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Schwingen der Lust

Schwingen der Lust

Titel: Schwingen der Lust Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Riccarda Blake
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hoch über ihnen. Die Heiligkeit des altertümlichen Tempels war fast körperlich spürbar.
    „Wieso war ich bewusstlos?“, fragte Maggie mürrisch und erhob sich von dem sandigen Steinboden.
    „So konnte ich dich schneller hierherbringen“, sagte Tazz. „Wärst du wach gewesen, hätte die Geschwindigkeit dich zweifellos um den Verstand gebracht.“
    „Haben wir es denn so eilig?“, fragte sie - nicht unbeabsichtigt mit zynischem Unterton. Tazz’ drängende Haltung behagte ihr ganz und gar nicht.
    Seine Miene verfinsterte sich. „Ich habe Jahrtausende gewartet, Hüterin. Jede weitere Minute kommt mir vor wie eine unerträglich lange Ewigkeit. Je schneller du das Siegel öffnest, umso schneller wird alles wieder so, wie es einmal war.“
    „Wo ist das Siegel?“, fragte Maggie.
    „Komm mit.“ Tazz schritt in südöstlicher Richtung voran.
    Maggie betrachtete ihn und konnte nicht anders, als insgeheim zuzugeben, dass er mit seinen gewaltigen Schwingen, dem nackten muskulösen Oberkörper, den antik aussehenden Schwertern an seinem Gürtel und den langen blonden Locken wirklich aussah wie ein Gott aus längst vergessener Zeit.
    Sie ging ihm nach, und nach einer kleinen Weile verließen sie den Wald aus Säulen und kamen an einen kleinen, künstlich angelegten See. Er war geformt wie die Sichel des Mondes kurz vor Neumond. Tazz trat ans Ufer heran, breitete die Arme aus und murmelte etwas in der uralten Sprache, die auch Axel gesprochen hatte.
    Plötzlich begann das Wasser des Sees in der Mitte zu sprudeln. Zunächst nur ein wenig, dann immer heftiger; begleitet von einem tiefen, unterirdischen Grollen.
    Dieses Grollen machte die unheimliche Stille um sie herum auf seltsame Weise noch stiller ... noch unheilvoller. Maggie stellten sich die feinen Härchen im Nacken und auf den Unterarmen auf, und sie bekam eine Gänsehaut.
    Lange Sekunden verstrichen, in denen weiter nichts geschah.
    Dann aber: Etwas tauchte in der Mitte des Sees auf. Wie eine kleine Insel. Das Wasser lief daran herab. Schlagartig erkannte Maggie an der Form, was es war: ein etwa fünf Meter langer und zwei Meter breiter Sarkophag. Er war aus einem seltsamen Stein geformt, wie Maggie noch nie einen gesehen hatte und schimmerte gräulich ... wie Titan.
    Er sah unvorstellbar alt aus - und zugleich wirkte er, als stamme er aus einem Science-Fiction-Film.
    Tazz murmelte erneut in der alten Sprache, und gleich darauf hob sich ein etwa vier Fuß breiter Steg aus dem Wasser, der von genau dort, wo Tazz jetzt stand, zu dem Steinsarg hinüber führte.
    „Wer ist darin begraben?“, wollte Maggie wissen.
    „Hier ist niemand begraben“, winkte er ab.
    „Das ist ein Sarkophag, Tazz“, sagte sie bestimmt. „Natürlich ist darin jemand begraben.“
    „Das ist eine Tür“, erwiderte er. „Sie ist nur geformt wie ein Sarkophag.“
    „Warum sollte jemand eine Tür formen wie einen Sarg?“, fragte sie misstrauisch.
    „Das muss dich nicht interessieren“, antwortete er unwirsch. „Komm einfach mit.“
    Er betrat den Steg mit zügig großen Schritten, aber Maggie blieb stehen, wo sie war.
    „Was soll das heißen: ,Das muss mich nicht interessieren'?“, verlangte sie zu erfahren. „Es interessiert mich sehr wohl.“
    Tatsächlich hatte sie niemals vorgehabt, irgendetwas zu tun und schon gar nicht, ein Siegel zu öffnen, ohne sehr viel mehr Einzelheiten über die Wiederherstellung des Paradieses zu erfahren. Und auf gar keinen Fall würde sie einen Sarkophag öffnen; schon gleich zweimal nicht, wenn sie nicht wusste, wer darin begraben war, dafür aber merkte, dass Tazz es ganz absichtlich zu verschweigen schien.
    „Ich sagte, ,Komm mit‘!“, herrschte Tazz sie an, schaute ihr tief in die Augen und streckte eine Hand nach ihr aus.
    Gegen ihren ausdrücklichen Willen ging Maggie wie ferngesteuert los. Sie wehrte sich im Innern dagegen, und all ihre Gedanken heulten Alarm; aber es brachte nichts.
    Irgendeine unsichtbare, dafür aber umso mächtigere Kraft, die von Tazz’ herrischem Blick und seiner Geste ausging, zwang sie dazu, einen Fuß vor den anderen zu setzen und damit einen Schritt nach dem anderen über den schmalen, vom Wasser noch feuchten und rutschigen Steg zu tun - auf den Sarkophag zu, der, je näher sie ihm kam, eine immer unheimlichere, düsterere Aura ausstrahlte.
    Es schien ihr fast so, als würde er das Licht um ihn herum in sich hineinschlucken.
    Auch hatte sie plötzlich das Gefühl, dass es merklich kälter geworden

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