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Schwimmen in der Nacht

Schwimmen in der Nacht

Titel: Schwimmen in der Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jessica Keener
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und versuchte, mich auf das Spiel zu konzentrieren. Ich weigerte mich einfach, mich von ihr einschüchtern zu lassen. Anthony brach zwischen den Spielern aus und rannte diagonal über das Spielfeld, um den Ball zu fangen. Der Ball eierte, flügellahm, und fiel nur wenige Yards vor ihm zu Boden. Er rannte zu seiner Mannschaft zurück. Sophie presste ihr Knie gegen meins, um mir zu signalisieren, dass sie gern gehen würde, aber ich wollte nicht. Ich wollte ihnen nicht zeigen, dass ich Angst hatte. Das Team nahm seine Positionen ein. Dann rannte der Quarterback zurück und warf wieder den Ball. Diesmal fing ihn Anthony. Er trug ihn über die gegnerische Goallinie.
    Â«Dreckige Juden.»
    Â«Hast du irgendein Problem?», fragte ich die Blonde. Ihre beiden Anhängsel sahen mich mit verbissenenMienen an, ihre blasse Haut wurde von glatten, schwarzen Haaren gerahmt.
    Â«Du vielleicht?», fragte die Blonde.
    Ich drehte mich wieder um. Meine Schultern verspannten sich, sie witterten schon den Übergriff.
    Jemand stieß mir gegen den Arm. «Wir haben dir nicht erlaubt, hier zu sitzen. Du versperrst uns die Sicht.»
    Ich drehte mich wieder um.
    Â«Ich brauche keine Erlaubnis von dir.»
    Die Blonde schmunzelte erst und verfiel dann in ein breites Grinsen. Die Cheerleader fingen an, einen eigenartigen, nervigen Rhythmus zu klatschen. «Eins, zwei!» Klapp! Klapp! «Wir holen uns den Sieg; wir, wir!» Klapp! Klapp! «Drei, vier!»
    Sophie stieß mir noch mal gegen den Ellbogen. «Komm, wir gehen», flüsterte sie.
    Â«Fünf, sechs!» Klapp. Klapp.
    Aber ich rührte mich auch weiterhin nicht vom Fleck.
    Â«Du solltest auf deine dürre Freundin hören. Sie ist klüger als du», sagte das blonde Mädchen.
    Im Schutz meiner Hände flüsterte ich Sophie ins Ohr: «Bleib hier.»
    Die Blonde zog mich an den Haaren. Ich schlug ihre Hand weg.
    Â«Du hörst besser auf das, was sie sagt», meinte eines ihrer Anhängsel.
    Ich drehte mich um.
    Â«Ich geh hier nicht weg, klar?»
    Â«Scheiß Jüdin. Wehe, ich erwisch dich alleine.»
    Die Blonde stand auf und ging nach unten. Die anderenzwei liefen ihr nach. «Judenschweine!» Sie sprangen auf den Rasen und liefen über den Platz auf ein paar Kiefern zu.
    Ich hielt mich am Rand der Aluminiumbank fest. Meine Knie waren blockiert; ich war unfähig, mich zu bewegen.
    Â«O Gott», sagte Sophie.
    Wir drehten uns beide um, spähten, ob sich irgendjemand anders auf ihre Plätze gesetzt hatte. Auf einmal war ich schrecklich erschöpft. Nach Hause. Ich wollte einfach nur nach Hause. Selbst wenn mein Zuhause leer war. Wo war mein Fluchtweg? Anthony erreichte die Endzone. Alle sprangen auf und trampelten auf den Tribünenboden. Das Metall unter mir vibrierte.
    Â«Tone-knee. Tone-knee!», riefen sie.
    Die Cheerleader formierten sich zum T, warfen ihre Pompons in die Luft und fingen sie wieder auf. Inmitten all des Jubels kauerten Sophie und ich uns in unserer kleinen Höhle aneinander. Die italienischen Mädchen verschwanden zwischen den Bäumen, und als sie außer Sicht waren, atmete ich tief durch. Ich wünschte, Margaret wäre da. Ich wünschte, Peter wäre da, aber er hasste diese Spiele und hielt sich fern von ihnen. Sophie zog ihre Kniestrümpfe hoch. «Wie kommen wir jetzt nach Hause?»
    Â«Wir gehen zusammen mit allen anderen raus und mischen uns unter die Massen.»
    Â«Was für eine Katastrophe», sagte Sophie. Sie schaute auf ihre Füße und schüttelte den Kopf.
    Das Spiel um uns herum lief weiter wie aufwirbelnde Blätter, in deren Mitte wir schwebten und so taten, alsgehörten wir dazu. Die Cheerleader kreischten und kreischten, bis zur völligen Hysterie. Anthony erreichte die Endzone, das war der Sieg für das Schulteam. Dann war es vorbei. Die Zuschauer verstreuten sich.
    Ich warf einen Blick in Richtung des Wäldchens, konnte aber nicht weiter als bis zur ersten Baumreihe sehen.
    Â«Was, wenn sie uns abfangen?», fragte sie.
    Â«Wir mischen uns unter die Leute.»
    Die Spieler saßen alle zusammen auf den Bänken, klopften sich gegenseitig auf den Rücken und tranken aus ihren Wasserflaschen. Anthony stand mit einer Gruppe zusammen, die sich unterhielt, und blickte suchend in Richtung Tribüne.
    Ich hob die Arme und winkte. «Anthony», rief ich. «Anthony.»
    Er sagte irgendwas zu dem Jungen, der neben ihm

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