Schwingen der Lust
sich zurückzuziehen. Dennoch blieb er auf der Hut. Aber schließlich erreichte er unbehelligt das Ende der Treppe und trat in eine große, domähnliche Halle.
Am anderen Ende des natürlichen Gewölbes, auf ihrem majestätischen Thron aus Elfenbein, saß die Malikat. Stolz, aufrecht und einfach atemberaubend. Nicht ohne Grund spannen die Menschen seit Jahrtausenden Mythen um sie und ihre unvergleichliche Schönheit.
Ba’Al’T’Azar ging auf sie zu und betrachtete sie. Ihre Haut war schwarz und glatt wie Ebenholz, und das lange, seidige Haar umfloss ihren schlanken, hochgewachsenen und nackten Leib wie lebendig gewordene Mitternacht. Mit großen, pechschwarzen Augen blickte sie ihm entgegen, ehe sie sich geschmeidig erhob und ihm mit aufrechtem Gang entgegenschritt. Ihre vollen, festen Brüste wippten im Takt ihrer entschlossenen Schritte.
„Ich bin die Malikat Bilkis“, sagte sie mit kraftvoller Stimme, als sie mit nur etwa einem Meter Abstand voreinander zum Stehen kamen. „Die Königin von Sheba. Knie nieder und erweise mir den Respekt, den du mir schuldest, Seraph!“
Ba’Al’T’Azar deutete mit dem Kopf eine leichte Verbeugung an ... ehe er dann aber mit dem rechten Arm ausholte und ihr mit einer harten Rückhand so fest ins Gesicht schlug, dass sie nach hinten taumelte und zu Boden stolperte.
Sie hob langsam das schmal geschnittene Gesicht, wischte sich das Blut mit dem Handrücken vom Mundwinkel ... und lächelte. „Ich freue mich auch, dich wiederzusehen.“
Dann streckte sie die Hand, mit der sie sich das Blut abgewischt hatte, in einer schnellen Bewegung aus, und ein gleißend roter Blitz schoss daraus hervor.
Er war viel zu schnell, als dass Ba’Al’T’Azar ihm noch hätte ausweichen können, und er traf ihn mit voller Wucht in die nackte Brust. Wie eben die Malikat wurde jetzt er nach hinten und zu Boden geschleudert, wo er unsanft an der Felswand landete.
Mit einer heftigen Bewegung des Kopfes schüttelte er die Benommenheit ab und schaute sie voller Überraschung an. „Du kannst das An’Ki’A benutzen? Hier auf der Erde?“
Damit hatte er nicht gerechnet.
Sie richtete sich auf und zuckte mit den Achseln. „Das war Teil der Abmachung, als ich nach dem Großen Krieg gewählt habe, als Mensch hier auf der Erde zu bleiben.“ Sie streckte beide Arme aus, machte eine knappe Bewegung mit den Händen, und Ba’Al’T’Azar wurde von einer unsichtbaren Macht in die Höhe gehoben.
Er versuchte mit aller Kraft, sich dagegen zu wehren, doch sie war zu stark.
„Du willst sagen, als du dich aus dem Staub gemacht und uns und die Schöpfung im Stich gelassen hast“, presste er hinter vor Schmerz zusammengebissenen Zähnen hervor.
Mit einigen weiteren kleinen Gesten ihrer Finger brachte sie ihn in eine aufrechte Position und ließ ihn zu sich heranschweben.
„Hüte deine vorlaute Zunge, Seraph. Du sprichst mit einer Göttin. Zeige etwas mehr Respekt, wenn ich bitten darf.“
„Du bist nicht länger eine der Elohim“, zischte er, als er ganz dicht vor ihr schwebte ... und dann grinste er. Sie hatte etwas Entscheidendes vergessen. „Du hast deinen Platz in den Himmeln aufgegeben und bist jetzt ein Mensch. Seit fast fünf Millennia.“ Seine Augen nahmen nun einen kalt scheinenden Glanz an und suchten ihren Blick ... bohrten sich in ihn hinein. Schon nach einem kurzen Moment wurde ihr überirdisch schönes Gesicht völlig ausdruckslos, und ihre dunklen Pupillen weiteten sich. „Und als Mensch unterliegst auch du meinem Zauber, Weib. Lass mich herunter. Sofort!“
Die Malikat nickte wie in Trance und setzte ihn augenblicklich gehorsam ab.
Ba’Al’T’Azar betrachtete sie.
Sie war beinahe so groß wie er. Ihre Schönheit betörte ihn. Es war schon so lange her, dass er einer Menschenfrau beigewohnt hatte, dass er fast vergessen hatte, wie sehr ihn der Anblick erregte. Die Malikat mochte nicht als Menschenfrau geboren worden sein, aber nun war sie eine. Eine der schönsten, die Ba’Al’T’Azar je gesehen hatte, doch ebenso anfällig für seine Macht wie jede andere.
Er strich ihr das Haar aus dem Gesicht, und die Berührung seiner Fingerspitzen ließ sie leise erschauern.
Anders als die Malikat konnten er und seinesgleichen hier auf der Erde nicht das An’Ki’A, die Kraft des Universums, einsetzen. Aber dafür verfügten sie über das Di’Mai - die Magie, Menschen in ihren Bann zu schlagen und sie sich willens zu machen, sie zu verzaubern und zu lenken ... und sie allein
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