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Schwindlerinnen: Roman (German Edition)

Schwindlerinnen: Roman (German Edition)

Titel: Schwindlerinnen: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kerstin Ekman
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und dem alten Knacker lag sehr daran zu verbergen, was er gerade trieb. Ich gab ihm einen Fünfziger und sagte, der sei für die Krebse. Das war für Flusskrebse gut bezahlt damals. Dann sagte ich, wenn er sich noch einmal im Gebüsch erwischen ließe, würde ich ihn bei der Polizei anzeigen.
    Als ich nach dem Urlaub wieder in der Bibliothek zu arbeiten anfing, nahm ich die Ausdünstungen der Menschen und Bücher deutlicher wahr als zuvor. Darüber, wonach Leute riechen können, wollen wir gar nicht reden. Die Bibliotheksbücher jedoch umgab damals ein säuerlicher Geruch nach dem Kunstleder, in das sie eingebunden waren. Eingebunden wurden sie, damit sie jahrzehntelang hielten, und sie müffelten von Anfang an wie ungewaschene Greise in einem Altersheim. Es war entsetzlich, dass der junge Werther und die schöne Irene Forsyte von dergleichen umschlossen sein sollten. Mir wurde die Bibliothek allmählich zuwider, und ich sehnte mich nach unaufgeschnittenen Büchern mit schönen mehrfarbigen Umschlägen. Mir waren auch meine Kollegen zuwider, die nachlässige Ausleiher abkanzelten, und mir waren jene Leute ein Ärgernis, die in den Büchern, die sie lasen, Wurstscheiben oder Haarspangen deponierten, Unterstreichungen, Fettflecken, Ausrufezeichen und Eselsohren hinterließen und die Seiten besudelten, auf denen sie die lediglich angedeuteten Beischlafschilderungen jener Zeit gefunden hatten. Ich konnte allerdings nicht kündigen, denn wo sollte ich hin? Die Wochen in der Roslagskate hatten mich in der Überzeugung bestärkt, dass ich mich in der Einsamkeit am wohlsten fühlte, am zweitbesten ging es mir aber doch zwischen Bibliotheksbüchern.
    Als ich an einem Tag im September Abendschicht hatte, kam Lillemor direkt vom Zug aus Stockholm angerast.
    »Sie haben angerufen!«, sagte sie. »Der Verleger möchte mich treffen. Du wirst Augen machen!«
    Sie hatte bei dem Telefonat so getan, als wäre sie nicht sicher, ob sie an dem Tag, den die Privatsekretärin des Verlegers vorschlug, Zeit hätte. Dazu legte sie den Telefonhörer beiseite und raschelte auf dem Schreibtisch mit Papier, so als sähe sie in ihrem Kalender nach.
    Dann sagte sie, gleichsam überrascht: »Ja, das sieht gut aus.«
    Und auf diese Art setzte sie auch den Kontakt zum Verleger fort. Lillemor hat von ihrer Mutter Astrid eine bemerkenswerte Sensibilität für die Anforderungen der unterschiedlichsten Milieus geerbt. Und auch ihre Ehe mit dem Enkel des Generals war eine gute Schule. Doch das kultivierte Buchverlagsambiente, wo es nach ledergebundenen Erstausgaben duftete und die Porträts glückhafter Ahnen an den Wänden hingen, schätzte sie völlig falsch ein. Sie begann so zu verhandeln, wie sie es von ihren Begegnungen mit hartgesottenen Direktoren von Filmgesellschaften gewohnt war, die mit falschem Lächeln ihre Jacketkronen blitzen ließen.
    Der reservierte und leise Buchverleger war unangenehm berührt und bot ihr eine Alternative an. Statt einer Pauschale von eintausendfünfhundert Kronen könne sie eine Beteiligung von sechzehn zwei drittel Prozent haben. Doch dann, hob er milde hervor, riskiere sie natürlich, dass sie, falls das Ergebnis aus dem Verkauf nicht so gut ausfalle, keine eineinhalbtausend erziele. Da ahnte sie, dass er ein Fuchs war, wenn auch ein kultivierter. Aber sie schlug zu, denn Lillemor ist eine Spielerin.
    Sie trug ein rotes Terylenkleid, und das Haar stand ihr wie eine blonde Wolke um den Kopf. Vermutlich trommelten ihre Absätze Siegesfanfaren auf das Gehsteigpflaster des Sveavägen, als sie den Verlag verließ.
    Für mich wurde erst jetzt alles Wirklichkeit, und ich hatte große Angst. Wie ein grauer Spuk tauchte Uno Floréns unbekanntes Gesicht vor mir auf. Aber ich konnte nicht mehr zurück. Lillemor hatte den Vertrag unterschrieben. Anschließend hatte sie sich fotografieren lassen, diesmal in einem Atelier in Stockholm. Der Verlag brauchte ein Foto für die Rückseite des Buches. Sie schickte es ein, und der Verlagsredakteur schrieb zurück, ihr Porträt habe body and soul . Das Ganze ging majestätisch langsam mit Briefwechseln und sorgfältig in Postpaketen verpackten Korrekturfahnen vonstatten. Trotzdem ging es irgendwie schneller als heute, und schon knapp zwei Monate nach Einsendung des Manuskripts – den Durchschlag hatten wir natürlich behalten – war es so weit.
    Es war ein kalter Oktobermorgen. Mir war schlecht, und ich konnte nichts essen, als Lillemor mit einer Tüte frischer Brötchen und der Upsala

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