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Schwimmen in der Nacht

Schwimmen in der Nacht

Titel: Schwimmen in der Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jessica Keener
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und schob seine Zunge vor, erst unsicher, auf meine Ermutigung wartend. Als Antwort schenkte ich ihm meine Zunge und schmiegte mich an ihn, bis meine Brust gegen seinen Oberkörper drückte. Er legte mir die Hand aufs Knie und unsere Küsse wurden fordernder. Dann schob er seine Hände unter meinen Rock, wo er die Haut unter meinem Slip berührte. Es fühlte sich absolut befreiend an, als wäre ich auf einmal wachgerüttelt worden, einen Ort zu entdecken, der mein ureigener geheimer Fluchtweg war. Die sommerliche Brise und der Kieferngeruch verschmolzen in meinem Gehirn.
    Auf dem Nachhauseweg im offenen Thunderbird wirbelte der Wind meine Haare durcheinander und strich über mein Gesicht und alles, was von Gregorys Küssen darauf zurückgeblieben war. Betsy war so in ihr Spiegelbild vernarrt, dass sie gar nicht wahrnahm, wie abwesend ich klang und wie unkoordiniert meine Glieder waren.
    Zu Hause rannte ich die Treppe hoch, um in Shorts zu schlüpfen. Elliot und Robert waren draußen und spielten auf der alten Schaukel, die hinterm Haus hing. Seit Mutter fort war und jetzt auch Peter, der seit Kurzem in Strandcafés in Kalifornien Musik machte, fühlte sich das Haus im Schatten meiner sich verändernden Welt größer und leerer an. Die Luft darin roch unbelebt, so wie es in meiner Vorstellung in Mrs Brenwalds Haus riechen musste. Nebenan kam weiterhin jeden Samstag ein Junge vorbei, der ihre Einkäufe brachte. Hin und wieder sah ich immer noch, wie sich ihre Vorhänge bewegten.
    In meinem Zimmer hörte ich das Quietschen rostigerKetten, während meine Brüder vor und zurück in den Himmel schwangen. Robert liebte die Schaukel und konnte allem Anschein nach Stunden damit verbringen, einen scharfen Bogen mit ihr in die Sommerluft zu schneiden. Die Pendelbewegung brachte seinen übersprudelnden Geist zur Ruhe.
    Ich blickte aus meinem Fenster in den Garten. Zwei Stockwerke unter mir blühten Mutters Rosen kreuz und quer, manche verwelkten schon. Vater hatte keinen Sinn für Pflanzen, und keiner von uns, ich eingeschlossen, wusste, was wir mit ihren dornigen Sträuchern machen sollten. Sich ihnen zu nähern, hieß, sich ihr zu nähern, und das jagte mir Angst ein. Als Folge davon blieben die Blumenbeete völlig sich selbst überlassen, wucherten vor sich hin und waren voller Unkraut. Unerwünschte Pflanzen übernahmen mit ihren langen Stielen die Regie, und rächten sich widerstandsfähig und bösartig für all die Sommertage, an denen Mutter die stacheligen Gewächse so lange geschnitten, gestutzt, von Unkraut befreit und in Form gebracht hatte, bis der Garten sich gefügt und mit einer atemberaubenden Melange von Farben und Gerüchen darauf geantwortet hatte. Jetzt nicht mehr. Die wilden Tiere waren aus ihren Käfigen befreit worden.
    ~~~~~~~~~~~
    Als ich zum Abendessen nach unten kam, rief Dora mich zu sich in die Küche, und da sah ich, dass nur für drei gedeckt war, nicht für vier.
    Â«Was hat das zu bedeuten?»
    Â«Dein Vater ist heute Abend aus.»
    Sie kommentierte das mit einem missbilligenden Gesichtsausdruck, der mir sagen sollte, dass er mit Miss Delgarno aus war, drehte sich dann wieder zum Spülbecken und wusch weiter Geschirr ab.
    Ich fragte nicht weiter nach. Mehr wollte ich nicht wissen. Wenn Peter nach Kalifornien flüchten konnte, konnte ich das auch, auf meine eigene Weise.
    Ich setzte mich hin und schlug die Zeitung auf, überflog Schlagzeilen zu Vietnam, Nixon und der Wirtschaftsrezession, bis ich zu den Comics kam. Die Welt der Comics war rundum beruhigend. Alle Probleme blieben überschaubar. Das Leben war etwas, über das man lachen konnte. In den Kästchen mussten sich die Figuren jeden Tag aufs Neue denselben Schwierigkeiten stellen. Sie handelten sie für mich ab. Charlie Brown war einer meiner Lieblinge. Unerbittlich und hoffnungslos versuchte er, sich aufzuheitern; verzweifelte jedoch Woche für Woche wieder, während seine Schulkameradin Lucy herumschrie und tobte, ihn manchmal sogar schlug, ohne dass es irgendwas gebracht hätte. Ganz gleich, welche unschönen Ereignisse sich in der Welt auch abspielten, Charlys depressive, aber bemühte Persönlichkeit hatte Bestand. Auf ihn konnte ich mich verlassen.
    Dora warf drei Papierservietten auf den Küchentresen und half Elliot und Robert, sich bei kalten Thunfischsandwichs und Milch an die Situation zu gewöhnen. Neben

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