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Schwindel

Titel: Schwindel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kristina Dunker
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sich die Hand vor den Mund
     und sagte in gackerndem Flüsterton: »Und von wegen was vorhaben! Hast du deine Hormone nicht unter Kontrolle, Alter, oder
     was?«
    Ich sah, dass Julian sich ärgerte. Als Mickey sich ungeniert auch noch die zweite Waffel schnappte, lief sein Gesicht rot
     an. Ein Protest kam aber nicht.
    Ich freute mich, dass Julian diese Art Scherze nicht mochte und unsere Ferien lieber mit mir allein verbringen wollte. Und
     ich wollte ihm beistehen. »Vielleicht ein anderes Mal«, sagte ich deshalb. »Er hat sich den Fuß verknackst und ich bin gestern
     erst sehr spät angekommen. Zugverspätungen ohne Ende und dann auf dem Weg durch den Wald   …«
    Doch Julian unterbrach mich abrupt. »Hör mal, Eva, mir fällt gerade ein, du hast noch gar nicht deine Eltern angerufen, willst
     du das nicht mal eben machen? Hier, ich leih dir mein Handy.« Er drückte mir sein Telefon in die Hand und sah mich eindringlich
     an.
    Ich erschrak. Hatte ich etwas Falsches gesagt? Hattees mit den Jungs zu tun? Die Art, wie Dustin dasaß, diese gedrungene Körperhaltung mit den vorgezogenen Schultern, und der
     Tonfall, in dem Mickey »Alter« gesagt hatte, kamen mir unangenehm bekannt vor.
    Stopp, hier nicht weiterdenken! Julian konnte nicht wissen, wer gestern im Wald gewesen war, und ich selbst wusste es auch
     nicht. Es war dunkel gewesen und sportliche junge Männer, die Mädchen kannten, die Laura hießen, gab es an jeder Ecke. Nur
     weil die beiden hier so überfallmäßig aufgetaucht waren und Mickey uns zwei Eiswaffeln stibitzt hatte, hieß es nicht automatisch,
     dass sie üble Kerle waren. Sie waren Julians Freunde. Julians Freunde konnten keine Schläger sein, das passte nicht zu ihm.
    Jetzt mach schon, beschwor mich sein Blick.
    Aber vielleicht bildete ich mir das auch nur ein, vielleicht meinte er es auch einfach nur so, wie er es sagte, denn er hatte
     natürlich recht: Meine Eltern würden sich inzwischen garantiert Sorgen machen. Wahrscheinlich hatten sie auch schon versucht,
     mich auf meinem Handy zu erreichen, aber das war noch immer nicht an.
    Nur: Wie kam Julian gerade jetzt darauf?
    Trotz meiner Zweifel stand ich auf. »Stimmt«, sagte ich und hielt mich dabei mit den Händen an den Stuhllehnen fest. »Ich
     mach das mal eben.«
    Dustin knallte die Kaffeetasse auf das Tellerchen. »Was war denn im Wald?«
    »Ach, sie hat Schiss gehabt«, antwortete Julian an meiner Stelle.
    Vielleicht war es die Bevormundung oder sein abfälliger Ton, vielleicht liegt es auch einfach in meinem Wesen,dass ich dauernd Dinge tun muss, die absolut unvernünftig sind. Ich wollte die Worte noch zurückhalten, da hatte ich sie schon
     ausgesprochen: »Ich bin kein Angsthase. Meine Furcht war vollkommen berechtigt.«
    Möglicherweise war sie es jetzt auch, denn ich hatte etwas gesagt, das Julian erstarren und die beiden anderen alarmierte
     Blicke tauschen ließ. Fehler gemacht, Eva! Im Nu riss mir die Angst den Boden unter den Füßen weg. Was, wenn die das
wirklich
sind?
    Eros Ramazotti hatte aufgehört zu singen.
    Julian sprang auf, legte einen Arm um mich. »Sie hat von Weitem mitgekriegt, wie einer ’n bisschen verkloppt worden ist. Der
     muss wohl geschrien haben, das hat ihr Angst gemacht, obwohl sie wie gesagt weit weg war. Dann hat sie auch noch das mit Alina
     gelesen und so was macht ja immer betroffen.« Seine Finger bohrten sich in meine Rippen. Ich verstand: nichts mehr sagen.
    »Ja, das mit Alina ist echt übel«, sagte Dustin, »aber die Klopperei – was geht sie das an?«
    »Nichts. Sie hat sich ja auch nur erschrocken«, wiederholte Julian.
    »Hm.« Dustin stand auf.
    Auch Mickey erhob sich, und als ich die beiden nun vor mir sah, war ich wieder im Wald und glaubte, selbst die Schläge zu
     spüren, die der Junge abbekommen hatte.
    »Du zahlst meinen Kaffee für mich, Julian, ja?«, sagte Dustin beiläufig und ich sah hilflos zu, wie mein Freund nickte.
    »Danke für die Kekse, Alter. Also, bis heute Abend. Wir verlassen uns auf dich. Und pass mal auf deine Freundin auf, die kippt
     dir gleich um.«
    »Kreislaufprobleme«, sagte Julian.
    Wäre ich nicht so erschrocken und angeschlagen gewesen, hätte ich darüber gegrinst.
    Sie gingen. Wir blieben vor dem Tisch stehen und blickten auf unser halb geschmolzenes Eis herab.

12
    »Tja, also das sind meine Freunde. Die sind eigentlich ganz nett, ehrlich.« Julian lächelte mich verlegen an und machte eine
     auffordernde Handbewegung. »Schwamm drüber!

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