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Schwiegertöchter (German Edition)

Schwiegertöchter (German Edition)

Titel: Schwiegertöchter (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joanna Trollope
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Schlafzimmer. Er fand sie stattdessen in Kits Bett, und Kit hatte im Schlaf die Arme um sie geschlungen, und sie lagen so dicht nebeneinander, dass sich ihre Nasen beinahe berührten. Ihnen gegenüber lag Barney schnaufend in seinem Gitterbett, die strammen Arme und Beine von sich gestreckt, dichte Wimpern in Halbkreisen auf seinen Wangen.
    Im dunklen Kinderzimmer inmitten seiner schlafenden Familie befiel Ralph plötzlich ein Gefühl, das an panische Verzweiflung grenzte, und ihm fiel nichts Besseres ein, als es mit einem heftigen Wutanfall zurückzudrängen. Es war natürlich Petra, auf die er wütend war, Petra, die jeden Kompromiss ablehnte, die sich weigerte, zu verstehen, sich weigerte, vernünftig zu sein, sich weigerte, erwachsen zu werden . Es war Petra, die aus Kit ein so zerbrechliches Kind gemacht hatte, es war Petra, die sich die herzliche Großzügigkeit sämtlicher Brinkleys gern hatte gefallen lassen, bis sie sie aus einer Laune heraus nicht mehr als Großzügigkeit betrachten mochte, sondern als Unterdrückung und Kontrolle und Verpflichtung. Es war Petra, die sein Bemühen, für sie alle zu sorgen, weder unterstützen noch bewundern konnte. Verdammt, dabei konnte sie noch nicht mal ein dämliches Hemd richtig bügeln. Es war Petra –
    So ging das nicht weiter. Er zitterte und hatte die Fäuste geballt. Diese Wut erschöpfte ihn, laugte ihn aus und raubte ihm seine gesamte Kraft. Er konnte Petra genauso wenig verstehen wie sie ihn, also war es vielleicht ganz gut, dass sie getrennt wären, und je eher, desto besser. Der Impuls, sie mit Gewalt aus Kits Bett zu zerren, wurde übermächtig, und er sollte diese gewaltige Energie lieber in seinen neuen Job stecken. Nach Monaten, in denen er das Gefühl gehabt hatte, unter einer Decke zu kämpfen, gab es endlich wieder einen Fokus, ein Ziel.
    Er verließ das Kinderzimmer und schloss die Tür hinter sich. Er blieb auf dem Treppenabsatz stehen und zwang sich, tief und langsam einzuatmen, sechsmal. Edward hatte gesagt, er könne am Samstag nach London kommen, aber er würde gleich morgen früh anrufen und sagen, dass er sofort kommen musste, sofort , und falls das aus irgendeinem Grund nicht gehen sollte, dann würde er sich eben ein Hotel suchen. Irgendwas. Alles war besser als das hier.
    Er holte ihren einzigen großen Koffer vom Schrank. Er war staubig und hatte etliche Dellen von vielen Reisen, und überall klebten Fetzen alter Gepäckbeförderungszettel. Er legte ihn aufs Bett und klappte ihn auf. Eine alte Dose mit Insektenschutzspray lag darin, er nahm sie heraus und roch daran, und bei dem Geruch musste er beinahe weinen. Er warf die Dose in den Papierkorb neben der Kommode und fing an, schnell und systematisch Hemden und Socken und Boxershorts in den Koffer zu stapeln, leerte Schubladen im Eiltempo, um jede Regung in seinem Inneren zu unterdrücken, die nicht konstruktiv und nach vorn gerichtet war. Und dann ließ er sich auf die andere Bettseite fallen, hörte sich schwer atmen und sein Herz im Brustkorb schlagen, als wäre es nichts weiter als ein nützlicher, zweckmäßiger Muskel, als würde es nicht ein einziges Gefühl beherbergen.

Kapitel 16
    Mariella lag in dem Bett, in dem Sigrid als Kind geschlafen hatte. Das Bett stand jetzt im Arbeitszimmer ihrer Mutter und wurde als Tagesliege benutzt. Es war übersät von Kissen in modernem grafischem Design, die fast das alte hölzerne Kopfende mit den ausgeschnittenen Herzen verdeckten, und an der Wand darüber hingen auch wieder die Carl-Larsson-Drucke, die Sigrid als Kind so geliebt hatte, Darstellungen idyllischen schwedischen Landlebens des neunzehnten Jahrhunderts mitsamt Apfelgärten voller Gänse und kleinen Mädchen mit Kopftüchern und Schürzen. Ansonsten war das Zimmer so elegant zweckmäßig wie der Rest der Wohnung. Soweit es Papiere auf dem Schreibtisch ihrer Mutter gab, befanden sie sich auf einem schwarzen Lacktablett, ihre Stifte steckten in einem dazu passenden Behälter, die Bücher und Aktenorder standen alle ordentlich aufgereiht im Regal. An der Wand hingen ein kleines abstraktes Ölgemälde und gerahmte Fotografien der Familie. Eines zeigte Mariella draußen auf der Insel, wie sie mit einer Schwimmweste bekleidet auf den Knien ihres Großvaters hockte.
    Mariella lehnte mit dem Rücken an ein paar der steifen gestreiften Kissen und beschäftigte sich mit einem Geduldsspiel, das ihr Großvater, der Ingenieur, aus Plastikringen für sie gemacht hatte, die so ineinander verhakt

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