Schwiegermutter inklusive. Einen Mann gibt es selten allein (German Edition)
schmerzen.
Ingrid hielt ein gigantisches Rüschenkleid vor ihrem Bauch, das
vage an eine übertriebene Ausführung von Prinzessin Dianas Hochzeitskleid
erinnerte. Der größte Unterschied, neben deutlich mehr Rüschen als an Dianas
Kleid, war die Farbe. Ingrids Hochzeitskleid war ochsenblutrot.
„Ist
es nicht wunderschön?“, fragte meine Schwiegermutter in spe mit vor Rührung
leicht zitternder Stimme.
„Ja.“
Meine Antwort war mehr ein Krächzen, mein Hals war vor Schreck wie zugeschnürt.
Das Entsorgen dieses Monstrums würde nicht einfach sein. Ingrid setzte sich auf
einen alten Stuhl, der in der Nähe stand und blickte auf ihr Kleid. Dann sah
sie mich an. Dann wieder ihr Kleid. Dann räusperte sie sich.
„Mandy?“
Sie schaute mich ernst an: „Wärst du sehr böse, wenn du das Kleid doch nicht
haben kannst?“
„Ich
wäre natürlich fürchterlich enttäuscht, aber ich sehe ein, dass du so ein
Prachtstück nicht einfach verleihen möchtest. Man stelle sich vor, es käme was
dran“, log ich wie gedruckt, denn eines war sicher: Wenn das Kleid in meinen
Besitz überging, würde nicht nur
was „dran“ kommen, es würde ein Massaker geben.
„Da
bin ich aber froh“, seufzte Ingrid und ich konnte zum ersten Mal, ohne zu lügen
sagen, dass ich ganz ihrer Meinung war.
Als ich abends im Bett lag, fiel mir auf, dass ich gar nicht
gefragt hatte, warum ich das Kleid nun doch nicht ausleihen musste. Egal,
dachte ich schon im Halbschlaf, alles was zählt ist, dass ich es nicht anziehen
muss.
Kapitel 22
Vier
ganze Monate - ohne Ingrid. Hochzeitsvorbereitungen – ohne Ingrid.
Hochzeitskleid aussuchen – ohne Ingrid. Ich konnte mein Glück kaum
fassen. Ich fühlte mich das erste Mal, seitdem ich meine künftigen
Schwiegereltern kennengelernt hatte, frei und glücklich. Trotz der fünf Kilo,
die ich seit dem Heiratsantrag zugenommen hatte, hatte ich das Gefühl,
federleicht durch das Leben zu schweben. Ich würde den Mann, den ich liebte,
heiraten und ich konnte meine Hochzeit ganz allein mit diesem Mann planen. Für
andere Leute mochte das selbstverständlich sein, aber die hatten auch keine
Ingrid im Hintergrund.
Am
Wochenende nach dem Besuch im Paderborner Umland musste Rigoletto komplett durcharbeiten und ich hatte viel Zeit für mich. Ich beschloss, etwas
zu tun, wovon ich schon immer geträumt hatte, es bislang aber nicht realisiert
hatte, da ich es für ein schlechtes Omen hielt, solange ich noch keinen
Heiratsantrag vorweisen konnte: Ich ging in das teuerste, exklusivste und versnobbteste Brautmodengeschäft von Berlin. Nicht, dass
ich mir ein Kleid dort hätte leisten können, aber seit Jahren träumte ich
davon, dort die Kleider anzuprobieren, um zu sehen, wie „Reich und Schön“ sich
in ihren Hochzeitskleidern fühlten.
Ich
verbrachte den gesamten Samstagmorgen vor dem Spiegel und legte so viel Make-up
auf, wie ich zuvor in meinem ganzen Leben zusammengerechnet getragen hatte. Ich
zog den sündhaft teuren Designer-Hosenanzug an, den ich mir für die Arbeit
gekauft aber noch nie getragen hatte, weil die anderen in meinem Büro nur in
Jeans und T-Shirt herumliefen. Die strenge Wirkung des Anzugs lockerte ich mit
einem gefälschten Hermès -Tuch, das eine Freundin mir
mal aus Thailand mitgebracht hatte, auf. Schließlich nahm ich noch meine
teuerste Handtasche und machte mich auf den Weg.
Trotz
meiner gründlichen Vorbereitungen betrat ich den Laden etwas verunsichert. Seit
ich Ingrid kannte, hatte mein Selbstbewusstsein gelitten. Die Verkäuferin, die
sofort auf mich zustürzte, grüßte mich jedoch mehr als freundlich, gratulierte
mir zur bevorstehenden Hochzeit und bot mir ein Glas Sekt an. Das ich gerne
annahm. Meine Aufregung wandelte sich langsam in Vorfreude auf die anstehende
Modenschau mit mir als Model um.
„Dann wollen wir mal schauen, was wir für sie finden“, sagte meine
Verkäuferin. „Ich heiße Sabrina.“
Mit
diesen Worten schob sie mich in ein Hinterzimmer, wo sie mich mit leichtem
Druck auf ein gigantisches, weißes, rundes Ledersofa, das mitten im Raum stand,
drückte. An den Seiten befanden sich vier riesige Umkleidekabinen mit weißen
Vorhängen. Einer der Vorhänge war geschlossen, dahinter hörte man leichtes
Rascheln. Auf der anderen Seite des Sofas saß eine ältere Dame, die mürrisch an
ihrem Sekt nippte.
„Lassen Sie mich mal
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