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Schwindlerinnen: Roman (German Edition)

Schwindlerinnen: Roman (German Edition)

Titel: Schwindlerinnen: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kerstin Ekman
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Womöglich waren Paulus und die Bruderschaftsbewegung daran schuld, dass er bereits mit dreiundsechzig Jahren starb. Sie zehrten an seinem Herzen. Und wahrscheinlich tat das auch Jonathan Tegete, denn er heiratete, wurde Rechnungsprüfer in einer Bank in Daressalam und bekam Zwillinge. In dem Jahr, als Sune starb, schickte Jonathan zu Weihnachten eine bunt glänzende Merry-Christmas-Karte von den Kindern. Immerhin hatten sie keine Weihnachtsmannmützen auf, denkt Lillemor.
    In dem Haus in Borlänge saß Babba mal nach einem Fest auf der Treppe und war der Wahrheit so nahe, dass nur ein Wort mehr genügt hätte, sie ihr zu bescheren. Damals sah sie jedoch nicht durch uns hindurch. Sie schnupperte bloß wie eine Ratte in der Dunkelheit.
    Zu guter Letzt muss es ihr aber klar geworden sein. Doch warum schont sie ihn dann in ihrer Geschichte? Die Antwort ist eigentlich einfach:
    Weil sie es auf mich abgesehen hat.
    Als Lillemor das einsieht, weiß sie, dass sie sich Babba schnappen muss.

Eine Hotmail-Adresse
ist alles, was sie hat. An die hat sie in den letzten drei Jahren, seit diese seltsame Eiseskälte herrscht, die durchgesehenen Manuskripte und Änderungsvorschläge geschickt. Jetzt ahnt sie wenigstens, warum Babba so wütend war auf sie. Es muss an dieser lächerlichen Geschichte mit Rusken liegen. Ist es wirklich das, wofür sie sich jetzt rächt?
    Über diese Geschichte kann man sich nicht via E-Mail austauschen. Sie müssen sich treffen, und es müsste möglich sein, Babba mithilfe des Einwohnermeldeamts ausfindig zu machen. Aber würde das wirklich funktionieren? Wenn sie nicht gefunden werden will, ist sie sicherlich nicht an ihrem tatsächlichen Wohnsitz gemeldet. Doch im Antiquariat muss man auf alle Fälle ihre Adresse haben.
    Jetzt ist es ihr egal, ob Max sie in Vasastan sieht. Es ist ein komisches Gefühl, am Odenplan aus der Linie 4 zu steigen und nicht zum Ärztehaus zu gehen, wo ihr immer schlechter werdendes Gehör geprüft wird und sie sich normalerweise Trost, wenn schon nicht Heilung holt für ihre Allergien, die Augen und Nase zum Laufen bringen. Sie trottet an Åhléns vorbei und die Vegagatan hinauf und sieht, dass der Buchladen nach wie vor Apelgrens Antiquariat heißt. Der einzige Unterschied besteht darin, dass auf dem Schild jetzt auch seine Internetadresse angegeben ist. Lillemor hat es schon mal gesehen, als sie nach einem Arztbesuch aus Neugier durch die Vegagatan gegangen ist. Damals sagte sie sich, dass Babba schließlich doch akzeptiert hatte, über antikvariat.net zu verkaufen, und der Laden sich jetzt vielleicht rentierte.
    Lillemor ist nie in den Sinn gekommen, sich zu fragen, was passieren würde, wenn sie Babba das ihr zustehende Geld nicht mehr schickte. In ihrem Gehirn muss es einen blinden Fleck gegeben haben, da sie sich nicht bedroht gefühlt hat. Im Gegenteil, sie hat immer geglaubt, die Überlegene zu sein und sich zurückziehen zu können. Und zu guter Letzt hat sie das ja auch getan.
    Dem galt wohl auch Babbas Rache. Nicht dieser Geschichte mit dem betrunkenen Spielmann. So lange, wie das schon her ist. Zuerst verschwand Babba und blieb fort – wie lange? Vielleicht ein Jahr. Dann kehrte sie mit einer Romanidee zurück, sie gingen wieder das Manuskript durch und arbeiteten Korrekturen ein. Lillemor fand es angenehm, sie nicht so oft treffen zu müssen, denn Babba war boshaft geworden. Endgültig abgebrochen war die Verbindung dann vor drei Jahren. Nachdem Lillemor zu ihr gesagt hatte, dass sie aufhören wolle.
    »Ich mache mir einen Körper aus Worten«, hat Babba mal gesagt. Lillemor glaubte damals, Babba sei mit ihrem unförmigen Körper unzufrieden und kompensiere dies mit Schreiben. Jetzt geniert sie sich vor sich selbst, wenn sie an diese naive Deutung denkt. Babba machte sich nämlich tatsächlich einen Körper aus Worten, und diesen Körper vermisst Lillemor nun schon seit drei Jahren.
    Das Antiquariat ist natürlich noch geschlossen, es öffnet erst um elf Uhr, und das verstimmt sie. Mag ja sein, dass Edelgeschäfte solche Öffnungszeiten haben, aber das hier ist bloß ein Trödelladen für ausrangierte Bücher. Sie trottet zur Dalagatan hinauf und findet dort eine Konditorei, wo sie eine Stunde sitzen und in ihrem kalt werdenden Kaffee rühren kann. Sie isst eine Punschrolle aus grünem Marzipan mit Schokoladendekor. Die ist so eklig, dass sie sie kaum hinunterbekommt. Doch sie schafft es, Bissen für Bissen, und nachdem sie zweimal den Expressen von gestern

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