Science Fiction Almanach 1983
ruhig, „es gibt nicht nur Zeit und Materie. Es gibt noch etwas Drittes.“
„Und das wäre?“
„Das Bewußtsein!“
Bedford ließ sich auf den Stuhl niederfallen und blickte ihn sprachlos an.
Der Professor breitete die Arme aus. „Stellen Sie sich ruhig die Zeit als ‚Linie’ vor, wie es schon Sack getan hat. Sie besitzen solch eine Zeitlinie, ich besitze eine andere, jedes Bewußtsein besitzt eine. Und dann stellen Sie sich weiter vor, daß zu jedem Punkt solch einer Linie Materie gehört, die mit ihm fest verbunden ist. Eine Bewegung zwischen beiden gibt es also nicht. Und jetzt stellen Sie sich als drittes Ihr Bewußtsein, Ihren Geist vor, der von Punkt zu Punkt auf dieser Zeit-Materie-Linie gleitet. Und damit haben Sie alles!“
„Das leuchtet mir irgendwie ein“, murmelte Bedford. „Sie meinen also, daß zum Beispiel mein Körper unverrückbar mit der Zeitlinie verbunden ist?“
„Genau das. Der Augenblick, das Jetzt’, entspricht dem Punkt der Zeit-Materie-Linie, an dem sich Ihr Bewußtsein gerade befindet. Das ‚Morgen’ entspricht dem nächsten, und das ‚Gestern’ dem vorherigen.“
„Ja, ich fange an, zu begreifen“, meinte der Agent. „Und wie geht es jetzt weiter?“
„Folgendermaßen: Obwohl das Bewußtsein, die Psyche, ruhig und gleichmäßig auf der Zeit-Materie-Linie von Punkt zu Punkt schreitet, besitzt sie die – vorläufig begrenzte – Möglichkeit zu wandern, also Abstecher von seinem Weg zu machen. Und zwar besteht ein nicht geringer Teil meiner Theorie in dem Postulat, daß sich das Bewußtsein während der Schlafperiode des lebenden Organismus auf der Zeit-Materie-Linie frei bewegen kann. Man nennt es gewöhnlich Traum. Es besitzt die Fähigkeit, ein gewisses Stück in die Zukunft und in die Vergangenheit zu reisen, kehrt aber beim Erwachen des Organismus an den dem ‚zeitgemäßen’ Ablauf entsprechenden Punkt der Zeit-Materie-Linie zurück.“
„Und Ihre Maschine dort …“ Bedford wies auf die Vorrichtung.
„Diese Maschine ermöglicht es nun, das Bewußtsein permanent in Zukunft oder Vergangenheit zu schicken. Es findet dort den mit dem betreffenden ‚Zeitpunkt’ verbundenen Körper vor und läßt sich in ihm nieder. Das ist alles.“
„Dann …“ Bedford überlegte einen Moment angestrengt. „Dann gibt es wohl auch keine Paradoxie mehr?“
„Nein. Es verändert sich ja nichts am Materiegehalt des betreffenden Zeitpunktes.“
„Aber, gesetzt den Fall, jemand schickt sein Bewußtsein in die Vergangenheit zurück, wo es den ‚damaligen’ Körper wiederfindet. Ist es nun möglich für diesen Jemand, die Zukunft, so wie er sie kennt, zu verändern, indem er einfach nicht das tut, was er beim ersten Mal getan hat?“
„Ja, das ist durchaus möglich“, nickte der Professor lächelnd. „Und zwar kommt hier noch eine weitere Eigenschaft des Raum-Zeit-Gefüges hinzu. Wir sprachen soeben von der Zeit-Materie-Linie. Das ist natürlich nicht ganz richtig, denn es gibt unendlich viele solcher Linien, die voneinander frei zugänglich sind.
Ihr Jemand’ beeinflußt also nicht etwa die Zukunft, wenn er eine Handlung begeht, die er ‚beim ersten Mal’ noch nicht ausgeführt hat. Er rutscht einfach – natürlich ohne es zu merken – von seiner Zeit-Materie-Linie zu einer Simultan-Zeit-Materie-Linie hinüber, auf welcher die Zukunft, so wie er sie zu schaffen im Begriffe ist, schon verzeichnet liegt. Ein Paradoxon ist also unmöglich, und die Anti-Zeitreise-Gesetze werden sinnlos.“
„Wieso sagten Sie, daß die Zeitreise nur in beschränktem Maße möglich sein wird?“
„Das leuchtet doch jetzt ohne weiteres ein, wenn man bedenkt, daß der zum reisenden Bewußtsein gehörende Körper nur eine beschränkte Zeitlang
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