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Science Fiction Almanach 1982

Science Fiction Almanach 1982

Titel: Science Fiction Almanach 1982 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H. J. Alpers
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Form bekommen. In Moskau. Unsere Vorschläge sind da völlig eindeutig: Staatenbund, schwache Zentralregierung mit Finanz- und Posthoheit. Im übrigen alles an die Einzelländer: Justiz, Verwaltung, Polizei.
     
    C. De Murville: Und so weit wie möglich auch: Außenpolitik. Wir müssen darauf bestehen, daß jedes deutsche Land Beziehungen zu auswärtigen Mächten unterhalten darf.
     
    Bidault: Ausgezeichnet. Das besiegelt Deutschlands Ende als Großmacht. Aber wird es sich durchsetzen lassen? Amerika denkt anders. Und England auch.
     
    C. De Murville: Leider auch Rußland. Dafür stimmt Polen jetzt völlig mit uns überein. Nun, abwarten; jetzt sollten wir unsere ganze Energie auf das Ruhrproblem konzentrieren. Da gibt es zwischen Franzosen wohl kaum Differenzen?
     
    Bidault: Doch. Die Sozialisten schwanken. Auch der jüngste Vorschlag des Herrn Schuman von der Katholischen Volkspartei, die gesamte Kohle und Schwerindustrie Mitteleuropas als einen Komplex zu behandeln, verwischt die Ruhrfrage. Dergleichen ist dilettantische Utopie. Wir müssen das konkret Mögliche erreichen.
     
    C. De Murville: Herr Minister – da ist Essen! Die Stadt Krupps!
     
    (Geräusch des haltenden Zuges. Dann Karrenrollen, Rufe.)
     
    Bidault (aufrichtig ergriffen): Sehen Sie! Dort – die alte Frau mit dem Bündel, dem kleinen Karren. Diese zerlumpten Fetzen … Sind wir wirklich mitten in Europa?
     
    C. De Murville: Und da: Der Mann mit den beiden kleinen Kindern. Wo ist die Mutter? Wie hoffnungslos sie alle vor sich hinstarren! Kaum einer, der zu unserem Zug herüberblickt.
     
    Bidault: Apathie … Das Erbe Hitlers! Es spiegelt sich in jedem deutschen Auge.
     
    C. De Murville: Und in den Augen vieler anderer Völker auch.
     
    Bidault: Richtig. Deshalb werden diese Leute da noch lange als letzte in der Schlange stehen müssen. Wir haben kein Recht, sie zu bemitleiden. Als Volk sind sie schuldig.
     
    C. De Murville: Eine gewisse Härte ist die einzige Garantie dafür, daß die Zukunft einmal barmherziger sein wird. Mit uns – und mit ihnen …
     
    (Stimmen ausblenden.)
     
    Vlacek: Das waren zwei Männer des besten, des humanistischen Frankreichs. Beide entschlossene Kämpfer gegen den Terror Hitlers. Aber jetzt sind sie bereit, die absoluten Formeln Hitlers anzuwenden. Fast ganz Europa hat sein Vokabular übernommen. Es ist das Vokabular des uneingeschränkten Glaubens an die alleinseligmachende Nation. Aber – vielleicht gibt es doch ein Land, das dieses Wörterbuch des Unmenschen (wie es in einer deutschen Zeitschrift damals genannt wurde) nicht benutzt? Wir sind jetzt in Moskau. Im Narkomindjel, im Außenkommissariat:
     
    (Klopfen.)
     
    Molotow: Herein!
     
    Kommissar: Hier, Genosse Molotow: Sie wünschten den Bericht des Empfangsausschusses.
     
    Molotow: Danke – Stenografen … Die Presse … Hm … Die Techniker vollzählig … Bergdahl – Van Dooren – Stone … alias Stein. Wer ist das? Aha. Halle. Vater: Stadtrat. Er selber 27 bis 33 Mitglied der SPD. Jetzt englischer Staatsangehöriger. Das ist ja interessant.
     
    Kommissar (eifrig): Genosse Raizew arbeitet mit ihm am Versuchs-Fernsehsender. Er hat bereits …
     
    Molotow (unterbricht): Danke. Nicht unsere Sache. – Wie ist die Stimmung unter den fremden Technikern?
     
    Kommissar (mit Papier raschelnd): Eher optimistisch. Nur – hier:
    „Die Polen befürchten, daß es zu Debatten über die Oder-Neiße-Grenze kommt.“
     
    Molotow: Die Polen? Unsinn. Jedermann weiß, daß es sich da um vollendete Tatsachen handelt.
     
    Kommissar (betont): Aber sie würden es vorziehen, wenn es gar nicht erst zu einer Debatte käme.
     
    Molotow (lacht): Verständlich. So bequem können wir’s ihnen aber nicht machen. Ich werde mit Motschilewski sprechen, daß seine Leute ein bißchen vorsichtiger in ihren Gesprächen sind. Mit dem polnischen Außenminister können wir wenigstens offen reden … So offen, wie sonst nur mit einem einzigen in den letzten zehn Jahren!
     
    Kommissar: Mit dem Deutschen. Graf Schulenburg. Den Hitler nachher umbrachte.
     
    Molotow: Merkwürdig, wie gut wir uns mit dem verstanden haben. Dieser alte Aristokrat wäre morgen ein guter Vertreter Deutschlands. Eine notwendige Ergänzung unserer Freunde von der SED. Ein Patriot. Ein Feudaler mit Sinn für die Wirklichkeit. Mit solchen Leuten läßt sich gut auskommen. Da gab es nicht alle diese Rücksichten auf die Empfindlichkeit der westlichen Demokratien.
     
    Kommissar: Na, wir haben es

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