Schwiegertöchter (German Edition)
Zeit, das alles zu vergessen.«
Sigrid begann: »Nicht so einfach …«, und brach ab.
Luke blickte sie an. »Du hattest nie einen Krach mit Mum, oder?«
»Das ist sehr lange her.«
»Das wusste ich nicht.«
»Und du wirst auch jetzt nichts erfahren«, entgegnete Sigrid. »Sagen wir einfach, dass eure Mutter manchmal ein bisschen unsensibel ist.«
»Bist du immer noch böse auf sie?«
Sigrid zögerte.
»Wow«, sagte Luke und fügte hinzu: »Willst du nicht auch ein Bier trinken?«
»Vielleicht einen Tee«, sagte Sigrid und ging zum Wasserkocher.
»Dann kommt noch dazu, dass Charlotte jetzt auch auf diese Geschichte mit Petra fixiert ist. Es ist nicht nur wegen Mum und dem, was sie gesagt hat, sondern auch, weil es keiner mit Petra aufnehmen kann.«
»Ja«, bestätigte Sigrid.
Sie holte einen Becher und eine Packung Baldrian-Teebeutel aus dem Küchenschrank. Luke sagte: »Du hast doch nicht auch dieses Gefühl, oder?«
»Doch«, sagte Sigrid. Sie drehte sich um und sah Luke an. »Es ist tatsächlich ein Problem.«
»Aber Petra ist wie – wie ein Kind, wie eine Halbschwester.«
»Sie hat so eine Art Gütesiegel«, sagte Sigrid.
»Aber sie war auch schwanger, als sie geheiratet haben.«
»Logik hat damit nichts zu tun. Und deine Charlotte ist es nicht gewohnt, sich mit Familienproblemen auseinanderzusetzen, sie ist es nur gewohnt, im Mittelpunkt zu stehen.«
»Sie ist der Mittelpunkt für mich«, sagte Luke.
»Sag ihr das.«
»Das tue ich. Das tue ich ja, aber sie sagt, es wäre mir nicht ernst damit, wenn ich weiterhin Mum verteidige.«
Sigrid kam an den Tisch zurück. »Verteidigst du sie denn?«
Luke warf ihr einen unglücklichen Blick zu und sah wieder weg. »Ich kann sie ja schlecht angreifen, oder? Macht Edward das denn?«
»Da gibt es noch etwas dazwischen«, sagte Sigrid und setzte sich wieder. »Nicht verteidigen, nicht angreifen, aber auch nicht deiner Frau das Gefühl geben, im Stich gelassen zu werden.«
Es entstand eine Pause. Dann fragte Luke ein wenig erschüttert: »Fühlst du dich im Stich gelassen?«
Sigrid sah ihn an. Er schien plötzlich zu jung, um irgendjemandes Ehemann zu sein, wie er da mit seinem glatten Gesicht und den abgebissenen Fingernägeln saß.
»Manchmal«, sagte sie.
Als er Ralph in Richtung Bahnhof verabschiedet hatte, war Edward zurück in den Pub gegangen, wo sie zusammen gegessen hatten, und hatte sich spontan einen Brandy mit Soda bestellt. Er trug ihn durch den Raum zu einem kleinen Ecktisch mit einem einzelnen Stuhl daneben, nachdem Gäste die anderen mit zu Nachbartischen genommen hatten. Der Tisch war voller Gläser, in die leere Chipstüten gestopft waren, aber Edward war das egal. Er setzte sich mit dem Rücken zur Wand und schüttete die ganze Sodaflasche in die dunkle Brandypfütze.
Irgendwie war Ralph sehr zurückhaltend gewesen. Er hatte nur ein Glas Bier getrunken, sein Steak mit Salat und ohne Pommes frites gegessen, und er hatte einen Anzug an und ein Oberhemd, das neu gewesen sein musste, denn Edward konnte die scharfen Querfalten sehen, die noch von der Verpackung herrührten. Er bedankte sich außerdem ziemlich höflich bei Edward, dass er ihm zu diesem Job verholfen hatte, und sagte vollkommen unerwartet, dass er Edward nicht enttäuschen würde, sondern im Gegenteil hoffe, dass Edward sehr erfreut über seine Leistungen sein werde. Wieder als Angestellter zu arbeiten sei ein regelrechter Ansporn, und er wisse, dass er verdammtes Glück gehabt habe. Dann legte er Messer und Gabel nieder und sagte, dass es ein Problem gebe.
»Ich habe eigentlich nur darauf gewartet«, sagte Edward.
»Es ist Petra.«
»Ja«, sagte Edward.
»Ich kann nicht mit ihr reden. Sie sagt, dass ihr das Geld nichts bedeutet und dass sie nirgendwo anders als am Meer leben kann.«
Edward seufzte. »Oh Gott …«
»Ich habe ihr erklärt, wie das mit dem Leben und dem Geld läuft. Ich meine, das weiß sie natürlich, sie ist ja nicht blöd, aber wenn Schwierigkeiten auftauchen oder sie etwas nicht mag, dann schaltet sie auf Trägheitsmodus, stellt sich tot gegenüber dem Problem, bis es vorbei ist. Aber dieses wird nicht vorbeigehen, wenn sie sich nicht damit auseinandersetzt.«
»Hast du es den Eltern erzählt?«
Ralph spielte mit dem Brotteller. »Das möchte ich eigentlich nicht …«
»Würde das nicht helfen? Würde Petra nicht auf sie hören, vor allem auf Dad?«
»Ich habe Mum schon viel zu sehr einbezogen. Sie ist emsig dabei, Häuser und Schulen und
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