Schwur der Sünderin
nüchtern.
»Dann werde ich ihnen schon bald einen Besuch abstatten müssen«, sagte Hauser ernst.
Die drei Männer warteten, bis Nehmenich und seine Tochter in der Dunkelheit verschwunden waren. Erst dann gingen sie zurück ins Haus.
»Was sollen wir jetzt machen, Vater?«, jammerte Susanna, als sie aus dem Sichtfeld der Männer waren.
»Halts Maul, du dummes Weibstück! Ich werde morgen zu Ullein gehen und ihm davon berichten, dann soll er die Hofmeister-Brut einsperren lassen«, nuschelte er und spuckte Blut in den Schnee.
»Hast du keine Angst, dass sie uns umbringen?«
»Dumme Gans«, schimpfte er. »Sie werden sich nicht trauen, uns zu schaden.«
Nehmenich konnte vor Schmerzen kein Auge zumachen und stand vor dem Morgengrauen auf. Als seine Frau erwachte und wissen wollte, wohin er ging, schnauzte er: »Das geht dich nichts an!«, und verließ das Haus.
Die eisige Luft ließ seine Lungen und die gebrochene Nase brennen, doch zum Glück war der Weg bis zum Haus des Quacksalbers nicht weit. Nehmenich hämmerte gegen die Holztür, bis Fleischhauer öffnete.
»Wer ist da?«, fragte er und stieß einen leisen Pfiff aus, als er das blau geschwollene Gesicht des Bauern vor sich sah. »Komm herein«, forderte er ihn auf und trat einen Schritt zur Seite.
Adam Fleischhauer war am Küchentisch eingeschlafen, nachdem er wie jeden Abend sein Selbstmitleid ertränkt hatte. Sein Genick schmerzte von der unbehaglichen Schlafstellung, und sein Schädel brummte von dem billigen Gebräu.
»Was willst du?«, fragte der Arzt den frühen Gast.
Ohne zu fragen, goss sich Nehmenich einen Becher mit dem restlichen Schnaps voll und zischte: »Sieht man das nicht?«
»Bist wohl in eine Schlägerei geraten«, stellte Fleischhauer ungerührt fest und besah sich die gebrochene Nase. »Sie wird schief werden«, erklärte er.
»Du sollst sie richten«, forderte der Bauer.
»Dafür ist es zu spät«, sagte Fleischhauer und hielt ihm einen kleinen Spiegel vor.
Erst jetzt sah Nehmenich sein übel zugerichtetes Gesicht und fluchte: »Diese verdammten Hofmeisters!«
Fleischhauers Neugierde war geweckt, was er dem Bauern jedoch nicht zeigte. Er ging gleichgültig zu dem Regal mit den Tinkturen. »Ich rühre dir eine Salbe aus Arnika an, die löst den Bluterguss auf. Morgens, mittags und abends schmierst du dir damit das Gesicht ein. Besonders die Nasenflügel.« Er stellte verschiedene Töpfchen auf den Tisch und fragte Nehmenich: »Wie willst du mich bezahlen?«
»Setz es Ullein auf die Rechnung«, grunzte der Bauer und kippte den nächsten Schnaps hinunter.
Während der Arzt die Arzneien vermengte, fragte er: »Warum haben die Hofmeisters dir die Nase gebrochen?«
»Was geht dich das an?«, schimpfte der Bauer und starrte vor sich hin. Dann lachte er hämisch auf und frohlockte: »Sie hätten mich totschlagen können, und ich hätte ihnen nicht verraten, dass Veit bereits heute nach Kaiserslautern gebracht wird.«
»Er sollte erst in ein paar Tagen dorthin gebracht werden«, sagte Fleischhauer erstaunt.
»Der Grundherr hat vom Richter verlangt, dass er ihn heute bringt, weil der Schwager des Fürsten das Verhör übernehmen will.«
Fleischhauer zeigte auf die Salbe und erklärte: »Wenn du sie sofort auf die Nase aufträgst, schmerzt der kalte Wind nicht.«
»Gib her«, raunzte der Bauer und riss den Tiegel an sich. Mit den Fingerkuppen entnahm er reichlich Salbe und rieb sie sich grob über die Nase. Im selben Augenblick jaulte er auf: »Verdammt! Das schmerzt.«
Fleischhauer hatte damit gerechnet und schlug vor: »Ich habe ein Mittel, das dir sofort den Schmerz nehmen wird.«
»Frag nicht und gib es mir!«, jaulte Nehmenich, dem die Tränen die Wangen herunterliefen. »Ich flenne wie ein Weibsbild«, klagte er laut.
Fleischhauer nahm Anna Marias Glasfläschchen und zählte mehrere Tropfen in einen Becher, die er mit Schnaps verrührte. Nehmenich schluckte das Gebräu und verzog angewidert das Gesicht, sodass die Nase erneut schmerzte.
»Was ist das für ein Teufelszeug?«, nuschelte er.
»Du wirst sehen, es hilft rasch«, erklärte Fleischhauer.
Schon bald wirkte das Mittel, und Nehmenich entspannte sich.
»Das wirkt Wunder«, lallte er und grinste. Dann sank sein Kopf auf die Tischplatte.
»Geschafft«, murmelte Fleischhauer und atmete erleichtert aus. Er zog sich seinen Umhang an und schaute ein letztes Mal
auf Nehmenich. Als er die Tür hinter sich zuzog, konnte er sich ein Lachen nicht verkneifen.
Auf
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