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Schwingen der Lust

Schwingen der Lust

Titel: Schwingen der Lust Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Riccarda Blake
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ihr Gesicht schlagartig traurig werden. „Ich bin die Gefangene meiner unheiligen Geburt. Sein Fluch lastet auf mir, ohne dass ich selbst je ein Verbrechen begangen hätte. Und keiner von euch hat es jemals auch nur für nötig befunden, zu versuchen, mich zu erretten.“
    „Das wundert dich?“, fragte Ba’Al’T’Azar. „Du bist keines der Geschöpfe Gottes, Virginia.“
    Sie lachte rau. „Nein, das bin ich wahrlich nicht. Aber nicht minder unschuldig, oder habe ich mich deines Wissens nach jemals wissentlich oder unwissentlich gegen die Gesetze der Himmel versündigt?“
    „Nein“, gab Ba’Al’T’Azar zu. „Doch du hast ihm all die Jahre treu gedient.“
    „Hatte ich denn je eine Wahl?“, begehrte Virginia mit herzzerreißender Stimme auf. „Oder disqualifiziert alleine schon meine Herkunft mich von eurer angeblich unendlichen Gnade und Barmherzigkeit?“
    „Du hast nie um diese Gnade gebeten“, sagte Ba’Al’T’Azar trocken. „Also warst du offenbar nicht an ihr interessiert.“
    „Ihr habt meine Gebete nur nie erhört“, widersprach sie vehement - und brach sofort darauf in Tränen aus, ohne dass es sie große Mühe gekostet hätte.
    Das wirkte; Ba’Al’T’Azars kalte Züge wurden ein paar Grad wärmer, und er glitt mit ausgebreiteten Schwingen lautlos vom Dach auf die Terrasse nieder.
    „Du?“, fragte er forschend und zugleich unsicher. „Du hast wirklich gebetet?“
    „Jeden Tag und jede Nacht“, sagte sie heftig schluchzend und mit bebenden Lippen. „Um eure Gnade ... oder, wenn ich derer nicht wert bin, um die Erlösung von meiner unnatürlichen Existenz.“
    In einer Geste der Demut und der Unterwerfung fiel sie vor Ba’Al’T’Azar auf die Knie und riss das Dekollete ihres Gewandes auf, um ihm ihre nackte Brust zu präsentieren. „Erlöse mich, Seraph. Nimm dein Schwert und walte deines Richteramtes. Beende meine Qual. Ein für alle Mal.“
    Virginia wusste, dass ihr Spiel ein äußerst gewagtes und gefährliches war, aber so wie es aussah, hatte sie nichts mehr zu verlieren. Ba’Al’T’Azar zögerte. Das war ein Anfang.
    „Ich bin nicht gekommen, dich zu richten“, sagte er schließlich. „Das sollen andere tun, in den Tagen, die vor uns liegen. Ich bin nur wegen der Abgal hier. Wo ist sie?“
    Da kam Virginia eine Idee.
    „Darf ich dir etwas vorschlagen?“, fragte sie.
    „Sprich.“
    Virginia tat so, als müsse sie sich sammeln und überwinden, ihm ihren Vorschlag zu unterbreiten. „Wenn ich dir helfe, sie zu finden, wirst du mich dann von hier fortbringen?“, fragte sie dann.
    Er stutzte - dann legte er mit grübelnder Miene den Kopf auf die Seite. „Sag mir, Virginia, wohin soll ich dich denn bringen? Hier auf der Erde würde er dich überall finden, und in den Himmeln oben gibt es keinen Ort für solche wie dich.“
    Virginia sah ihn flehend an und schluchzte noch stärker. „Wenn du mich nicht fortbringen kannst, wirst du mich denn wenigstens von meinem Leid erlösen?“
    Ba’Al’T’Azar überlegte einen Moment lang. Schließlich sagte er: „Wenn du mir wirklich hilfst, sie und ihn zu finden, brauchst du vielleicht weder zu fliehen noch dich zu verstecken.“
    „Weil du ihn töten wirst und er mir nichts mehr antun kann“, stellte sie fest und bemühte sich, eine Spur Begeisterung in ihre Worte zu legen - und Erleichterung.
    „Ja“, sagte er. „Das werde ich. Also, sag mir, wo sind die beiden? Wo haben sie sich versteckt?“
    Virginia erhob sich, scheinbar schwach, und achtete darauf, ihr Gewand nicht wieder zu schließen. Sie hatte das lüsterne Funkeln in Ba’Al’T’Azars Augen sehr wohl bemerkt.
    Es war allgemein bekannt, welche Attraktion Engel auf Menschen ausübten; weit weniger bekannt jedoch war, dass das auch umgekehrt galt - dass Menschenkörper eine unglaubliche und mächtige Anziehungskraft auf Engel hatten. Virginia wusste das von Axel.
    „Komm mit mir“, flüsterte sie mit einer verschwörerischen Note und streckte die Hand nach der seinen aus. „Ich führe dich zu ihnen. Aber leise. Sie schlafen.“
    Ihre Bewegung war so natürlich und unschuldig, dass Ba’Al’T’Azar Virginias Hand wie automatisch ergriff und sich von ihr in Richtung des Wintergartens führen ließ. Er sah die Symbole, die überall eingraviert oder gemalt waren.
    „Daher konnte ich ihn hier nie entdecken“, erkannte er und trat über die Schwelle. „Und auch jetzt nicht.“
    „Er ist hier“, beeilte Virginia sich, zu versichern. „Sie beide sind

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