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Science Fiction Almanach 1982

Science Fiction Almanach 1982

Titel: Science Fiction Almanach 1982 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H. J. Alpers
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Angesicht!
    Es schwindelte ihm – wieder und immer wieder blickte er auf die neben ihm sitzenden Menschen in ihrer Fellkleidung, auf die erlegte Riesenbeute, auf die glitzernden Gletschermassen am Horizont und – auf das ihm seit seiner Kindheit so vertraute Flüßchen, das allein das lebendige Band bildete, welches die uralte Vorzeit und seine eigene Gegenwart sichtbar verknüpfte – die leise rauschende Dordogne!
    Eine neue Manipulation seiner Begleiter ließ ihn aus seinem Traum aufwachen. Die Wilden wollten Feuer machen. Voller Neugier beobachtete Pierre ihre Vorkehrungen: Aus einem köcherartigen Futteral zog der eine, ein herkulisch gebauter Mann, einen langen, rundlichen, geglätteten Stab, dessen Spitze vom Gebrauch schwärzlich, wie verkohlt, aussah, und einen dicken Klotz, in dem sich mehrere Aushöhlungen befanden. Dann brachte er noch einen dritten Gegenstand zum Vorschein, eine Art Pulverhorn, öffnete den als Verschluß hineingeschobenen Holzpflock und schüttete etwas von dem Inhalt in eins der Löcher im Klotz. Nun setzte er den langen Stab in dieses Loch und drehte ihn wie einen Quirl mit rasender Schnelligkeit zwischen den Händen, indes die beiden Füße den Klotz am Boden festhielten.
    Neugierig hatte sich Pierre gleich den andern zu Boden gebückt. Mit vollen Backen bliesen die Zunächsthockenden auf das Bohrloch des Klotzes – und nach wenigen Sekunden wirbelte feiner Rauch empor.
    Mit verdoppelter Anstrengung quirlte jetzt der Feuermacher und pusteten die Wilden. –
    Aber die rote Flamme, das heilige Feuer wollte sich nicht zeigen!
    Der Feuermacher setzte ab und untersuchte Quirl und Klotz. Dann öffnete er von neuem das „Pulverhorn“, um nachzuschütten. Dabei ließ er eine Wenigkeit des Inhalts erst in die hohle Hand laufen und prüfte sie mit den Fingern.
    Pierre sah, daß es feiner, weißer Sand war.
    Der Feuermacher schüttete die Probe weg, stieß ein ärgerliches Geschrei aus und ließ ein neues Quantum des Sandes in seine Hand laufen.
    Auch dieses warf er weg mit noch heftigerem Schreien.
    Nun griff ein anderer nach dem Hörn und prüfte den Sand – auch Pierre nahm eine Probe davon und rieb sie zwischen den Fingern. Da verstand er den Ärger des Feuermachers: der Sand war feucht geworden; vielleicht war der Verschluß des Behälters nicht dicht genug gewesen.
    Aufs neue nahm der Feuermacher das Hörn und schüttete den Rest seines Vorrates in ein anderes Bohrloch des Klotzes.
    Mit dem Aufgebot aller seiner Kräfte wiederholte er seine Kunst. –
    Vergebens! – Die erzeugte Wärme steigerte sich bis zum Verkohlen des Holzes – wie vorhin schlug eine kleine Rauchsäule auf, – –aber das ersehnte Feuer blieb aus.
    Eine tiefe Niedergeschlagenheit schien sich aller zu bemächtigen. Das Gemurmel und Geplauder verstummte mit einemmal – eine abergläubische Furcht sprach aus den meisten Gesichtern.
    Da trat Pierre in den Kreis der Steinzeitmenschen und – entzündete ein Streichhölzchen – –
    Als ob ein Blitz zwischen ihnen niedergefahren sei, sanken sie alle um ihn her in die Knie, die Hände halb wie zur Abwehr, halb wie zum Gebet gegen ihn emporstreckend.
    Er aber rief ihnen freundlich zu, trat zu seinem Retter und reichte ihm das brennende Hölzchen. Vor Aufregung ließ es dieser zu Boden fallen und es erlosch.
    Ein tiefer Seufzer – fast wie ein Klagelaut – ging durch die Reihen der Männer. –
    Pierre brannte lächelnd ein neues an und hielt es selbst unter den Haufen trockener Zweige, den man am Eingange der Höhle aufgeschichtet hatte – – Nun schlug die Flamme empor und ihr freundlicher, belebender Anblick brachte auch die noch immer scheuen Urmenschen allmählich wieder zu ihrer alten Vertraulichkeit zurück. Aber ihre Dankbarkeit und eine gewisse Ehrfurcht glaubte Pierre doch darin zu erkennen, daß sie ihm ein großes Stück der schnell am Spieß gerösteten Beute mit einer unbeholfenen Feierlichkeit überreichten.
    Alle saßen und schmausten.
    Und nach dem reichlichen Mahle trat bei dem kleinen Völkchen auch das Verlangen nach höheren Genüssen ein. – Ein kleiner, behender Wilder, dem Aussehen nach viel jugendlicher und zierlicher als die andern, von der kleinen Schar mit dem Rufe: „Julo!“ und mit Händeklatschen begrüßt, sprang in den Kreis, der sich um das Feuer gebildet hatte, und brachte eine – Panflöte hervor, aus hohlen Vogelknochen kunstlos zusammengefügt.
    Er blies eine schrille, aufreizende Weise, mit den Füßen stampfend. –

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