Science Fiction Almanach 1982
Lebens, ja zuletzt den Wunsch nach gegenseitiger Lösung sehe ich da sich notwendig ergeben. Wieviel glücklicher sind wir so gestellt! Unsre Pflanzenmutter steht friedlich im grünen Wald, dort lebt sie fort und wir leben auf unsere Weise in der Luft. Keiner stört den andern, denn jeder hat seinen eignen Weg und seine eigne Art zu gedeihen. Unsre Nachkommen kennen wir nicht, ihr Erbe wird ihnen von der Natur übergeben mit der ganzen Fülle des Erwerbes ihrer Vorfahren. Nicht als Mechanismus des Instinkts, sondern als Freiheit des Verstandes empfangen sie es, und ihren Dank richten sie an den Unendlichen. Mit unsrer Pflanzenmutter aber können wir sprechen, so oft es uns treibt, dem Gefühle Worte zu leihen, das dem Zusammenhang des ganzen Geschlechts im Bodengrund der wurzelnden Rankenbäume gilt. Denn dort liegt unsre Kraft. Sie hat uns hervorgebildet aus der heiligen Urmutter unsres Sternes und uns den Vorrat dauernder Lebensmacht mitgegeben, ihn fröhlich zu nutzen in Lust und Arbeit des Geistes.“
„So laß uns aufbrechen, Fänu, zu deiner Mutter. Bio soll uns den Segen sprechen über unsern Schatz, ehe wir ihn zurückgeben dem Grund des Lebens, daß er wieder als Pflanze gedeihe und Kraft gewinne für unsre Enkel.“
Sie flogen weiter und hatten bald ihr Ziel erreicht.
Axel Eggebrecht
Was wäre, wenn …
Ein Rückblick auf die Zukunft der Welt
Auftakt: Fanfarenstoß
Reporter des Jahres 2047: Hier Bildsprecher Malicek. Guten Morgen! Sie stehen mit mir auf dem Hradschin, der uralten Burg von Prag. Wir blicken über die Goldene Stadt. Dort – am Horizont – die mächtige Silhouette des Jahrtausend-Turmes. Bekanntlich wurde er vor siebenundvierzig Jahren eingeweiht, im Jahre 2000. Mit seinen fünfhundert Metern noch immer das höchste Gebäude der Alten Welt. In den obersten Geschossen befindet sich die Fernsehzentrale Mitteleuropa, von der aus auch diese Darbietung ausgestrahlt wird.
Hier, nahe zur Linken, der Dom zu St. Veit aus dem 14. Jahrhundert. Wir genießen einen Augenblick lang die herrlichen Formen … Es ist die schwierige Harmonie des zu Ende gehenden Mittelalters … Gegenüber, hier rechts: Die Halle der Völker, das Meisterwerk der Baugruppe Stobbe. Nun auch schon über siebzig Jahre alt. Wunderbar harmonieren die edlen Linien dieser neuen Architektur mit dem gotischen Kirchenbau … Gehen wir hinein. Hier, in der Halle, werden wir an der Eröffnungssitzung zur 89. Tagung der all-europäischen Unesco-Universität Prag teilnehmen. Eine Überraschung besonderer Art erwartet uns dort …
Stimmengewirr. (Große Versammlung. Erst laut, dann sofort leiser. Bleibt hinter der ganzen Szene, bis zum Beginn des Vortrages von Professor Vlacek.)
Reporter: Hier der Riesensaal. Menschen aller Farben, aller Völker. An dreitausend mögen es sein, die – gleich den Millionen an den Fernsehapparaten in aller Welt – auf das Ereignis des Tages warten. Worin wird es bestehen? Sie sehen das Rednerpodium. In wenigen Minuten wird Professor Vlacek über die Zeit vor hundert Jahren sprechen. Aber dieser Vortrag bildet nur die Einführung zu einem Versuch, der in diesem Umfang der Weltöffentlichkeit zum ersten Male vorgeführt werden soll. Dort – die mächtige Bildwand: Sie ist der Schauplatz der bevorstehenden Sensation! Gerade sehe ich Direktor Haydin vom Unesco-Institut für Geschichtstechnik. Er hat hervorragenden Anteil an der Durchführung der Arbeiten, deren Ergebnis wir gleich kennenlernen werden. Herr Direktor, können Sie kurz erläutern, worin das Besondere der bevorstehenden Darbietungen besteht?
Haydin: Gern. – Jede bisherige Geschichtsdarstellung war einseitig. Sie verwendete als Quellen: Dokumente aller Art, Schilderungen und Bilder. Den Menschen selbst, mochte er noch so bekannt, noch so oft beschrieben worden sein, vermochten wir nicht wiederherzustellen. Damit war es unmöglich, das Ganze des Lebens zu irgendeinem gewesenen Zeitpunkt zu studieren. Hierzu wäre es nötig, die früher Lebenden in sinnvoller Weise, in einem zusammenhängenden Ablauf, redend und handelnd wiederzubeleben. Nun, genau das haben wir jetzt erreicht!
Reporter: Sie haben also Tote wiederauferweckt?
Haydin: Natürlich nicht buchstäblich. Aber die Vervollkommnung des plastisch-räumlichen Bildes und die Tonschrift erlauben es uns, jeden Menschen, der irgendwann gelebt hat, in beliebigen Situationen handelnd, sprechend auftreten zu lassen; vorausgesetzt, daß wir seine Stimme
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