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Schwimmen in der Nacht

Schwimmen in der Nacht

Titel: Schwimmen in der Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jessica Keener
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Hüften, drückte jeden der Knöpfe mit Kraft zu. Dann zog ich meine Nylonstrümpfe aus und tauschte sie gegen Socken und Turnschuhe ein. Auf dem Betonfußboden waren Wasserflecken von der Größe breitgetretener Kakerlaken. Es roch nach Nässe, die Luft kühlte immer weiter ab.
    Miss Holloway rannte zwischen den Umkleidekabinen hin und her und brüllte: «Macht schon, Mädels, los geht’s!» Dabei lugte sie über die Trennwände, um uns rauszuscheuchen. Die Falten ihres Turnrocks wurden bei jedem ihrer Schritte kräftig von den strammen Schenkeln gedehnt. Sie hatte das Kreuz einer Ruderin; ihre beiden Brüste vereinten sich zu einer einzigen Brust, und ihre Wadenmuskulatur überforderte die Elastizität ihrer Kniestrümpfe.
    Draußen auf dem Schulhof stand ich nicht weit entfernt von den Markierungen des Basketballplatzes, wo Anthony gespielt hatte. Wir stellten uns zu Wertungsläufen auf. Miss Holloway schniefte und rollte mit ihren kleinen Augen. Sie hielt die Stoppuhr hoch, ihren ganzen Stolz.
    Â«Mädels, auf die Plätze. Fertig. Loooooos!» Sie pfiff. «Hopp, hopp, hopp, hopp!»
    Ich rannte schnell, aber Sophie mit ihren langen Beinen schlug mich um zwei Längen.
    Â«Nächste Gruppe. Zack, zack. Los geht’s!»
    Die Tür vom Sportraum der Jungen ging auf, und eine kleine Gruppe älterer Jungen in grauen Jogginghosen und Sweatshirts kam heraus, deren Kleidung weich und bequem aussah, ganz anders als das, was wir Mädchen anziehen mussten. Anthony rannte in der Mitte der Meute. Seine blonden Haare fielen ihm in die Stirn, als er auf das vierhundert Meter entfernte, mit Gras bewachsene Spielfeld zusteuerte, das außerhalb des Schulgeländes lag. Ein paar der Jungen pfiffen, als sie an uns vorbeikamen. Anthony sah mich und nickte. Mir lief ein Schauder über den Rücken.
    Â«Mädels! Hier spielt die Musik. Zurück auf eure Plätze, und zwar sofort!» Holloway klatschte in die Hände und pfiff. «Das geht alles von unserer Zeit ab.»
    So ging es weiter bis zum Ende der Stunde, als es Zeit für die obligatorische Dusche war. Ich stand also wieder in meiner Umkleidekabine, zog mich aus und wickelte mich in ein rosafarbenes Handtuch von zu Hause ein.
    Ich wollte mich im Frottee vergraben und verstecken,aber Holloway schritt die Gänge ab. Also schlich ich den kurzen Gang zu den Duschen runter, einem gefliesten Raum, der durch Duschvorhänge, die an Metallstangen hingen, in mehrere Duschkabinen unterteilt wurde. Weit oben ließen vergitterte Fenster mit grünem Milchglas einzelne anämische Lichtstrahlen hindurch. Aus dem Duschkopf in meiner Kabine tropfte lauwarmes Wasser. Die schwache Düse war mit einem Labyrinth schmaler Leitungsrohre verbunden, die sich an der Decke verzweigten.
«Alles ist miteinander verbunden»,
hatte Mr Bingham gesagt.
    Der Fliesenboden war glitschig und kalt. Als Holloway auf und ab schritt, die Gestapo-Aufseherin mit ihrem unsichtbaren Hund und Schlagstock, tat ich so, als würde ich mich mit einem schrumpligen Stück Seife waschen.
    Â«Sarah, stell dich richtig unter die Dusche, mit dem ganzen Körper», sagte sie, nachdem sie vor meiner Duschkabine stehen geblieben war und zu mir reingespäht hatte. Ich machte einen Schritt zurück und bedeckte meine Schamhaare, aber sie zog den Vorhang zur Seite, um mich besser sehen zu können.
    Â«Unter die Dusche, los. Du kannst dich ja schlecht mit Luft waschen, meinst du nicht?»
    Ich legte einen Arm über meine Brüste. Ein kalter Luftzug traf schneidend auf meinen Bauch, als sie den Duschvorhang offen hielt.
    Â«Dreh dich um und mach deinen Rücken nass.»
    Sie wartete, bis ich mich umgedreht hatte und eine Schulter unter die Tropfen aus dem Duschkopf hielt.
    Â«So ist es brav. Keine Ausnahmen hier.»
    Sie ließ den Vorhang los und ging weiter zu ihrem nächsten Opfer. Was hatte sie damit gemeint, keine Ausnahmen hier? Dass sie nicht freundlich zu mir sein würde, nur weil meine Mutter gestorben war? Wie ich sie verabscheute.
    Mittlerweile stieg aus allen Duschen hauchdünner Dampf auf. Ich hörte, wie nacheinander ein Duschvorhang nach dem anderen zur Seite geschoben wurde und Holloway ihre dummen, lasziven Befehle bellte.
    Â«Wasser und Seife, Mädels, macht schon!»
    Je tiefer sie in den dampfenden Irrgarten nackter Mädchen eindrang, umso zufriedener klang ihre Stimme. Ich schnappte

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