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Science Fiction Almanach 1982

Science Fiction Almanach 1982

Titel: Science Fiction Almanach 1982 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H. J. Alpers
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längst vergangenen Zeiten. Er war genauso tot wie der königliche Absolutismus in Frankreich acht Tage vor dem Bastillesturm. Eigentlich gab es ihn gar nicht mehr. Aber – er wurde geglaubt. Sie werden jetzt gleich hier auf unserer Bildwand eine Fülle von Zeugnissen für diesen Irrglauben miterleben. Und ich werde Ihnen diese Vorgänge erläutern, wo sie nicht für sich selbst sprechen. (Rufend) Bitte anfangen!
     
    (Kurze knackende Geräusche, dann ein Surren, das sich bald wieder verliert.)
     
    Vlacek: Der Mann, den Sie hier beim Kofferpacken sehen, ist ein für das Jahr 1947 bezeichnender Mensch. Wir entdecken sein Bild mehrfach auf Filmstreifen der Moskauer Konferenz, an der er aber nicht etwa als Delegierter teilnahm. Nun – das später.
    Mr. Stone lebt in London. Sie sehen ihn noch in seinem Hause. Er hat zwei Kinder. Dort kommt eben seine Frau herein. Die unhandliche Klappe stellt eine Tür von damals vor. Bob Stone ist Ende dreißig. Eigentlich heißt er Berthold Stein und stammt aus der deutschen Stadt Halle. Bis 1939 war er in einem Lager eingesperrt, konnte dann auswandern. Jetzt ist er Soldat, Sergeant der britischen Armee. Als solcher müßte er eigentlich eine besondere Tracht tragen, die sogenannte Uniform. Aber aus besonderen Gründen hat er die übliche Kleidung jener Zeit an. Von Beruf ist er Elektrotechniker. Hören Sie ihn jetzt mit seiner Frau sprechen:
     
    Frau Stone: Beeil’ dich, Bob. Das Flugzeug geht in einer knappen Stunde!
     
    Stone: Schon fertig. – Wieder viel zu voll, der Koffer. – Den Smoking hab’ ich kaum mehr reinbekommen. Muß aber mit! Genau so wichtig wie der Overall. Das eine für die Arbeit, das andere für die Abende in Moskau! Ich muß doch die westliche Zivilisation gebührend vertreten können!
     
    Frau Stone (lachend): Aber bitte, denk’ dran, daß dir Wodka gar nicht bekommt!
     
    Stone: Sicher, sicher! – Ach, Mary: Ist doch ’ne herrliche Sache, daß ich nun auch mal dabei sein kann! Mitten hineinfliegen ins Zentrum der Weltgeschichte! Denn das ist ja nun mal Moskau für die nächsten Wochen.
     
    Frau Stone: Hoffentlich dauert’s nicht zu lange! Diese Konferenzen werden doch so oft vertagt und verlängert.
     
    Stone: Die nicht! Ist doch alles im Grunde schon klar. Wir müssen das Fazit von zwei Jahren Verhandlungen ziehen, unterschreiben, Schluß, (lacht) Wir sage ich! Na, schließlich bin ich ja auch wirklich dabei! Was?
     
    Frau Stone: Ich bin richtig stolz auf dich, Bob!
     
    Stone: Na dann – los! Komm …
     
    Vlacek (erläuternd): Da geht er hinaus, mit seinem Koffer und mit seiner Frau. Sie haben eben ein kleines Beispiel für die Überschätzung sogenannter großer Ereignisse erlebt. Bis vor zwei oder drei Generationen hat sich für die meisten Menschen die sogenannte Geschichte aus solchen Ereignissen zusammengesetzt. Und die Moskauer Konferenz war sicherlich ein bunter Stein in diesem Zusammensetzspiel.
    Nun – etwas ganz anderes. Wiederum ein Abschied. Diesmal verläßt ein leitender Staatsmann sein Land: Der rundköpfige, bebrillte Mann dort, das ist Mr. Ernest Bevin, britischer Außenminister.
    Wir sind am Kai von Dover. Dort hinten das Kanalschiff; eben will Mr. Bevin über die Gangway. Die Herren, die ihn umdrängen, das sind Reporter. Sie sehen, einer von ihnen hält einen kleinen Apparat hoch: Das ist ein Rundfunkmikrofon. Jetzt wird Bevin gefragt – hören Sie:
     
    1. Journalist: Was erwarten Sie von Moskau, Mr. Bevin?
     
    Bevin: Hoffentlich erwartet England nicht zu viel. Die Konferenz birgt enorme Schwierigkeiten in sich.
     
    1. Journalist: Was betrachten Sie als die dringendste Aufgabe?
     
    Bevin: Die Rettung der Deutschen. Man kann nicht zulassen, daß Sechsundsechzig Millionen Menschen mitten in Europa ein Elendsgebiet bilden. Aber natürlich darf die Besserung nicht auf Kosten des britischen Steuerzahlers gehen.
     
    2. Journalist: Es bestehen große Differenzen zwischen den Mächten. Statut oder Vertrag? Künftige deutsche Regierungsform? Verteilung der Reparationen? Art und Dauer der Besetzung? Lauter unvereinbare Gegensätze …
     
    Bevin: Nichts ist völlig unvereinbar. Schließlich haben wir gemeinsam Krieg geführt. Sollten wir nicht auch den Frieden gemeinsam gewinnen?
     
    2. Journalist: Ausgezeichnet, Mr. Bevin. Wird also der Frieden in Moskau schließlich doch vorbereitet werden?
     
    Bevin: Vorbereitet – ja … Es handelt sich um die ersten Schritte zur nächsten Stufe. Immerhin – wenn wir zurückkommen,

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