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Schwur des Blutes

Titel: Schwur des Blutes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Madea Stephanie
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einer alltäglichen Bedächtigkeit, die ihr einen Schauder über den Rücken jagte, griff sie in ihre Innentasche und verbarg die Pistole mit der freien Hand. Cira zuckte nicht mit der Wimper. Derweil konnte sie auf zwanzig Yards ins Schwarze treffen – dank ihres geduldigen Lehrers und der richtigen Waffe. Eine Glock mit Kaliber 45. Klein, leicht und durch ‚Safe Action‘ stets gesichert, außer, sie zog den Abzug. Inzwischen fühlte sie sich mit dem durchschlagkräftigen Argument in den Fingern wie eine verbundene Einheit.
Jonas trat vor. Der Nesuferit hob ruckartig den Kopf. Neongrüne Augen mit vertikal geschlitzten Pupillen stierten Jonas an. Ciras Hand mit der Schusswaffe zuckte im Verborgenen. Sie würde dem Scheusal das Gehirn rauspusten, bevor er auch nur einen Schritt auf Jonas zukam. Sie wäre schneller. Sie legte den Finger auf den Abzug. Die Gift sprühenden Iris richteten sich auf sie. Cira zog die Pistole, lenkte sie mit beiden Händen und ausgestreckten Armen auf die blutverschmierte Fratze. Ins Rote oder ins Schwarze, sie würde treffen! Ein Windstoß zerzauste ihr Haar, bauschte den Umhang des Dreckskerls auf. Ein fürchterliches Quietschen erfüllte die Luft und der Nesuferit war fort.
Jonas stand neben ihr, ehe sie nach Atem ringen konnte. Er verdeckte die Glock mit seinem Oberkörper, schob ihren Zeigefinger mit geübtem Griff vom Abzug, ohne sie ihr abzunehmen. Dann endlich umarmte er sie. Er zitterte. Und drehte sie …
Ruckartig trennte sie sich aus seiner kräftigen Umarmung. „Ich zittere. Warum du?“ Jonas war ein Vampir, die zitterten nicht … nicht, dass sie wüsste.
„Lass uns in den Wagen steigen und fahren.“
Er fasste sie am Arm, doch Cira blickte sich dennoch um und keuchte auf. Jonas packte sie fester und zog sie sanft mit sich.
„Es wird sich gleich jemand um sie kümmern. Ich verspreche es dir. Sogleich, ganz rasch, keine Sorge.“
Seine raue Stimme holte sie zurück auf die Erde. Eine Träne rann ihr über die Wange. Wie steifgefroren setzte sie sich auf den Beifahrersitz. Ein Mädchen, keine zehn, in einer privaten Schuluniform, ihr Brustkorb mit roher Gewalt auseinandergebrochen, um … um aus ihrem … Cira schluchzte und Jonas nahm sie in den Arm, bis sie sich beruhigt hatte. Eine Erinnerung wühlte sich durch ihren Gram, sie entsann sich seiner seltsamen Reaktion.
„Jonas?“
„Ja, Engel?“
„Was war das für ein Wesen? Er sah aus wie …“
Jonas rieb sich die Stirn, als hätte er Kopfschmerzen. „Ja, ist er auch.“
„Ein Vampir …“, flüsterte sie und schluckte. „Was hat ihn geholt? Was hast du gesehen? Es ging zu rasch für meine Augen.“
Jonas drückte sie fest an sich und sprach gedämpft in ihr Haar. „Ich sah eine kleine Frau mit wehenden rot-orangefarbenen Locken. Sie packte den Nesuferit im Nacken und verschwand.“
„Welche Spezies?“
„Eine Hexe.“
„Wie konnte sie so schnell sein? Sich in Luft auflösen?“
„Ich habe so etwas noch nie erlebt. Ich glaube, sie hat sich entmaterialisiert; mit dem Nesuferit.“
„Du meinst … von der Materie losgelöst?“
Er nickte. Polizeisirenen ertönten.
„Aber das hat dich nicht so verstört.“
Jonas gab ihr einen innigen Kuss, der seine ruhige Miene Lügen strafte, und lenkte den Wagen über den Fußgängerweg aus dem Fahrzeugchaos. „Richtig.“
„Was? Sag’s mir.“
Jonas blickte sie aus den Augenwinkeln an. „Ich sah die rechte Hand der Hexe. Sie trug einen Ring am Mittelfinger. Mit Diamantfassung und einer blassen weißgelben Kugel.“
    ~~
    Timothy lehnte sich an die grob behauene, verkohlte Wand und schloss die Augen, um zum x-ten Mal hoch konzentriert seine Sinne durch die unbeleuchteten Korridore zu schicken. Seit Stunden schlich er durch die Säle des Opera Houses, untersuchte die Toiletten, Abstellräume und Umkleidekabinen, suchte die Kellerräume und langen Verbindungsflure ab, sandte sein Empfinden in die Abwasserkanäle. Nichts. Besonders in den von Jonas erwähnten Gängen tief unterhalb der Spielstätte hatte er gesucht. Sie hatten das verheerende Erdbeben und das Feuerinferno von 1906 überstanden, obwohl beinahe ganz San Francisco vernichtet worden war. Zum Glück lebte seine Familie damals bereits in dem außerhalb der City liegenden Landhaus. Die Erinnerung an die Zeit schmerzte, wenngleich sie keinen aus ihrer Sippe verloren hatten. Freunde hatten sie nicht, soweit er wusste, allenfalls ein paar Bekannte. Sein Vater und er hatten tagelang gekämpft, um Mensch und

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