Schwiegertöchter (German Edition)
Charlotte? Für mich?«
Dieses Mal war die Pause sehr viel länger, dann sagte Anthony deutlich weniger mitfühlend: »Nein, Junge. Nein, das kann ich nicht.«
»Das kannst du nicht?«, wiederholte Luke und merkte, dass seine Stimme zitterte.
»Nein«, sagte Anthony. »Sie ist wirklich im Unrecht gewesen, das weiß sie, ich weiß das, du weißt das. Und sie bezahlt dafür intern, wenn du verstehst, was ich meine. Aber ich werde sie nicht auffordern, sich öffentlich zu entschuldigen, das würde ich niemals von ihr verlangen.« Er brach ab und fügte einen kurzen Moment später energisch hinzu: »Sie ist meine Frau.«
Kapitel 12
Steve Hadleys Cottage in Shingle Street war tief in den Strand gesunken, eine schmale Giebelseite blickte zum Meer, und weil Steves Vermieter jedes Frühjahr nach den Winterstürmen den Außenanstrich erneuerte, strahlte es weiß. Aus der Ferne sah es beinahe so aus, als würde es durch den Kieselstrand zum Wasser stürzen, aber wenn man näher herankam, konnte man einen Betongraben um das Haus sehen, breit genug für eine Regentonne und einen Mülleimer. Die Tür, die Steve und sein Mitbewohner als Eingang benutzten, befand sich landeinwärts und geschützt vorm Ostwind.
Steve teilte sich das Haus mit einem Mann, der in einer Fischräucherei nahe Woodbridge arbeitete. Sie hatten sich übers Internet kennen gelernt, beide auf der Suche nach einem billigen Mietobjekt an der Küste. Der Besitzer hätte das Cottage zwar profitabel als Feriendomizil vermieten können, doch davon hielt er nicht viel und überließ seine paar Häuser lieber Leuten, die in Suffolk arbeiteten und so dauerhafter zu dessen Wirtschaft beitrugen. Er war also froh, Steve und Terry als Mieter zu finden, die außerdem auch nichts gegen den veralteten Boiler und die primitive Küche einzuwenden hatten. Es gab zwei kleine Schlafzimmer, ein schäbiges Wohnzimmer mit einem Sofa und Sesseln aus Kunstleder und einem recht antiquierten Fernseher und ein Badezimmer, in dem die Handtücher nie trocken wurden und die Wände immer schwitzten.
Aber da war der Strand. Während sie über die knirschenden Kiesel lief, mit dem schweren Barney huckepack und Kit rutschend und schlitternd und quietschend neben ihr, fragte sich Petra, wie sie es je ohne hatte aushalten können. Die glatten, blanken Steine, die endlose Ebene, über der sich die unermesslich große blaue Himmelskuppel nur noch gewaltiger wölbte, die symmetrischen Buckel des Strandkohls, die Stängel der Strand-Platterbse, die über den Boden krochen mit ihren helllila Blüten, die Luft, die Weite, der Wind, das war alles so beglückend und gleichzeitig ungemein tröstend. Ich bin zu Hause, dachte Petra. Ich bin zurück. Hier gehöre ich hin.
»Wie findest du das?«, rief sie Kit zu. »Wie ist das?«
Er krabbelte durch die Steine, glühend vor Anstrengung. »Windig!«, schrie er glücklich. »Windig!«
»Gefällt dir das?«
Er nickte heftig, bückte sich, nahm zwei Hände voll Kieselsteine, warf sie in die Luft und beobachtete, wie sie klackernd wieder runterfielen. Petra lachte. Kit sah sie an und lachte auch, während er weiter Kiesel umherschleuderte.
»Vorsichtig.«
»Guck mal!«, rief Kit mit ausgestrecktem Finger.
Petras Blick folgte dem Finger. Steve hatte sie kommen sehen und lief ihnen über den Strand entgegen.
»Guck mal!«, rief Kit wieder, diesmal zu Steve, und schmiss Kieselsteine.
»Hallo«, sagte Steve zu Petra.
Sie blieb stehen. »Hallo.«
Er zeigte auf Barney. »Soll ich ihn nehmen?«
»Ja«, antwortete Petra dankbar. »Er wiegt eine Tonne.«
»Schau mal«, rief Kit in Steves Richtung. »Ich schmeiße!«
»Ich seh dich«, versicherte Steve und übernahm Barney.
»Ich muss aufpassen«, sagte Petra. »In der Nähe von Wasser ist Kit unberechenbar.«
Barney musterte Steve ruhig, ohne Angst. Steve begrüßte ihn: »Hallo, großer Bursche. Da staunst du, was? Das Meer ist nicht wie andere Gewässer.«
»Es ist größer«, sagte Petra.
»Man muss anders damit umgehen«, sagte Steve. »Ich nehme ihn mit runter zum Wasser. Ich zeige ihm das Meer. Ich erkläre es ihm.« Er lächelte Kit an.
Petra warf ihm einen Blick zu. Barney lehnte sich wohlig in seinen Armen zurück wie ein Pascha und Kit kam heran, die Hände voller Steine, und wuselte plappernd und mit der Zunge schnalzend um seine Beine herum. Sie sagte: »Sie sind ein Naturtalent, was Kinder betrifft, oder?«
»Ich mag sie.«
»Haben Sie …«
»Nein«, unterbrach Steve sie. »Aber
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