Schwiegertöchter (German Edition)
haben wollte, deren kleines Gästezimmer er aber gerne während der Woche vermietete. Er sagte, wenn Ralph nur duschte und die Mikrowelle benutzte, dann wäre er mit fünfzig Pfund inklusive Nebenkosten für vier Nächte die Woche zufrieden, in bar, kein Papierkram, keine Fragen, einverstanden? Ralph sah sich das Zimmer an. Es war so unpersönlich und modern eingerichtet wie in einem Hotel, aber er fand es absolut akzeptabel. Er legte sich aufs Bett und schaute hoch zur Decke, in die lauter kleine Strahler eingelassen waren, und spürte ein aufregendes Kribbeln bei der Aussicht auf Freiheit. Er habe nicht die Absicht, sie zu missbrauchen, versicherte er Edward am Telefon, keine Böse-Jungen-Sachen, nur weil er nicht an der Leine war, aber er könne Filme ansehen und lesen und bis spät arbeiten und ins Fitnessstudio gehen und seine Brüder besuchen und all diese Dinge, oder? Edward hatte am anderen Ende der Leitung nicht sehr überzeugt oder beruhigt geklungen.
Im Zug zurück nach Suffolk dachte Ralph an das Zimmer am Finsbury Park. Fünfzig Pfund die Woche war ein unglaubliches Schnäppchen, vor allem für eine Powerdusche und zehn Minuten Fußweg zur Arbeit. Er dachte an Kit und Barney, und wie merkwürdig es ohne sie sein würde und wie wundervoll, sie am Wochenende zu sehen, und wie er sie als Entschädigung für seine Abwesenheit morgens wecken würde, so dass Petra länger liegen bleiben könnte. Er würde all die Dinge mit ihnen machen, die er jetzt scheinbar nicht machte, weil jeder Tag so gewöhnlich war und sich in nichts von allen anderen Tagen unterschied. Er staunte über die zurückgekehrte Energie und den Optimismus, darüber, wie wach und begierig er der Zukunft entgegensah, nachdem er wie ein halbtoter Zombie durchs Leben getaumelt war. Im Bahnhof von Ipswich kaufte er Tüten mit Schokotalern für die Jungs und suchte nach Blumen für Petra, aber es gab keine. Egal, sagte er sich, sie pflanzt sie ohnehin selber an, und ich kaufe auf dem Heimweg eine schöne Flasche Wein. Wir trinken heute Abend Wein, und ich koche für sie. Überhaupt werde ich ab jetzt an den Wochenenden kochen, wir werden neue Regeln und neue Pläne haben und das Geld, um sie zu bezahlen. Es wird wie ein Neuanfang sein.
Petra war im Badezimmer, als er zurückkam, kniete neben der Wanne, um Kit einzuseifen, der in zehn Zentimeter Wasser saß und mit einem Aufziehfrosch spielte. Barney war in ein niedliches Kapuzenhandtuch mit Ohren gewickelt und saß neben Petra auf der Badematte in ein Stoffbuch vertieft, dessen Seiten quietschten, wenn er an bestimmten Stellen draufdrückte. Ralph hörte ihre Stimmen, als er die Treppe hochlief, und er konnte hören, dass sie glücklich waren, und als er hereinkam und alle hochblickten und ihn sahen und die Jungs vor Freude kreischten, überkam ihn die Gewissheit, dass das Leben sich nicht weiter monoton dahinschleppen, sondern einen verheißungsvollen Galopp aufnehmen würde.
Er beugte sich hinunter, wobei er mit einer Hand seine Krawatte festhielt, um Petra und Kit einen Kuss zu geben, und dann hob er Barney vom Boden auf und setzte sich mit ihm auf den Knien auf den Toilettendeckel.
»Guten Tag gehabt?«, fragte Petra.
»Sehr. Und ihr?«
»Wir waren am Meer!«, sagte Kit und krabbelte zum anderen Ende der Wanne, um näher bei seinem Vater zu sein. Er breitete die Arme aus. »Es war so groß! Und voll mit Steinen!«
Ralph lachte. Er sagte zu Barney: »Was ist mit dir, dicker Buddha?«
Barney hielt ihm sein Buch hin. Ralph nahm es und fing gehorsam an, die Seiten aufzuschlagen.
»Ich hab dir viel zu erzählen«, versprach er Petra.
»Schön. Wenn die Jungs im Bett sind.«
»Vorlesen!«, befahl Kit. Er ließ den Frosch fallen und kletterte aus der Wanne. »Vorlesen, Daddy, vorlesen, vorlesen.«
»Aber sicher mach ich das …«
»Mein Baggerbuch.«
»Könnten wir zur Abwechslung mal was anderes lesen als das Baggerbuch?«
Petra wickelte Kit in ein Handtuch. »Lass Daddy mal was anderes lesen. Nicht wieder das Baggerbuch, okay?«
»Nein!«
»Nein!«, wiederholte Barney vergnügt. Er blickte zu seinem Vater hoch. »Nein!«
Ralph schaute zu ihm runter. Er sah so unglaublich liebenswert aus, wie er unter der Kapuze hervor seinen Vater anstrahlte und seine perfekten Zähnchen entblößte. Heftige Liebe durchströmte Ralph, zu Barney, zu ihnen allen, zu seiner ganzen kleinen Familie, wie sie hier wohlbehalten in ihrem schäbigen Badezimmer um ihn herum versammelt war. Er drückte Barney
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