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Schwimmen mit Elefanten - Roman

Schwimmen mit Elefanten - Roman

Titel: Schwimmen mit Elefanten - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Verlagsbuchhandlung Liebeskind GmbH & Co. KG
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dabei machte. Und der Gedanke, dass Miira wegen der Puppe in seiner Nähe war und nicht wegen ihm, machte den Jungen eifersüchtig und schnürte ihm die Brust zusammen.
    Doch wie erschöpft oder eifersüchtig er auch sein mochte, die Hinterlassenschaft eines starken Gegners in Form einer Notation steckte voll geheimer Codes, die sein Herz erbeben ließen. Während sein gepeinigter Körper auf den Fliesen lag, grämte er sich nie lange über seine Niederlage, sondern ließ in Gedanken die einzelnen Züge Revue passieren, um ihre tiefere Bedeutung voll auszukosten.
    Am meisten freute er sich auf die Partien mit der Tochter des Vorsitzenden. Seit dem Debüt der Puppe ließ sich die alte Dame alle zwei bis drei Monate blicken. Die Zuschauer hatten sich nur bei ihrer ersten Partie so gedrängelt, danach kam sie immer allein. Der Junge erkannte sie sofort am forschen Klacken ihrer Absätze, wenn sie den Stuhl vor dem Schachbrett ansteuerte.
    Oft waren die Partien mit ihr sehr konfus. Wegen eines kleinen Fehlers musste der Junge manchmal eine Niederlage einstecken, oder aber die beiden trennten sich nach zähem Kampf mit einem gerechten Remis, jedoch bereitete es ihm große Freude, gegen sie anzutreten. Genauso, wie er sich blind mit Indira verstand, hielt er den Dialog mit ihr aufrecht, indem er durch die Schachfiguren mit ihr kommunizierte.
    Ihre tollkühnen Türme fegten wie ein Wirbelwind über das Brett hinweg, und wenn sie kunstvoll einen Bauern opferte, drang eine melancholische Melodie an das Ohr des Jungen.
    »Ich weiß ganz genau, was das für ein Mensch gewesen ist, der Ihnen das Schachspielen beigebracht hat«, sagte die alte Dame eines Tages mitten in der Partie.
    Ihre Ausdrucksweise mochte zwar vornehm klingen, wie es sich für eine höhere Tochter geziemte, aber ihre gebrochene Stimme verriet ihr Alter.
    »Finden Sie nicht, dass es die spätere Schachkarriere nachhaltig beeinflusst, wer einem das Spiel beigebracht hat? Dies ist sozusagen der Fingerabdruck eines Spielers«, fuhr sie fort, während sie ihren Springer auf c3 zog.
    »Wenn man einmal von einem Lehrer geprägt wird, bleibt es ein Leben lang eine unverwechselbare, unauslöschliche Matrix. Man selbst mag zwar glauben, dass man nach seinem freien Willen spielt, aber in Wahrheit kann man dem ersten Eindruck, den die einzelnen Figuren bei einem hinterlassen haben, niemals entkommen. Man ist gewissermaßen stigmatisiert. Bei einem heldenhaften Fingerabdruck spielt man kühn, bei einem prunkvollen Abdruck aufbrausend und bei einem besonnenen Abdruck nüchtern.«
    Der Kleine Aljechin setzte den Läufer auf e4.
    »Ihr Lehrer muss ein gutes Gehör haben. Jemand, der mit viel Geduld den Figuren lauscht. Jemand, der sie wichtiger nimmt als sich selbst. Das merkt man an der Art, wie Sie spielen.«
    Stimmt genau! Beinahe hätte der Junge laut zugestimmt. Bestürzt schlug er die Hände vor den Mund und presste die Lippen fest aufeinander. Dann tippte er den Hebel an, und der Kleine Aljechin klopfte mit der linken Hand anerkennend auf den Tisch. Im Dunkeln konnte der Junge Miiras Überraschung spüren, während die alte Dame in aller Seelenruhe einen Bauern auf e3 schob.
    Der Meister hat sich stets geduldig gezeigt, nie hat er unwirsch reagiert oder mich gedrängt. Er war mein Leitstern, immer einige Schritte voraus. Aber er hat still auf mich gewartet und mir den Weg gewiesen. Ohne sich zu brüsten, blieb er bescheiden im Hintergrund. Um seine Gefühle zu verbergen, hat er Unmengen von Kuchen in sich hineingestopft, und daran ist er dann gestorben.
    Der Junge schluckte die Worte hinunter wie damals bei seiner Geburt, als seine Lippen noch verschlossen waren, seinen ersten Schrei.
    »Es muss doch jemanden gegeben haben, der einer Puppe wie Ihnen Schach beigebracht hat, oder nicht?«
    Die alte Dame ließ nicht locker. Der Junge steckte seine rechte Hand in die Hosentasche und vergrub seine Finger in Pawns Beutel, bis er sich wieder beruhigt hatte. Warum war ihm bislang nie aufgefallen, dass bei jeder Partie der Schatten des Meisters über dem Brett schwebte und dass sich dessen Fingerabdruck in all seinen Partien wiederfand? Was für eine glückliche Fügung es doch war, dem ehemaligen Busfahrer begegnet zu sein und von ihm Schach gelernt zu haben. Dafür dankte er Gott.
    »Ich hätte auch gerne einen solchen Lehrer gehabt. Ihre Art zu spielen ist so wunderbar.«
    Der Junge hätte mit der alten Dame nur allzu gern über den Meister gesprochen. Ihr von dem

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