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Schwiegertöchter (German Edition)

Schwiegertöchter (German Edition)

Titel: Schwiegertöchter (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joanna Trollope
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mein Bruder hat welche. Und es kommen lauter Schulklassen ins Reservat. Ich mag vor allem die aus den Grundschulen. Die wollen einem noch gefallen. Wenn sie dann nur noch versuchen, sich gegenseitig zu beeindrucken, dann ist es ein echter Albtraum.«
    Petra nickte. Steve fragte: »Sollen wir zum Wasser gehen?«
    »Okay …«
    Steve sah hinunter zu Kit, der noch immer singend um ihn herum durch die Kiesel stapfte.
    »Komm, ich werde dir die Nordsee vorstellen«, sagte Steve zu Kit, setzte sich mit Barney auf dem Arm über den Strand in Bewegung, und Kit, die Hände immer noch voller Kiesel, trottete ihm hinterher.
    Petra blieb noch einen Moment stehen und sah ihnen nach. Der Tag war sonnig und klar, und sie schirmte die Augen mit der Hand ab, während sie ihrem Zickzack zum Wasser folgte. Barney warf den Kopf in Steves Armen zurück und schloss hingerissen von Sonne und Wind die Augen. Kit streckte stolpernd die Hand nach Steves Bein aus, ließ die Kiesel fallen und packte seine Jeans. Petra sah, wie Steve kurz eine Hand von Barney löste und damit Kit über den Kopf strich, und sie spürte, wie sich ein Knoten löste, ein Druck von ihr abfiel und wie ihr seit Wochen zum ersten Mal wieder weit ums Herz wurde. Sie atmete unwillkürlich tief und voller Erleichterung ein und stieß die Luft hinaus in den unendlichen blauen Raum über dem Meer.
    Später machte Steve in seiner feuchtkalten Küche Toast für die Jungen und Tee für Petra und sich. Von dort aus blickte man über den Strand und zu der Reihe kleiner Häuser, wo Petra früher mit Ralph gewohnt hatte. Er bestrich den Toast mit einer grellroten Marmelade, die Rachel niemals geduldet hätte – »Chemische Farb- und Aromastoffe und künstliche Kerne, die reine Pervertierung von Marmelade« –, und schnitt ihn in Streifen, ohne dass Petra ihm geholfen oder es auch nur vorgeschlagen hätte. Die Jungen waren begeistert.
    »Weißes Brot«, sagte Kit ehrfürchtig.
    Er nahm mit jeder Hand einen Streifen. Barney stopfte sich den Tost mit der Faust in den Mund.
    »Langsam«, mahnte Petra ihn, aber ohne Überzeugung. Steve hatte ihr einen Becher Tee hingestellt und eine Tüte Zucker mit einem Löffel darin, und dann hielt er ihr fragend Toast und rote Marmelade hin, und Barney grapschte danach und grummelte gierig mit vollgestopftem Mund, und sie fingen alle an zu lachen, sogar Kit, während sie auf Plastikgartenstühlen um einen wackligen Tisch herum in Steves Küche saßen. Durch das Lachen fast unhörbar fragte Steve: »Wer weiß, dass Sie hier sind?«, und Petra sagte in sachlichem Ton: »Es muss niemand wissen.«
    »Sicher?«
    »Ralph ist den ganzen Tag in London. Er hat ein Einführungsmeeting, hat er gesagt.«
    »Ich will keine Heimlichtuerei«, sagte Steve.
    »Nein.«
    »Aber ich will auch nicht, dass Sie nicht kommen.«
    Petra beobachtete ihre Kinder, überall klebrig, wie sie den Toast verschlangen und kicherten. Sie wollte etwas über den Nachmittag sagen, wie sie ihn genossen hatte, wie die scharfkantigen, rauen Klumpen, die sie in letzter Zeit wie kleine Bimssteine in sich gespürt hatte, dort draußen zwischen den Kieseln am Meer zerrieben worden waren. Aber ihr fielen nicht die richtigen Worte ein, sie wusste nicht, wie man das Gefühl beschreiben sollte, sich an einem Ort, in einer Situation wiederzufinden, die wie maßgeschneidert war, als ob etwas einrastete, so dass sie nur über Kit hinweg einen Toastkrümel von Barneys Schenkel klaubte, der dort mit Marmelade festklebte, und für sie alle drei sagte: »Wir hatten heute sehr viel Spaß, oder?«
    Steve erwiderte nichts darauf, aber er lächelte. Er räumte die Becher und die anderen schmutzigen Sachen vom Tisch und stellte sie in das zersprungene Keramikspülbecken vorm Fenster – Petras Großmutter hatte auch so eine alte, von Rissen durchzogene Spüle gehabt –, und dann nahm er einen Spüllappen, hielt ihn unters Wasser, drückte ihn aus und machte sich damit über die Gesichter und Hände der Jungen her, und sie fanden es toll und kreischten und wanden sich, um ihm zu entkommen, und warfen sich ihm wieder entgegen, weil sie gar nicht genug kriegen konnten.
    Er war kein attraktiver Mann, dachte Petra, als sie ihn beobachtete. Dafür war er nicht groß genug und zu untersetzt, und seine Augen waren zu klein und die Ohren zu groß, aber trotzdem angenehm anzusehen, weil er so in sich ruhte, sich so schnell und sparsam bewegte und eine solche Unkompliziertheit ausstrahlte. Nach einem betont

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