Schwindlerinnen: Roman (German Edition)
der Kleider anzunehmen.
»Das glaube ich nicht«, erwiderte ich.
Sie wollte die Tür schließen, aber das ging nicht. Mein Schuh war zu kräftig.
»Ich glaube, sie hat sie vergessen«, sagte ich.
Die Tante bekam jetzt rote Flecken im Gesicht. Außerdem schien sie Angst zu haben.
»Geben Sie mir den Schlüssel«, sagte ich. »Die Sache sieht nicht gut aus. Sie bekommen noch Ihr Geld für die Reinigung der Wohnung. Und dann dürfen Sie gehen.«
Ich gab ihr vierhundert Kronen, fast alles, was ich bei mir hatte. Ruck, zuck war sie in Mantel und Baskenmütze und verschwand mit Eimer, Mopp und einer Tasche voll Lappen und Putzmitteln. Sie war sicherlich beglückt, zweimal bezahlt worden zu sein und nicht putzen zu müssen.
Ich hatte ihr geglaubt. Es wäre nicht Lillemor, wenn sie nicht gutgläubig im Voraus bezahlt und sich dann auf die Socken gemacht hätte. Möbel waren keine mehr in der Wohnung, nur Umzugsmüll. Kartonreste, Weinkorken, Sicherungen aus dem Verteilerkasten, zusammengeknüllte Klebestreifen, ein einzelner Strumpf, eine nicht ganz leere Packung Haferflocken. Auf dem Fußboden in der Küche lagen Reiskörner, verschüttetes Waschpulver und eine fast leere Küchenrolle. Und dann war da dieser große Kleiderhaufen. Ich sah einen Schimmer von hellgrüner Seide.
Es war herzzerreißend. Ich zog dieses Abendkleid hervor, um das sie einen Roman hatte bauen wollen. Es lag auf dem grauen Linoleum wie eine abgelegte Hülle. Das Wesen, das sie ausgefüllt hatte, war fortgeflogen. Vielleicht für immer.
Ich setzte mich mit ausgestreckten Beinen auf den Boden und nahm das Kleid vorsichtig hoch. Es war eigentlich nicht ruiniert, nur etwas zerknittert. Besonders die große Rosette war zerknüllt. Als ich es drehte und wendete, entdeckte ich, dass die Seide mit Vlieseline versteift war. An den Säumen war jeder Stich sorgfältig ausgeführt. Der Rock war staubig geworden, aber keineswegs zerstört.
Eine Hülle.
Ich glaubte, was die Putzfrau über die Kleider gesagt hatte. Von Anfang an schon. Es war aber so jämmerlich, diesen Kleiderhaufen zu sehen, dass ich mich vor Weinen schnäuzen musste. Ich kam mir zwar lächerlich vor, aber mehr noch ergriff und erfüllte mich Widerstand gegen das, was hier geschehen war. Mir wurde nämlich klar, dass Lillemor Troj wieder eine ihrer Lebenswendungen vollzogen hatte. Sie würde jetzt eine andere werden, und das wollte ich nicht.
Ich nahm die Schlüssel, sperrte die Tür hinter mir ab und trottete zu einem neu gebauten Kaufhaus namens MIGO in Kvarngärdet. Dort kaufte ich ein Paket großer Plastiktüten und kehrte in die Wohnung zurück. Alle möglichen Klamotten lagen dort in der Diele auf dem Fußboden, nur keine Jeans und solche karierten Hemden, die sie auf dem Land immer getragen hatte. Auch keine Pullover, Strickjacken oder Anoraks. Zuunterst lagen Stöckelschuhe. Davon etliche der Marke Magli, die sie liebte, wie ich wusste. Aber keine Stiefel und kein derbes Schuhwerk. Ganz offensichtlich hatte sie bei ihrem Umzug Dinge für ein Dasein mitgenommen, ähnlich dem, das wir in der Kate geführt hatten.
Ich packte das beige und blau karierte Kostüm aus grober reiner Seide ein sowie ein kurzes Abendkleid aus kräftig dunkelgrünem Crêpe de Chine mit Goldborte um den Ausschnitt. Ein anderes war aus heller schokoladenbrauner durchplissierter Seide. Da waren ein Shantungkostüm in Beinweiß und ein Tweedkostüm in Beige mit feinem hellblauem Einschuss und Lederpaspeln. Und da waren verschiedenfarbige Seidenblusen und Leinenhosen. Baumwollkleider mit Blümchen, Karos und Tupfen. Ich erkannte das weiß getupfte graue, das sie getragen hatte, als es ihr nach ihrer ersten Operation so erbärmlich ging. Nicht dabei war dagegen der zartgrüne Hosenanzug aus Cord, in dem ich sie zuletzt gesehen hatte und der sich ihrem schmalen Körper wie eine Haut angeschmiegt hatte. Was ich am behutsamsten zusammenlegte und einpackte, war das Abendkleid aus apfelgrüner Duchesse.
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Ich schrieb ihr Briefe in der Hoffnung, dass sie einen Nachsendeantrag gestellt hatte. Es war, als schmierte ich mir Salbe auf ein Ekzem, es linderte einen Moment, doch die Einsamkeit fing bald wieder zu schmerzen an. Einsam im landläufigen Sinne war ich ja nicht. Ich hatte zum Beispiel einen neuen Freund, den ich nach einer Kinovorstellung im Röda Kvarn kennengelernt hatte, als mein Auto, das ich vor der Västgöta Studentenvereinigung geparkt hatte, nicht
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