Schwingen des Vergessens
Caro. Ihre Seele würde in das Auswahlverfahren kommen und mit ein wenig Glück oder Pech, egal wie man es nennen wollte, würde sie von den Dämonen ausgewählt werden. Jedoch würde sie dann eine ganz andere Erscheinung bekommen und nie wieder was mit dem Mädchen zu tun haben. Es war mehr als nur schade, doch sie konnte rein gar nichts daran verändern. Die Tatsache, dass sie hier und jetzt ihre Mutter zum allerletzten Mal sehen würde, war mehr als nur erschreckend. Aber vor allem traurig.
„Weißt du eigentlich, was mit mir passiert ist?“ Fast übersehbar schüttelte die Mutter den Kopf und streckte in Zeitlupe die Hand aus. Leider glitten ihre Finger wie durch Rauch, Amelie war nicht körperlich da, nur geistlich.
„Nein, mein Liebes. Ich weiß es nicht, aber ich kann mir vorstellen, was passiert ist. Es war schließlich ein riesiges Szenario. Sie haben dich am Fuße eines riesigen Hochhauses gefunden, du bist runter gefallen. Ich will dich jetzt gar nicht fragen, warum du das getan hast, sondern was du dabei gefühlt hast. Hattest du nicht in Gedanken, dass ich dich vielleicht mehr als alles andere vermissen würde?“
„Du denkst da was Falsches, ich hab nicht Selbstmord gemacht.“ Was redete ihre Mutter da? Natürlich hatte sie sich nicht selbst umgebracht, das würde sie schließlich nie tun.
„Das ist okay, ich will dir jetzt kein schlechtes Gewissen mehr geben, aber ich frage mich nur, warum du das getan hast.“
„Ich hab es nicht getan, ich wurde gestoßen“, brachte sie verzweifelt hervor. „Warum glaubst du mir nur nicht?“ Caro öffnete kurz den Mund, schloss ihn jedoch gleich wieder. Wahrscheinlich fehlten ihr die Worte, das Erscheinen von Amelie war auch mehr als gruselig.
„Du kannst jetzt gehen.“
„Was!? Ich will aber noch nicht gehen. Warte, ich muss ja noch mit dir reden und dir klarmachen, dass ich es nicht selbst getan habe.“
„Du kannst gehen.“
„Karoline, bitte, hör mir zu. Ich hab mich nicht selbst getötet, das würde ich niemals tun! Dafür lieb ich dich zu sehr.“ Panik kroch in ihr hoch, sie wollte das noch klären, unbedingt, denn dies war wohl ihre letzte Chance, irgendwas klar zu stellen.
„Du kannst gehen.“ Amelie wollte nicht gehen, auch wenn Caro es noch so oft wiederholen würde. Doch sie wiederholte die drei Worte immer wieder und wieder, schon beinahe mechanisch. Mit Tränen in den Augen erhob das Mädchen sich und drückte ihrer Mutter einen allerletzten Kuss auf die Stirn. Ihre Hand zitterte nur mehr, als Karoline sachte über ihre Wange strich, jedoch beinahe hindurch tastete.
„Geh mein Liebes. Dein Weg ist lange, aber du wirst das schaffen. Ich werde dir dann helfen, wenn ich soweit bin. Bitte vergiss mich nicht.“ Langsam stolperte Amelie ein paar Schritte rückwärts und verließ den Raum. Es fiel ihr mehr als nur schwer, doch zumindest halfen ihr die Worte ihrer Mutter zumindest ansatzweise.
„Ich werde dich nie vergessen, bitte sei nicht böse auf mich“, rief sie noch in den Türrahmen, bevor sie auf die Straße hinaus trat. Amelie tat ihre Schritte langsam, im Gedanken dabei, dass sie sie das allerletzte Mal tun würde. Nie wieder würde sie diese Treppen hier hinunter steigen. Nie wieder würde sie das Gartentor öffnen und nie wieder würde sie dieses Haus verlassen können. Nach ein paar schwindeligen Schritten, hielt sie inne und atmete tief durch. Wie sie zurück nach Icasan kommen wollte, war zuerst eine Frage, welche sich aber sofort löste. Ein paar Sekunden, die sie die kühle Nachtluft einatmete, begann die Welt um sie herum zu flimmern und dann war alles wieder schwarz.
4.6 ~*~ Zurück in Icasan
Seufzend sah Amelie sich um, die Verbindung war vorbei, sie war wieder zurück in Icasan. Es war so kurz. Tränen stiegen ihr in die Augen und tropften bereits ihre Wange herab. Doch sie musste weg.
„Danach kannst du weinen, besser, du verschwindest von hier“, redete sie sich selbst zu während sie leicht schwindelig aufstand. Wie lange sie in die Kugel eingetaucht war, wusste sie nicht, doch es mussten bestimmt mehr als fünf Minuten gewesen sein. Und das war bestimmt auch genug. Eilig rappelte sie sich hoch, ein letzter Blick auf die Scherben der Kugel und dann schnell weg. Zirka einen Meter über dem Boden schwebte sie auf den rettenden Ausgang zu, nochmal Glück gehabt. Damian wartete bereits und empfing sie mit einem erleichterten Lächeln, anscheinend hatte er sich auch Sorgen gemacht. Zusammen
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