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Schwimmen mit Elefanten - Roman

Schwimmen mit Elefanten - Roman

Titel: Schwimmen mit Elefanten - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Verlagsbuchhandlung Liebeskind GmbH & Co. KG
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mit einer Puppe vorgetäuscht, ein echter Mensch zu sein, und nun spielen Sie mit Menschen, die vorgeben, Schachfiguren zu sein. Und Sie werden natürlich wie gehabt den Spielverlauf aufzeichnen.«
    Der Generalsekretär wandte sich nun an Miira.
    »Die von Ihnen angefertigten Notationen finden großen Anklang. Ihre Schrift ist bemerkenswert schön. Unsere Mitglieder haben dadurch das Gefühl, eine glanzvolle Partie gespielt zu haben. Vortreffliche Züge müssen auf adäquate Art und Weise festgehalten werden.«
    »Oh, das ist sehr freundlich«, erwiderte Miira beschämt.
    Aber der Junge hatte Bedenken. »Warum muss man denn …?«
    »Was warum?«
    Der Generalsekretär drehte sich langsam um und blickte zu ihm hinunter. An seinem Revers blinkte wie immer das Abzeichen des Pazifik-Klubs.
    »Haben Sie jemals versucht, mit Worten zu erklären, warum man Schach spielt? Geld? Ruhm? Was spielt das hier für eine Rolle? Ich habe Schach immer um des Schachs willen gespielt. Weiter nichts. Trotzdem vermittelt Schach einem die Vorstellung von Unendlichkeit. Das müssten Sie doch am besten wissen.«
    Der Generalsekretär räusperte sich und strich sich über die öligen Haare. »Wenn Sie keine weiteren Fragen mehr haben …«, sagte er und verließ die Damendusche.
    Die Partie Lebendschach fand spät in der Nacht an einem Samstag statt. Zum ersten Mal in diesem Winter hatte es geschneit. Wegen der Veranstaltung fielen die anderen Spiele im Klub aus, viele Mitglieder hatten sich eigens dafür im Klub am Grunde des Meeres eingefunden. Ihre Mäntel waren noch feucht vom Schnee.
    Der Junge war in der Abstellkammer auf eine Holzkiste mit leeren Desinfektionsmittel-Flaschen geklettert und beobachtete durch eine Luke, was unten im Schwimmbecken vor sich ging. Anders als mit dem Schachautomaten hatte er diesmal keinerlei Gelegenheit gehabt zu üben, weshalb er sich etwas beklommen fühlte, trotz der ausführlichen Erklärungen des Generalsekretärs. Es war noch etwas Zeit, bis die Partie eröffnet wurde. Die Zuschauer saßen auf Stühlen am Beckenrand und warteten auf das Startsignal. Wie gebannt starrten sie in das Schwimmbecken. Der Generalsekretär saß mitten im Publikum und grüßte immer wieder selbstzufrieden mit einem Kopfnicken in die Runde.
    Alles war perfekt vorbereitet worden. Zwar konnte der Junge von der Abstellkammer aus nicht das ganze Becken erkennen, aber er wusste, dass die Figuren noch nicht erschienen waren. Miira hatte in einer Ecke neben dem Becken ihren Tisch aufgebaut, in Höhe von a8. Darauf stand wie üblich die Schachuhr, daneben lagen das Notationsheft und ein Bleistift. Genau wie ihre Taube rührte sie sich nicht von der Stelle und blickte starr geradeaus. Mit ihrem hellblauen Kleid war sie vor der gefliesten Wand kaum zu erkennen. Obwohl der Junge wusste, dass sie ihn nicht sehen konnte, presste er sein Gesicht gegen die Luke und zwinkerte ihr zu.
    In diesem Moment ging ohne Vorankündigung die Tür auf, und die in weiße Umhänge gehüllten Figuren stiegen die Treppe hinab. Nach einem kurzen Raunen am Beckenrand wurde es sofort wieder still, und man hörte nur das leise Geraschel der Gewänder. Keine der Figuren hatte Schuhe an, lautlos glitten sie über die Fliesen.
    Alle trugen weiße Kopfbedeckungen. Angeführt wurde die Prozession vom König mit einer Krone auf dem Haupt, dann folgten die Dame mit einem Diadem, die beiden Läufer mit den Bischofsmützen und die Springer, die Türme mit den Zinnen und schließlich die acht Bauern mit kugelförmigen Hüten. Auch die Statur der Figuren war so, wie man sie kannte: der König am größten, die Bauern am kleinsten.
    Nahtlos schloss sich daran die schwarze Riege an. Im trüben Neonlicht zogen die Figuren in einer Reihe von der Treppe bis zum Becken, wobei sie immer noch einen deutlichen Kontrast zu den anderen bildeten. Das Weiß war unendlich rein, das Schwarz abgrundtief. Die anderen Farben – das Hellblau der Fliesen, die bernsteinfarbenen Whiskyflaschen und die silberne Schachuhr – verblassten dagegen im Nirgendwo.
    Die Bewegungen der Figuren waren äußerst kontrolliert, als hätten sie vorher alles einstudiert. Jede Mannschaft schritt mit dem König voran am Schwimmbad entlang und stieg über die Leiter hinunter in das Becken. Unter der Kopfbedeckung waren die Gesichter halb verborgen, aber keine der Figuren schaute sich um oder tauschte Blicke mit den anderen aus. Wie Tautropfen auf Blütenblättern perlten sie hervor, um auf den Grund des Meeres

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