Schwingen des Vergessens
fühle, dass du Schweres durchgemacht hast, aber ich will wissen, was. Ich bin immer neugierig, ja, das bin eben ich, aber da muss irgendetwas geschehen sein, das dein Leben von Grund auf verändert hat und ich will wissen, was es war.“ Geschockt atmete Amelie tief durch, es fühlte sich seltsam an, dass jemand sie so dreist drauf anredete. Innerlich hatte sie sich immer gewünscht, dass sich jemand für sie interessierte, allerdings hatte sie es sich anders vorgestellt. Sie hatte Angst, dass er es herum erzählen würde. Daher reagierte sie abweisend, im Grunde genommen war sie einfach nicht mutig genug, sich irgendjemandem anzuvertrauen, jeder konnte sie verraten. Glücklicherweise hatten es die, denen sie sich anvertraut hatte, noch nicht getan, denn sonst würde ihr Leben wohl anders aussehen. Ob besser oder schlechter, Amelie wusste es nicht, aber es hätte sich verändert.
Wolfsmädchen: Nichts. Da war nichts.
Unknown: Lüge mich nicht an, ich weiß ja, dass du nicht so bist wie die anderen und da gibt es IMMER einen Grund dafür.
Wolfsmädchen: Lass mich bitte in Ruhe, es geht dich nichts an, lass mich einfach. Und hör auf mein Profil zu durchwühlen, egal aus welchem Grund.
Unknown: Warum vertraust du mir nicht einfach? Hab ich jemals was Böses zu dir gesagt? Ich erinnere mich an keinen einzigen Moment.
Wolfsmädchen: Versteh mich doch einfach. Ich will dir nichts sagen, weil es da nichts gibt, was dich irgendwie nur im Geringsten etwas angehen würde. Stalke irgendwelche anderen Leute, aber nicht mich. Meine Vergangenheit geht dich nichts an und Punkt. Und warum sollte ich dir vertrauen? Ich weiß ja nicht mal deinen Namen. Zweitens kenne ich dich seit ein paar Stunden, da hättest du gar nicht viel Böses machen können, auch wenn du es wirklich gewollt hättest…
Unknown: Damian, ich heiße Damian.
Wolfsmädchen: Aha. Okay, jetzt weiß ich deinen Namen, aber es geht dich immer noch nichts an. Wenn du das jetzt bitte verstehen würdest. Tschüss, melde dich bitte nicht mehr bei mir, ich werde dir sowieso nicht zurück schreiben.
Unknown: Dann bye. Aber du wirst mir zurück schreiben, da bin ich mir vollkommen sicher…
Schaudernd schloss Amelie das Gespräch und starrte eine Weile geradeaus auf den Bildschirm. Tausende Gedanken ratterten ihr durch den Kopf, Möglichkeiten und Ängste.
„Was ist, wenn er wirklich nur etwas Gutes für mich tun wollte?“, stellte sie sich die Frage, ihr Herz stimmte mit ein, doch ihr Verstand und ihre Vernunft machten jeden Versuch auf eine Einigung unmöglich. Natürlich war Unknown wirklich nett zu ihr gewesen, er hatte sich für sie interessiert wie kein anderer, aber schlussendlich war er immer noch ein fremder Kerl, den sie nicht kannte und auch nie kennenlernen würde. Seufzend setzte sie sich zurück in den Sitzsack, der noch mehr kleine Kügelchen verloren hatte, beinahe, um sie zu ärgern.
Liebes Tagebuch,
ich weiß, ich mache viele Fehler, manche größer, manche kleiner, aber ich bin mir fast immer sicher, ob es ein Fehler war oder eben nicht. Nun bin ich mir nicht mehr sicher. Gar nicht mehr.
Ich hab die Unterhaltung mit Unknown beendet, einfach so, er hat sich zu viel für mich interessiert, das ist meine Begründung. Wenn ich sie jetzt so vor mir stehen sehe, kann ich es gar nicht fassen, warum bin ich nur so blöd? Endlich interessiert sich mal ein Junge für mich, auch wenn er ein Nerd ist, und ich sage, dass ich es nicht mag, wenn sich jemand für mich interessiert? Wollte ich nicht immer genau das? Wie du siehst, bin ich mehr als nur verwirrt, schon klar, Unknown fragte mich wegen meiner Vergangenheit aus. Wahrscheinlich tat er es nur aus Mitgefühl, aber ich hab das wieder einmal vollkommen falsch aufgegriffen. Natürlich ist er böse und will mir bestimmt nur Schlechtes, was habe ich mir nur dabei gedacht? Damian wollte mir nichts Schlechtes und er hat geschrieben, dass ich bestimmt wieder zurück schreiben werde, wenn er sich noch mal bei mir meldet, aber da bin ich mir selbst nicht so sicher. So wie ich bin, werde ich morgen schon wieder vor seinem Profilbild sitzen und ihn anstarren, aber vorerst werde ich noch schmollen, er soll wenigstens spüren, dass ich nicht so leicht zu haben bin. Und dass man mit mir nicht spielen soll. Er hat selbst gesagt, ich sei nicht wie alle anderen…das soll er mir erstmal beweisen!
1.9 ~*~ Die Zeichnung
Amelie grinste und ließ sich im Schneidersitz wieder in der Nische
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