Schwiegermutter inklusive. Einen Mann gibt es selten allein (German Edition)
hätte es keinen großen Unterschied gemacht, wenn ich mich für
die gesamten zwei Wochen hätte krankschreiben lassen. Ich saß sowieso nur an
meinem Schreibtisch und ekelte mich vor den beiden Eiern und den paar
Gurkenscheiben, die mein Mittagessen sein würden. Die wenige Energie, die ich
hatte, investierte ich komplett in die Ausarbeitung von Rachefeldzügen gegen
Unternehmensberater, Ingrid und Maggie Thatcher. Wenn ich im Außenministerium
gearbeitet hätte, wäre ein Atomangriff auf Großbritannien nicht ausgeschlossen
gewesen.
Nachmittags
schleppte ich mich nach Hause, ließ mich aufs Sofa fallen und sah kraftlos den
Widerlichkeiten entgegen, die der Abend für mich bereithalten würde: Eier. Dazu
jeden zweiten Tag ein Steak, sonst Salat. Und den Whiskey natürlich. Wie Ingrid
den runtergebracht hatte, war mir ein Rätsel. Mir war so schon schlecht genug.
Der eine Schluck Whiskey, den ich am ersten Fleisch-Abend probierte, sorgte nur
für eines: Ich musste mich sofort übergeben.
Trotz
alledem hielt ich durch. Ich war besessen von der Idee, endlich mal besser zu
sein als Ingrid. Und meine Waage gab mir Recht. Bereits nach einer Woche hatte
ich vier Kilo verloren. Wenn das so weiter ging, würde ich am Ende der zweiten
Woche acht Kilo weniger wiegen und hochgerechnet auf die acht Wochen, die
Ingrid nach der Diät gelebt hatte, würde ich sage und schreibe 32 Kilo
verlieren. Ha! Da sah sie alt aus, mit den mageren 20 Kilo, die sie abgenommen
hatte!
Leider
kam es nicht so weit. Am Morgen von „Tag Acht“ kippte ich auf dem Weg zur
Arbeit um. Als ich wieder aufwachte, lag ich im Krankenhaus. Neben mir standen
ein Tropf und Rigoletto , der seinerseits an einen
Tropf erinnerte.
„Mira,
was machst du denn? Warum hast du denn nicht gesagt, dass du keine Kraft mehr
hast? Du hättest doch sofort mit der Diät aufhören können.“
Und
deine Mutter gewinnen lassen? Niemals!
„Aber
ich wollte dich doch unterstützten“, rechtfertigte ich mich schwach und
lächelte tapfer, obwohl mir ehrlicherweise nicht nach Lächeln zu Mute war. Ich
fühlte mich scheußlich. In diesem Moment kamen drei Ärzte und mehrere
Krankenschwestern zur Morgenvisite ins Zimmer.
„Mira
Meyer, 32 Jahre, wurde heute Morgen auf dem Weg zur Arbeit ohnmächtig. Erlangte
das Bewusstsein im Krankenwagen wieder und war teilweise ansprechbar“, las eine
Krankenschwestern aus meiner Akte vor.
„Was
heißt ‚teilweise ansprechbar‘?“ fragte einer der Ärzte nach.
„Das
bedeutet, die Patientin antwortete korrekt auf Fragen nach Namen und Alter,
erzählte aber zwischenzeitlich unzusammenhängende Dinge wie ‚Ich schaff das.
Ich bin stärker als sie. Die dicke Kuh wird schon sehen. Diesmal krieg ich
sie.‘“
Rigoletto sah mich erstaunt, die anderen Besucher im Zimmer sahen mich mitleidig an. Ich
lächelte verlegen zurück und wünschte mir mindestens eine der Flaschen Whiskey
an mein Krankenbett.
„Wie
fühlen sie sich?“, erkundigte sich einer der Ärzte.
„Gut,
wie neugeboren!“, log ich ihn an.
„Haben
sie eine Idee, warum sie ohnmächtig geworden sind?“
„Nein,
keine Ahnung“, log ich weiter. Die Antwort „Natürlich, weil ich die vergangenen
acht Tage ausschließlich von Eiern und Salat gelebt habe, damit mein Mann eine
Wette gewinnt und ich beweisen kann, dass ich etwas besser mache als meine
Schwiegermutter“ erschien mir nicht passend. Rigoletto schwieg still und so ging mein Fall in die Krankenhaus-Akten als spontane,
grundlose Ohnmacht ohne Spätfolgen ein.
Am
Nachmittag wurde ich aus dem Krankenhaus entlassen. Die Infusion und ein
Krankenhausmittagessen hatten mich wieder zu Kräften kommen lassen. Dennoch bestand Rigoletto darauf, dass ich mich aufs Sofa legte und
nichts tat. Was ich versuchte, bis mich das Klingeln des Telefons aufschreckte.
„ Maaaaaandylein ! Was hör ich denn da für Sachen“, krähte
Ingrid aus dem Hörer. Mir wurde gleich wieder schlecht.
„Kind,
du hast doch nicht etwa eine dieser schrecklichen Essstörungen!“ Immerhin klang
Ingrid ernsthaft besorgt.
„Nein, Rigoletto und ich haben nur eine Diät gemacht. Eine
Diät, die er von dir hat übrigens.“
Ich
hatte keine Kraft, Ingrid anzulügen und eine
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