haus hatte keinen Garten, der diesen Namen verdient gehabt hätte, nur links und rechts einen Streifen Grün, gerade breit genug, dass man mit dem Rasenmäher zwischen der Hauswand und dem Zaun zum Nachbargrundstück hindurchfahren konnte. Weiße Säulen säumten wie Wachposten eine Veranda, auf der Scarlett O’Hara hätte Hof halten können, mit einem einmaligen Blick auf den Verkehr, der über die Sprague Street rauschte. Das Haus erinnerte sie irgendwie an Johnny Silva, einen Jungen aus ihrer alten Straße, der seinen ersten Gehaltsscheck gleich in eine kirschrote Corvette investiert hatte. »Der will bloß nicht als Loser dastehen«, hatte ihr Vater gesagt. »Der Knabe wohnt immer noch bei seinen Eltern im Keller, aber er kauft sich einen schicken Sportwagen. Die größten Nieten müssen immer die dicksten Autos haben.«
    Oder das größte Haus in der Straße, dachte sie, als sie dieses Tara an der Sprague Street bestaunte.
    Sie manövrierte ihren Bauch hinter dem Lenkrad hervor und spürte, wie das Baby einen

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