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Schwindlerinnen: Roman (German Edition)

Schwindlerinnen: Roman (German Edition)

Titel: Schwindlerinnen: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kerstin Ekman
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Gleichklang ihrer Körper entdeckt hatten. Lasse änderte das Tempo, die Polska wurde langsamer, und die Schritte gerieten feierlich. Mir schwindelte davon, auf eine Weise in der Gegenwart zu sein, wie ich es nur während dieser Monate tiefster Verliebtheit war, und gleichzeitig in einem alten Land und in einer vergangenen Zeit.
    Die Birken schüttelten gelbe Blätter ab, und die Ebereschen begannen zu flammen. Es war schön und deshalb nicht verwunderlich, dass es einen mit Freude erfüllte. Es war aber nicht so, wie Harriet Löwenhjelm schreibt: »Wieder will es uns betören, dieses alte Wunderwerk.« Dieser Sommer war nichts Altes, es war, als hätte ich früher nichts auch nur annähernd Gleichartiges gesehen. Ich machte nun die Erfahrung, dass mich auf einmal eine Stallwand im mildesten Alter ansprach; das uralte gesprungene Holz mit seinen faluroten Resten offenbarte eine Schönheit, die ich nie zuvor bemerkt hatte, und ich konnte mir nicht erklären, warum ich sie nie bemerkt hatte. In den Moorschlenken sah ich jetzt in ihrer Erlesenheit die Sterne des Fieberklees mit seinen weißen Flaumhärchen auf den Kronblättern, und mir wurde klar, dass ich früher keine Ahnung davon gehabt hatte. Das Wasser der Waldseen war schwärzer geworden und offenbarte in der Tiefe eine Spiegelwelt, die mich derart anzog, dass ich Angst bekam und dachte, es wäre doch schön zu sterben. Denn besser, als es war, würde es nicht werden.
    Ich wusste, dass es die heftige Verliebtheit war, die meine Augen auf diese Weise sehend machte, die mir Erlebnisse bescherte, welche mir Elektroschocks durch den Körper jagten und mein Sehvermögen entfachten. Eigentlich wusste ich über Liebesleidenschaften ja ganz gut Bescheid, schließlich war ich ein lesender Mensch. Ich wusste, dass es vorübergehen würde. Die Intensität der Erlebnisse erschöpfte mich, und ich sehnte mich nach einer ruhigeren Phase, einer selbstverständlichen Liebe. Ich, die ich mich immer gerühmt hatte, allein klarzukommen, suchte nun bei einem anderen Menschen Geborgenheit, und mir war klar, dass ich noch nie so verletzlich gewesen war wie jetzt. Ich fürchtete mich aber nicht. Ich glaubte an Lasse und mich, daran, dass wir fürs ganze Leben zusammengehörten.
    Als der Morgen kam, hatte ich das Gefühl, die ruhige Phase sei bereits eingetreten. Lasse und Evert hatten vollauf mit einem verstopften Ablauf zu tun. Sie fuhren in einem alten Duett weg und kamen mit einem langen, stabilen Drahtseil zurück, das sie sich von dem Klempner geliehen hatten, zu dem Evert jetzt kein Vertrauen mehr hatte. Dieser Klempner hatte nämlich im vorigen Herbst die Rohre umverlegt und eine Dreikammergrube gebaut. Im Winter hatte das Ganze jedoch zu mucken begonnen.
    »Die Kacke treibt immer wieder nach oben«, sagte Evert fuchtig.
    Also zog Lasse den ganzen Vormittag, kaum dass er eine Kaffeepause machte, das Drahtseil vom Keller zum Ablauf und zurück. Er erklärte, dass dies nur im Moment oder bestenfalls in den nächsten Wochen helfen werde. Er müsse wiederkommen und das, was ein unfähiger Klempner da fabriziert habe, aufgraben, um den Fehler zu finden. Wahrscheinlich liege es an der Neigung, sagte er. Wahrscheinlich müsse er das gesamte Ablaufsystem umverlegen, und zwar bevor der Boden gefriere.
    Sie aßen, wie früher üblich, mitten am Tag warm, und wir bekamen Fleischwurst mit Kartoffelbrei. Erdäpfelstampf, wie mein Vater sagte, und hier hieß es offenbar genauso. Gertrud trippelte zwischen Herd und Küchentisch hin und her und nahm sich erst Zeit zu essen, nachdem wir unsere Teller ausgekratzt und die runzligen Wursthautkringel an den Rand geschoben hatten.
    Dann setzte auch sie sich an den Tisch und fragte: »Fährst du ins Heim?«
    Lasse lachte. »Ist es schon herum, dass ich da bin?«
    Eine weitere Erklärung bekam ich in diesem Augenblick nicht, aber kurz nach zwei setzte er sich mit seinem Geigenkasten und einer großen Tasche in Everts Auto. Wir fuhren alle vier zum Altersheim, das natürlich schon damals anders hieß, wie, weiß ich nicht mehr. Jetzt heißt es Seniorenheim, denn wir werden ja nicht mehr alt, wir werden nur älter und älter.
    »Wenn ich hier bin, spiele ich immer für sie«, sagte Lasse. »Ihnen gefallen alte Melodien.«
    Nun traten wir in die Welt der Alten ein; sie war blank und sauber, und an den Wänden hingen Blumenlithografien. Der Speisesaal war rammelvoll mit Tischen und Leuten.
    »Aha«, sagte Lasse. »Die Buschtrommeln haben funktioniert. Wohl

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