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Schwimmen mit Elefanten - Roman

Schwimmen mit Elefanten - Roman

Titel: Schwimmen mit Elefanten - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Verlagsbuchhandlung Liebeskind GmbH & Co. KG
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dem Tisch spielte. Für ihn war dies so selbstverständlich wie die Regel, dass der Bauer jedes Mal nur ein Feld vorrücken durfte.
    »Nun gut.«
    Da der Junge weiterhin beharrlich schwieg, nickte der Generalsekretär, als machte er sich seinen eigenen Reim darauf, und kam auf sein eigentliches Anliegen zu sprechen.
    »Was würden Sie davon halten, eine Puppe zu bedienen, die Schach spielen kann? In unserem Klub am Grunde des Meeres.«
    »Eine Puppe?« fragte der Junge verdutzt.
    »Genau. Eine mechanische Puppe. Sie haben doch bestimmt schon einmal vom ›Schachtürken‹ gehört, einem Schachautomaten, den der ungarische Baron von Kempelen im Jahre 1789 konstruiert hat. Die Puppe war in eine türkische Tracht gekleidet und konnte vortrefflich Schach spielen. Zum ersten Mal wurde er am Wiener Hof Maria Theresia vorgestellt. 1809 spielte sogar Napoleon gegen ihn. Natürlich war die Puppe nur vorgeblich ein Automat. Im Inneren verbarg sich ein Mensch.«
    Der Generalsekretär schaute sich ungeniert im Zimmer um und ließ seinen Blick zwischen dem Schachtisch und dem Alkoven mit dem Spielfeld an der Decke hin und her wandern.
    »Ja, die Geschichte kenne ich. Aus einem Buch.«
    »Nun, dann sind wir uns ja einig.«
    Der Generalsekretär schlug ein Bein über das andere und strich sich übers Kinn.
    »Was die Leute vom Schach erwarten, ist mannigfaltig und komplex. Für viele ist es ein reiner Zeitvertreib, während andere höhere Ansprüche haben. Manchen genügt es, mit einer Person aus Fleisch und Blut zu spielen, anderen nicht. Seit jeher hegen Schachliebhaber die Vorstellung, dass das Geheimnis des Spiels jenseits des menschlichen Geistes zu finden ist. Der ›Schachtürke‹ ist auf solche Illusionen zurückzuführen, denn nur allzu gerne möchte man Schach gegen ein außerirdisches Wesen spielen. Wobei ich keinen Schachcomputer meine. Der ist ja nichts weiter als eine schnelle Rechenmaschine. Das Geheimnis des Schachs ist von einer sehr romantischen Aura umgeben, meinen Sie nicht auch?«
    Der Junge nickte.
    »Nun zur Frage, weshalb unser Klub eine Dependance auf dem Grund des Meeres braucht. Das lässt sich ganz einfach erklären. Während der Pazifik-Schachklub ein Verein mit strengen Regeln ist, der sehr auf Etikette achtet und Schachturniere auf hohem Niveau ausrichtet, will man im Klub auf dem Grunde des Meeres Abenteuerreisen in die Untiefen des Schachs unternehmen. Auf das Geschwätz, dass es sich dabei um ein albernes Possenspiel handle, sollte man nichts geben, schließlich kann man es niemandem verdenken, seine romantischen Vorstellungen vom Schachspielen auszuleben.«
    »Aber was ist mit der Puppe, die ich bedienen soll?«
    »Ach, das hat keine Eile.«
    Abermals räusperte sich der Generalsekretär und tat so, als führte er die Teetasse, die ihm die Großmutter inzwischen gebracht hatte, zum Mund.
    »Im Klub am Grunde des Meeres besteht seit jeher ein reges Interesse an diesen mechanischen Puppen, und kürzlich hat die Tochter des Vorsitzenden ein berühmtes Exemplar gestiftet. Der Automat ist sehr klug. Wenn man ihm einen Füller in die Hand drückt, schreibt er Briefe. Er wird gerade zum Schachspieler umgerüstet. Anstatt zu schreiben, soll er Figuren bewegen können. Ein versierter Automatenbauer hat sich bereits an die Arbeit gemacht. Die Puppe soll genauso gut Schach spielen können wie ein Mensch. Das ist ein aufregendes Projekt, nicht wahr? Und niemand wäre besser geeignet, dieser Puppe Leben einzuhauchen, als Sie, mein Bester!«
    Durch den selbstherrlichen Tonfall des Generalsekretärs verunsichert, schlug der Junge die Augen nieder. Er war sprachlos.
    »Ihnen ist sicher auch bekannt, dass der Schachtürke später in einem Museum in Philadelphia ausgestellt wurde, wo er 1854 einem Feuer zum Opfer fiel. Im Alter von 85 Jahren. Schade um ihn, denn solche Puppen können durchaus mehrere Hundert Jahre alt werden. Wer weiß, vielleicht ist er ja durch den ständigen Kontakt mit echten Schachspielern mit der Zeit so anhänglich geworden, dass er sich wie ein Mensch fühlte und auch im selben Alter sterben wollte? Jedenfalls sind Sie wie geschaffen dafür, sich mit einem Automaten zu vereinen. Alle Welt wird die Wiederkehr des berühmten Schachtürken bejubeln. Sie besitzen nicht bloß die nötige Begabung, sondern auch die richtige Größe, um der Puppe eine Seele zu geben …«
    In diesem Moment lächelte der Generalsekretär zum ersten Mal. Die Hände vor der Brust verschränkt, starrte er auf die

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