Schwindlerinnen: Roman (German Edition)
Nya Tidning kam. Das war die einzige Zeitung, die etwas über das Buch brachte, seit dessen Erscheinen nun schon elf Tage vergangen waren.
Lillemor war ganz aus dem Häuschen vor Freude, denn es wurde tatsächlich gelobt. Es sei exakt so flott und wortgewandt, wie es sein sollte. Ich empfand dagegen ein heftiges Unbehagen, denn ich fühlte mich von dem Rezensenten angegrapscht. Während er ein Bild nach Lillemors Atelierfoto zeichnete, das jetzt in schwerem Blei klischiert worden war, befingerte er gleichzeitig mein Inneres. Wie auch immer es sich mit dem Verstellspiel verhielt, die Sprache dieses Buches war ich. Verkleidet und angepasst, aber trotzdem nichts als ich.
Irgendwann aß ich ein Brötchen und trank starken Kaffee. Der kalte, öde Morgen normalisierte sich durch die Geräusche von der Svartbäcksgatan, den Wetterbericht im Radio und Lillemors hell perlendes Schwatzen.
Ein paar Wochen später war der Erfolg ein Faktum in Druckerschwärze: »SIEBTES TAUSEND, eine wache und elegante Schilderung Stockholms, die Bedrohung der herrschenden Krimielite in diesem Herbst heißt Lillemor Troj. Wir prophezeien: das Top-Weihnachtsgeschenk des Jahres!«
All das mit Lillemor, body and soul , in Schwarz-Weiß.
War es bei
dieser Gelegenheit, dass ich im Kaufhaus NK signieren sollte? Lillemor ist sich nicht sicher, dass es zum ersten Mal beim Debüt der Fall war, aber so wie das eingeschlagen hatte, ist es durchaus wahrscheinlich. Im Lichthof des Kaufhauses war ein kleines Podium aufgebaut worden, und dort saß sie mit Stapeln des Buches und einem Füller von Parker in Bereitschaft. Sie glaubt sich zu erinnern, dass sie ein dunkelblaues Kostüm aus Leinen und Viskose mit Faltenrock trug, dazu eine zweireihige Perlenkette, nicht die von Mutters Vierzigstem, sondern ein Simili, das sie sich in der Parfümerie Dottnes in Uppsala gekauft hatte. Sicherlich hatte sie sich vor diesem Auftritt eine Gesichtsbehandlung gegönnt. Ein hellroter Samthut, der an der Spitze zu einem zottigen weißen Büschel auslief, saß ihr wie ein Helm auf dem Kopf. Es war ein ganz unglaublicher Hut, und sie kann nur hoffen, dass sie ihn mit Selbstverständlichkeit und Überzeugung getragen hat.
Es muss ein Bild davon geben. Lillemor legt das Manuskript aufs Bett. Sie verlässt das Schlafzimmer und schaut sicherheitshalber auf die Straße hinunter. Dort steht kein Taxi. Max hat ihre SMS inzwischen erhalten und hat wohl resigniert, sodass sie Licht zu machen wagt. Wenn er aber doch anruft? Dann wird sie sich mit Daisy-Duck-Stimme melden und sagen, sie sei Lillemors Kusine und hüte für vierzehn Tage die Wohnung.
Er ruft nicht an. Sie denkt an den Bodenraum, wo die Kartons mit den Zeitungsausschnitten stehen. Sie würde aber nicht die Energie aufbringen, Bilder von dreiundfünfzig Jahre alten Triumphen herauszusuchen. Allerdings war diese Signierstunde alles andere als ein Triumph.
Babba trabte vor dem Podium im Lichthof von NK herum und mischte sich unter die Leute, die zum Einkaufen unterwegs waren. Eine Stunde lang wanderte sie in ihrem grässlichen braunen Mantel treppauf und treppab. In meiner Sichtweite, denkt Lillemor. War das irgendwie hilfreich für mich? Mein Gesicht muss immer starrer geworden sein, denn das Schild LILLEMOR TROJ SIGNIERT lockte keinen Käufer an. Dass sie sich noch an die Dame mit dem Turban erinnert, die zu ihr gekommen war, ist nicht weiter verwunderlich, so oft, wie sie sie nachgeäfft und mit schneidend schriller Stimme geflötet haben:
»Kommt denn Kar de Mumma nicht bald?«
Als das passierte, flüchtete Babba in die Herrenkonfektionsabteilung, und Lillemor saß mit trockenem Mund da und starrte die Stapel unverkaufter Bücher an. Ich habe aber durchgehalten, denkt sie. Ich habe Kar de Mumma alias Erik Zetterström, der in Melone und Kamelhaarmantel ankam, freundlich begrüßt. Die Exemplare unseres Buches verschwanden alle in Kartons, und seine Causerien wurden ausgepackt. Nie wieder, sagte Babba, als wir gingen. Ich hatte tatsächlich mehr Ausdauer, denkt Lillemor.
Sie hat zusammen mit Größen wie dem Revuekönig Karl Gerhard im Restaurant Operaterrassen gelesen und signiert. Aber das war wohl später. Babba wollte prompt mit und konnte die Eintrittskarte nehmen, die wahrscheinlich für Rolf gedacht war. Es interessierte ihn im Grunde nicht, auch wenn er ständig den Kehrreim runterbetete: Ich bin dein größter Fan! Dann aber sagte er, dass er zu Hause bleiben müsse, um sich seinen Forschungen zu widmen.
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