Schwiegermutter inklusive. Einen Mann gibt es selten allein (German Edition)
böse ansah.
Ich nickte heftig zu Rigolettos Worten,
während ich versuchte, mir Wasser einzuschütten und dabei dummerweise die halbe
Flasche neben das Glas goss. Mein nächster, hilfesuchender Blick ging zu Igerich , der aber vollkommen ruhig da saß und somit nichts
umstoßen und die Aufmerksamkeit seiner Frau auf sich lenken konnte. Gott sei
Dank besserte sich Ingrids Laune etwas, als ihr einfiel, dass wir nun
Mittagessen konnten.
Pünktlich um 11.38 Uhr stand ein Schweineschnitzel mit Pommes
Frites und Gemüse vor mir. Nicht gerade mein Leibgericht, aber die Auswahl im
„Café Moorblick“ war begrenzt: Es war das einzige Gericht auf der Karte. Ich
beäugte das Gemüse kritisch. Ich hatte Erbsen und Möhren aus der Dose das
letzte Mal als Kind gesehen und war mir daher nicht sicher, ob es sich bei dem
grauen Zeug auf meinem Teller tatsächlich um Konservengemüse handelte. Aber
naturbelassenes Öko-Gemüse war es bestimmt nicht, was Ingrid nicht zu stören
schien. Sie mampfte mit großem Genuss ihren Teller
leer. Langsam ließ ich die Erbsen über meinen Teller kullern, um davon
abzulenken, dass ich nicht vorhatte, sie zu essen. Ich hatte etwas Sorge, dass
ich sie, betrunken wie ich war, nicht auf der Gabel halten könnte. Außerdem
hatte ich mich schon als Kind vor Dosengemüse geekelt und mir schwante, dass
ich auch mit aufopferungsvollem Essen des Zeugs nichts mehr retten konnte. Ich
hatte einen schlechten Eindruck auf meine Schweigereltern in spe gemacht.
Einen Vorteil hatte das frühe Mittagessen. Da wir schon vor Wochen
ausgemacht hatten, dass wir direkt nach dem Mittagessen mit Rigolettos Auto nach Berlin zurückfahren würden, waren wir deutlich früher auf der
Landstraße Richtung Paderborn unterwegs, als ich erwartet hatte. Und während
ich noch überlegte, ob nun der rechte Zeitpunkt sei, meinem Freund ein paar
Fragen über seine Familie im Allgemeinen und seine Mutter und den Tee seines
Vaters im Besonderen zu stellen, fielen mir die Augen zu.
Kapitel 5
Auf den Schwiegereltern-Sonntag folgte als wäre nichts passiert der
Montag und ich ging ins Büro. Gerne wäre ich zu Hause geblieben, aber mein Chef
reagierte immer etwas kritisch auf
plötzliche Krankmeldungen. Ich hatte das untrügliche Gefühl, eine Krankmeldung
mit der Begründung „Meine Schwiegermutter ist irgendwie komisch und ich muss
das erst mal verarbeiten“ würde noch schlechter ankommen.
Gott sei Dank hatte ich nach dem Film über die Banken noch kein
neues Projekt. So konnte ich den ganzen Morgen vor meinem Computer sitzen und
nachdenken. Über meine eventuelle Schwiegermutter zum Beispiel, ihren Sohn und
was ich mir von meinem weiteren Leben erträumte. Ob darin Heilkräuter,
Alkohol-Tee und furzende Angler-Hosen vorkommen sollten.
Selbstverständlich musste ich dabei so aussehen, als
wäre ich wahnsinnig damit beschäftigt, mir eine neue Aufgabe zu suchen. Dies
gelang mir mühelos. Meine Stirn lag den gesamten Morgen in Falten, die
eindeutig danach aussahen, als würde ich intensiv nachdenken, welcher Beitrag
unserer Firma einen möglichst großen Gewinn bescheren würde.
In Wirklichkeit ließ ich das Wochenende in allen
Details Revue passieren. Einmal. Zweimal. Dreimal. Es wurde nicht besser. Auch
nicht nach der vierten Tasse Kaffee, die mir lediglich Herzrasen einbrachte.
Meine eventuelle Schwiegermutter war im besten Falle merkwürdig-verschroben und
ich wollte immer noch unbedingt ihren Sohn heiraten. Mein Instinkt gab mir
dabei unmissverständlich zu verstehen, dass auf dem Weg zum Traualtar auf jeden
Fall Rigolettos Mutter stand, die mich vorbeilassen
musste. Lehnte ich Ingrid ab, würde ich den Sohn nicht bekommen. Wollte ich den
Sohn bekommen, musste ich Ingrid mögen. Es war ein Teufelskreis.
Die fünfte Tasse Kaffee stieg mir dermaßen zu Kopf,
dass ich hektisch wurde und das Gefühl hatte, etwas tun zu müssen. Ich
beschloss, eine Liste zu machen. Eine
„Ist-doch-alles-gar-nicht-so-schlimm“-Liste. Ich öffnete eine Computer-Datei
und begann Verniedlichungsformeln aufzuschreiben:
- Was machte es schon, dass
mein Rigoletto seine Mutter etwas glänzender sah als
sie war? Bestimmt machten das alle Söhne.
- Eigentlich hatte Ingrid mir
nichts Böses getan. Außer mich Mandy zu nennen und meine Haare zu kritisieren.
Und mir kein Essen zu geben. Und keinen Wein. Und meine Schuhe lächerlich zu
machen. Und mich allein ihrem Trunkenbold-Ehemann und seinem Tee im
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