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Schwur der Sünderin

Schwur der Sünderin

Titel: Schwur der Sünderin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: D Zinßmeister
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müssen sterben.«
    Veit erkannte, dass der Knabe nachplapperte, was er von den Erwachsenen gehört hatte. »Pass auf, dass du dich nicht erneut mit dem Messer schneidest«, fauchte er und verließ die Scheune.
    Ohne sich umzusehen, rannte er über den Hof in Richtung Wald und hoffte, dass ihm niemand begegnen würde.
     
    Veit kniete mit einem Bein im feuchten Waldboden und besah sich die Abdrücke. Es waren kleine und große Pfoten zu erkennen, trotzdem konnte er nicht feststellen, wie viele Tiere zu dem Rudel gehörten, denn ein Wolf folgte dem anderen und trat mit seinen Hinterpfoten direkt in die Abdrücke seiner Vorderpfoten.
    Ein feines Lächeln umspielte Veits Lippen, als er mit den Fingerspitzen die Linien des Abdrucks nachzeichnete. Doch dann krampfte sich sein Herz zusammen, denn an Zweigen und Blättern waren Blutspritzer zu sehen. Veit tupfte mit dem Finger in einen besonders großen Blutfleck. »Also hat der alte Steiner doch getroffen«, murmelte er und blickte sich suchend um. Dann reckte er wie ein Wolf die Nase in die Höhe und schnupperte in der Luft. Veits Sinne hatten sich in den Jahren, in denen er mit und unter Wölfen gelebt hatte, geschärft. Seine Sehfähigkeit war besser als die der meisten Menschen, und er bemerkte Kleinigkeiten, die andere übersahen. Veit war feinfühlig geworden und erfasste Veränderungen rasch. Und er war fähig, den Geruch von Tieren wahrzunehmen.

    Er schloss die Augen und drehte den Kopf in alle Richtungen. Dabei sog er die Luft durch die Nase tief in seine Lunge. Plötzlich stockte er und verharrte bewegungslos. Er pumpte einige Male den Atem ein und aus, um die Nase frei zu bekommen. Dann nahm er einen tiefen Atemzug.
    Langsam öffnete Veit die Augen und blickte in die Richtung, aus der süßlicher Mief zu ihm wehte. Es roch nach Tod und beginnender Verwesung.
    Veit ahnte, was ihn erwarten würde, und er wusste, dass er zu spät kommen würde. Trotzdem rannte er los. Mit leichten Sprüngen überwand er Baumstämme, die ihm als Hindernisse im Weg lagen, und rutschte auf dem Hosenboden einen Abhang hinunter. Der Gestank wurde stärker. Dann sah er die Ursache. Er sank in die Knie und schrie vor Seelenpein.

    Peters Kopf ging es besser, sodass er auf der Rückfahrt das Lenken des Fuhrwerks übernehmen konnte. Während das Pferd langsam in Richtung Mehlbach schritt, saßen die Geschwister schweigend nebeneinander.
    Peter begann von einem Vorschlag des Oheims zu erzählen, doch Anna Maria hörte nicht zu, sondern dachte an Veit und die Wölfe.
    »Was hältst du davon?«, fragte Peter schließlich.
    Erschrocken blickte sie ihn an. »Entschuldige, aber ich habe nicht zugehört.«
    Peter zog seine Stirn in Falten und schaute sie von der Seite an. »Hast du geschlafen, während ich dir mein Herz ausgeschüttet habe?«, fragte er.
    »Es tut mir leid!«, stotterte sie. »Ich war in Gedanken«, versuchte sie sich zu entschuldigen. »Erzähl es mir erneut, und ich höre dir zu«, versprach sie und hob ihre beiden Schwurfinger in die Höhe.
    »Ich habe dich um deinen Rat gefragt«, schmollte Peter, »denn Oheim Willi hat mir ein Stück Land angeboten, das an unseren Besitz grenzt. Es ist groß genug, um dort ein Haus zu bauen und Ackerbau zu betreiben.«
    Erstaunt blickte Anna Maria ihren Bruder an. »Ich wusste nicht, dass du dich mit dem Gedanken trägst, unseren Hof zu verlassen.«
    »Es gibt nur wenige Möglichkeiten für einen Zweitgeborenen, Anna Maria. Entweder geht er in die Fremde und kämpft tagtäglich ums Überleben, oder er gründet eine eigene Familie, was er nur kann, wenn er geldmäßig dazu in der Lage ist. Die wenigsten sind das und bleiben deshalb als unverheiratete Oheime auf dem Hof, wo sie von allen bemitleidet werden. Da wir nicht arm sind, kann Jakob mir mein Erbe auszahlen, sodass mir das Schicksal des unvermählten Bruders erspart bleibt und ich das Land kaufen kann.«
    »Und wen willst du heiraten?«, fragte Anna Maria und tat unwissend, obwohl sie es ahnte.
    Lange bevor Peter mit Matthias in die Fremde gezogen war, hatte er von der jungen Susanna geschwärmt. Zwar konnte er sich ihr nicht erklären, denn Peter wusste, dass sein Vater diese Verbindung nicht billigen würde. Daniel Hofmeister hatte Streit mit dem Vater der jungen Frau, denn der hieß Karl Nehmenich und passte nicht zu den Hofmeisters.
    Anna Maria erkannte in Peters Blick, dass sie sich nicht täuschte, und schwieg.
    Schließlich fragte ihr Bruder: »Du scheinst von meinem Plan nicht

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