Science Fiction Almanach 1983
Autoren, die in allen nur denkbaren Anthologien und Magazinen ihre Stories gedruckt haben oder gar einen ganzen Band mit eigenen Erzählungen füllen konnten? Oh gewiß, die gibt es, und jeder Anthologist ist von Herzen froh, wenn er von diesen Leuten gutes Material angeboten bekommt. Aber auch hier liegt die Betonung auf „gut“. Die Herren Autoren mögen mir nicht gram sein, aber jeder hat mal einen schlechten Tag, will sagen: schreibt einmal eine nicht ganz so gute Geschichte. Und da liegt ein Problem, auch wenn mir das der Leser vielleicht zuerst nicht glauben will. Hier beginnt ein wesentlicher Teil der Arbeit des Anthologisten, hier kann er beweisen, ob er mit Menschen umzugehen weiß und ob er Fingerspitzengefühl besitzt.
Möglicherweise nämlich ist an der Story doch einiges dran, was beachtenswert erscheint. Doch dazu muß die Geschichte umgeschrieben werden, vielleicht sogar von Grund auf „überholt“ werden. Wie aber das dem hochgeschätzten Herrn Autor oder der noch höher geschätzten Frau Autorin (von diesen weiblichen Verfassern der SF gibt es bei uns leider gar nicht allzu viele; da wünschte ich mir doch die augenblicklichen amerikanischen Verhältnisse!) beibringen? Und zwar so beibringen, daß der Urheber der Geschichte sich nicht schmollend in sein Schneckenhaus („So eine Unverschämtheit!“) oder in seinen Elfenbeinturm („Schließlich bin ich Künstler und weiß am besten, ob an meiner Story alles in Ordnung ist! Änderung? Kommt gar nicht in die Tüte!“) zurückzieht.
Und dann sind da die Herren Lektoren und Redakteure in den Verlagshäusern, denen es manches Mal gar nicht so sehr auf gute Qualität der zwischen zwei Buchdeckel versammelten Geschichten ankommt. An einem guten Abverkauf interessiert, verlangen sie Namen, „bekannte“ Namen, „gute“ Namen – Namen eben, die beim Publikum ziehen, die den Verkauf ankurbeln. Diese Einstellung kann dem armen Kompilator das Leben arg schwer machen. Soll er da seinem Instinkt, seiner Überzeugung, seinem Geschmack folgen und die gute Geschichte eines Unbekannten nehmen oder etwa die mittelprächtige Story des bekannten Top-Autoren vorziehen?
In der Regel, sicherlich, wird für beide Platz sein, doch kann er da durchaus in eine unliebsame Zwickmühle geraten.
Schlimmer freilich wird die Situation dann, wenn der Anthologist meint, er müsse versuchen, Autoren der Mainstream-Literatur – der allgemeinen Hochliteratur also, auch „Literaturliteratur“ genannt – für die Science Fiction zu gewinnen. Abgesehen davon, daß es gar nicht so einfach ist, diese Leute für die SF und ihre Möglichkeiten zu interessie ren – glatte Abfuhren sind eher die Regel als die Ausnahme –, ist der Herausgeber unter Umständen dann auch noch gezwungen, eine Geschichte zu bringen, die in keiner Weise seinen Qualitätsmaßstäben entspricht: Bestellt ist bestellt und muß auch bezahlt werden – und ist es bezahlt, dann muß es auch gedruckt werden. Das alles unter der Voraussetzung, daß die Herren und Damen Autoren der Mainstream ihr Versprechen auch einhalten und die zugesagte Story bis zum festgesetzten Termin abliefern (geringfügige Überziehungszeiten von zwei bis drei Monaten sind dabei gefälligst gnädigst zu tolerieren, schließlich hat man ja auch noch andere Verpflichtungen – oder etwa nicht?).
Und dann gibt es da noch jene Anthologien, deren Stories sich alle mit einem bestimmten Thema befassen, sei es nun Energie, Parallelwelten, Roboter, Eros oder sonstwas. Kann der Anthologist auf ausländisches Material wenigstens teilweise zurückgreifen – gleichgültig ob aus den USA, England
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