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Science Fiction Almanach 1981

Science Fiction Almanach 1981

Titel: Science Fiction Almanach 1981 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H. J. Alpers
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meine Frau – jetzt …“ Ganz sanft nahm er ihr den Schleier ab und entfer n te den Stoff von ihrem Haar. Ihr Haar fiel über ihre Schu l tern herab, und er füllte seine Hände damit. „Wie gesponn e nes Kupfer … gesponnenes Gold … wie Flammen …“ Sie stand sehr still. Seine Hände fanden endlich die Träger ihres ledernen Unterkleides und lösten sie; seine Stimme war he i ser. „Ich … möchte dir nur sagen – heute in der Stadt warst du die schönste Frau, die ich sah.“
    Wie Flammen … Sie hörte nichts mehr sonst. In ihrer Hochzeitsnacht lag sie bei ihrem Gemahl und träumte, der Mann, der sie in seinen Armen hielt und liebte, sei jemand anders.
    Die Tage vergingen, wurden zu Wochen und Monaten; die Winterzeit kam über Sanpedro. Amanda verhielt sich, wie ihr Ehemann es wünschte und wie sie es immer getan hatte, selbstbewußt zuerst, doch dann nach einer gewissen Zeit, selbstverständlich und dankbar – als sie erkannte, wie sehr ihre Unabhängigkeit ein Teil von ihr geworden war, eine Quelle von Stolz und Integrität, eine Verteidigung g e gen die Kränkungen des Lebens.
    Wie er es versprochen hatte, arbeitete Cristoval hart, teilte die endlosen Aufgaben der täglichen Existenz mit ihr und gab ihr dadurch Zeit, Stoff zu weben, der ihre einzige Ware für den Markt des Ortes war. Auch spazierte er mit ihr stu n denlang am Meeresstrand entlang, wenn sie die winzigen angespülten Muscheln suchte, die sie benötigte, um den L a vendelfarbstoff herzustellen. Er fragte sie nach deren En t deckung und sie erzählte ihm, wie sie sie in Salzwasser g e kocht hatte, verzweifelt vor Hunger. Die winzigen Meere s tiere waren ungenießbar gewesen, doch sie hatten das Wa s ser purpurn gefärbt, und seit dieser Zeit war sie niemals mehr so hungrig gewesen. Cristoval hatte über die Bucht hinausgesehen, über die Bucht, wo Hund herumtollte und in die schäumende Gischt sprang. „Du wirst nie mehr hungrig sein, Amanda; wir werden nie mehr hungrig sein, wenn ich es verhindern kann.“
    Weiter unten am Strand hatten sie einen toten Fisch g e funden, der völlig von schwarzem Schleim bedeckt war. Cristoval kniete sich nieder, nahm etwas davon in die Hand und roch fasziniert daran.
    „Das ist die Seefäule, die die Wasseroberfläche befällt und Fische und Vögel tötet.“ Sie winkte Hund zurück. „We i ter oben an der Küste, bei Santabarbara, kommt sie auch vor …“
    Cristoval wischte seine Finger im Sand ab. „Wirklich?“ Seine Stimme klang verwundert. „Aber das ist gut! Das ist Öl, Amanda, weißt du nicht, was das bedeutet? Das bede u tet, sie können einen größeren Außenposten hier errichten, sie können Bohrtürme aufbauen … sie können Metalle schürfen – mit der entsprechenden Ausrüstung …“
    „Wer kann das?“ fragte sie ängstlich.
    Er blieb stehen und sah sie seltsam an. Einen Augenblick lang berührte er ihren Arm, wie um sie zu beruhigen und sich ihrer Realität zu versichern. „Ich weiß nicht“, murmelte er. „Niemand, hoffe ich.“
    Tief im Winter war er dann einmal zu ihrem Vater g e gangen und hatte um die Erlaubnis gebeten, einen kleinen Teil des Weidelandes bestellen zu dürfen, das an die We i zenfe l der angrenzte – um den Preis der halben Ernte. Amanda hatte unglücklich protestiert und gesagt, sie kön n ten auch so genug ernten, um damit auszukommen, und es sei zuviel zusätzliche Arbeit. Aber er hatte geantwortet, es sei eine Investition für die Zukunft und den Aufwand hu n dertfach wert. „Du hattest recht mit dem, was du mir einst über de i nen Vater erzählt hast, Amanda. Einem Mann wie deinem Vater kann man nichts erzählen. Man muß es ihm zeigen …“
    Und als der Weizen bis zu ihren Knien reichte, dann bis zu ihrer Taille und schließlich fast bis zu ihren Brüsten, da hatte sie begonnen, die Verrücktheit, frisches Land zu bestellen, mit anderen Augen zu sehen. Und diese Methode war auch den Augen des Kaufmanns nicht entgangen. Von nun an begann ihr Vater Cristoval Fragen zu stellen und b e lohnte sie mit einer Kuh – nach einer gewissen Zeit lud er sie sogar in sein Haus ein.
    Im Frühling war Amanda aufgeblüht. Der Schmerz des Hungers war vergessen, ebenso die schmerzliche Schwäche, die sie vor ihrer Zeit hatte altern lassen. Sie würde niemals wohl proportioniert und anmutig wie ihre Schwestern sein, doch bereitete es ihr eine heimliche Freude, die neuen san f ten Kurven ihrer Figur in dem zerbrochenen Spiegel an der Wand zu bewundern.

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