Schwur der Sünderin
Augusttages zuließ, zum Gehöft der Hofmeisters zurück, um eine Schaufel und einen Eimer zu holen. Außerdem suchte er nach einem Beil.
Es war bereits später Mittag. Um diese Zeit würde das Gesinde ebenso wie die Bauersleute seine Sonntagsruhe halten und Veit nicht bemerken. Mit Schaufel, Eimer und Beil rannte er über die Koppeln zurück in den Wald.
Veit folgte dem Bachlauf, der über die Weide floss und zwischen den Bäumen verschwand. Tief im Wald, wohin sich kaum jemand verirrte, fand er eine Mulde in der Nähe des Bachbetts, die er mit der Schaufel zu einem breiten Loch vertiefte, sodass das Fell ausgebreitet hineinpassen würde. Dieses Erdloch kleidete er mit Ästen aus, denen er zuvor die Rinde abgezogen hatte. Er verdichtete die Zwischenräume der Zweige mit Schlamm. Danach schöpfte er mit dem Eimer Wasser aus dem Bach und füllte das Loch, um anschließend das Fell hineinzulegen. Eine Lage Tannenzweige machten die Mulde und das Fell unsichtbar.
Veit lief mit dem Beil in der Hand zum Rand des Waldes, wo mehrere alte Eichen standen. Ächzend kletterte er einen Baum hoch und hackte dicke Äste ab, die krachend zu Boden fielen. Er schälte die Rinde von den Eichenästen und schleppte die Borke zu einem großen Findling in der Nähe der Mulde.
Veit breitete die Rinde auf dem Stein aus und zerkleinerte sie, bis sich die natürlichen Gerbstoffe lösen konnten. Dann vermischte er das Wasser in der kleinen Grube mit der Rinde. Er nahm einen kräftigen Ast und drückte das Fell mehrmals in dem Sud unter, bis es mit der Flüssigkeit vollgesogen war und auf dem Boden der Mulde lag.
Veit erhob sich aus der unbequemen gebückten Haltung und streckte den Rücken. Einzelne Wirbel knackten. In einigen Monaten kann ich das Fell wieder herausnehmen und als Umhang nutzen, dachte er.
Misstrauisch blickte Veit sich um. Obwohl er niemanden sehen konnte, glaubte er, beobachtet zu werden. Veit streckte sich nach allen Richtungen und ließ dabei den Blick umherschweifen. Doch niemand war zu erkennen.
Langsam ging er den Weg zurück, den er gekommen war. Den Körper des Wolfes ließ er liegen, denn andere Tiere würden dafür sorgen, dass bald nur noch Knochen übrig blieben.
Das Fuhrwerk hatte den Hofmeister-Hof erreicht. Anna Maria war sprachlos, und Peter traute sich kaum, seine Schwester anzublicken. Nachdem er ihr seine Wünsche, Hoffnungen und Träume anvertraut hatte, herrschte Stille zwischen ihnen. Stumm stieg Anna Maria vom Kutschbock des Gefährts.
Peter spannte das Pferd aus und führte es in den Stall. Dort gab er ihm zu saufen und rieb es trocken. Anna Maria stellte sich neben ihren Bruder, der nach frischem Stroh griff, um das Fell des Tieres abzureiben.
»Wir müssen mit Jakob sprechen«, flüsterte sie. »Es ist Zeit, dass er davon erfährt.«
Peter blickte seine Schwester an. Als er ihren Blick sah, erhellte ein erleichtertes Lächeln sein Gesicht.
Kapitel 5
Es war einer dieser heißen Tage im August, der schon am Morgen die Luft zum Flimmern brachte. Jakob überprüfte seit den frühen Stunden die Zäune der großen Weide, da er vor der Mittagshitze mit seiner Arbeit fertig sein wollte. Endlich hatte er den letzten Pfahl, der von den Knechten erneuert werden musste, mit einem Band gekennzeichnet.
Jakob rieb sich mit einem Tuch den Schweiß von Stirn und Genick. Als ein Habicht über ihm aufschrie, blinzelte er kurz zum Himmel und nahm einen gierigen Schluck Wasser aus der Tonflasche. Mit der Handfläche wischte sich Jakob die Wassertropfen von den Lippen und betrachtete nachdenklich den Zaun.
Er bestand zwar aus breiten Brettern, doch die würden die Wölfe nicht abhalten. Mit Leichtigkeit könnten die Tiere über den Zaun springen oder darunter durchkriechen. Erst vor wenigen Tagen hatten die Bestien im Nachbarort weitere Tiere gerissen – darunter die einzige Ziege des Schmieds. Die Männer aus den umliegenden Orten hatten sich zusammengetan, um die Wölfe zu jagen, doch vergebens. Nicht einmal Pfotenabdrücke konnten sie ausmachen, da der Boden durch die Dürre des Sommers ausgetrocknet war.
»Wir müssen das Vieh jede Nacht in den Stall sperren. Nur da ist es sicher«, sprach Jakob zu sich selbst und blickte zurück. Zufrieden stellte er fest, dass nur wenige Pfähle erneuert werden mussten. »Zum Glück bin ich mit meiner Arbeit fertig«, murmelte er und fasste sich an die Schläfen, denn das Pochen hinter seiner Stirn wurde stärker.
Seit Jakob als junger Bursche von einem Pferd
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