Schwingen des Vergessens
Hilfe sein könnten, keine Verwandten, die sich nur ansatzweise für sie interessieren.
In diesem Moment ertönte ein Rufen in der Garderobe, Karoline war wohl zurück, sie schleppte sich erschöpft ins Wohnzimmer und nickte ihrer adoptierten Tochter nur kurz zu. Sie sah müde aus, normalerweise war singen nicht so anstrengend, doch Ausnahmen gab es auch in diesem Bereich bestimmt.
„Ich hab schon gegessen“, rief Amelie ihr nach, als sie schon wieder kochen gehen wollte, sie sollte sich endlich einmal entspannen und nicht immer nur an ihre Tochter denken.
„Nein, nein, ich koche erst später, auf was hast du Hunger?“
„Gar keinen, geh lesen, mach irgendwas, aber nichts für mich.“ Verständnislos ließ die Frau sich auf dem Küchentisch nieder und blinzelte ein paar Mal.
„Bist du wütend auf mich, weil ich so lange weg war?“
„Nein, natürlich nicht. Ich bin wütend, dass du nie auf dich schaust, du hast schließlich auch noch ein Leben, nicht nur mich“, widersprach Amelie ihr, stand mit einem Zögern auf und legte ihr instinktiv einen Arm auf die Schultern.
„Okay, und was soll ich deiner Meinung nach machen?“
„Hab ich bereits gesagt, geh lesen.“
„Ich hab kein Buch, ich lese nur so selten.“ Ein Geistesblitz kam dem Mädchen, es war traurig bereits darüber nachzudenken, doch es musste wohl so sein. Irgendwann würde Damian sie mit nach Icasan nehmen, darin war sie sich sicher, es war nur die Frage, wie lange es dauern würde. Oder ob er überhaupt die Wahrheit sprach. Die Möglichkeit, dass er doch die ganze Zeit nur Schwachsinn redete, schwebte allerdings auch noch in ihrem Kopf herum. Vielleicht würde Caro dann besser verstehen, warum sie weg war, einen Versuch war es auf jeden Fall wert. Und von Anfang an würde sie den Sinn sowieso nicht verstehen, erst nach und nach, wenn Amelie später einmal nicht mehr da wäre. Die Vorstellung war mehr als nur schrecklich, nur grausam.
„Ich hätte da ein Buch, besser gesagt hast du es mir gekauft, es hat mir gut gefallen, vielleicht magst du es ja auch lesen?“, meinte sie, es war mehr eine Feststellung als eine Frage. Karoline würde das Buch schon alleine ihr zuliebe lesen, auch wenn es ihr selbst nicht nur ansatzweise gefallen würde.
„Okay, bringst du es mir?“ Sie nickte und hastete eilig in ihr Zimmer. Nachdem sie ihrer Mutter das Buch überreicht hatte, setzte sie sich in den Sitzsack und nahm ihr Tagebuch zur Hand. Es war wirklich Zeit, ihre Gedanken mal wieder loszuwerden.
Liebes Tagebuch,
jetzt versteh ich noch weniger. Von Tag für Tag erfahre ich mehr und sollte dadurch wahrscheinlich auch schlauer sein, aber das Gegenteil ist der Fall. Ich checke gar nichts mehr, ich blicke einfach nicht mehr durch.
Das heute war total Magic, auf einmal hat sich Damian verwandelt, seine Augen wurden schwarz, seine Haare grau… Und ich kann einfach nicht fassen, was da passiert ist. Irgendwann werde ich diesen Eintrag wahrscheinlich wieder lesen und darüber lachen, wie unwissend ich damals war, doch in diesem Moment weiß ich so gut wie gar nichts mehr. Damian ist NICHT normal, keineswegs, er ist sogar total verrückt. Wenn ich von ihm in Fernsehen hören würde, würde ich ihn sofort als Psycho abhaken, um das einmal klar zustellen. Doch leider ist er hier bei mir, er weiß wo ich wohne und ist anscheinend doch kein Hacker. Er ist auf einmal ein Zauberer, der Leute ansehen muss und dann sofort alles über sie weiß. Einen Versuch hab ich ihm gegeben und er hat richtig beantwortet, zumindest glaube ich das. Genau wissen kann man das ja nie. Aber der Knaller kommt erst:
Er behauptet, dass ich genauso magic, gruselig und psychisch gestört wie er bin. Dass ich die gleichen Fähigkeiten wie er habe, wenn nicht sogar mächtigere!!!!!!!!!!
Es kann einfach nicht sein, ich bin kein Dämon und auch kein Engel. Ich bin ein Mensch, ein normaler Mensch wie alle anderen, ich verstehe das alles nicht. Er kann doch nur lügen, bestimmt wollte und will er mir nichts Gutes, aber ich schaffe es einfach nicht, ihn aus meinen Gedanken zu verdrängen. Schon irgendwie blöd, wenn man die ganze Zeit an eine Person denken muss, die man vergessen sollte. Es wäre ja schön und gut, wenn ich nur wegen Gefühlen oder so an ihn denken würde, jedoch fühle ich einzig und allein pure Angst. Damian sagte, ich müsste irgendwann auch nach Icasan, da es hier zu gefährlich für mich wäre. Aber ich wohne hier seit 4 Jahren (seit meiner Kindheit kann ich
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