Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Science Fiction Almanach 1983

Science Fiction Almanach 1983

Titel: Science Fiction Almanach 1983 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H. J. Alpers
Vom Netzwerk:
Ver­rückt, was?
    Er hat mir sei­ne Ge­schich­te er­zählt, ei­ne selt­sa­me Ge­schich­te. Nachts, wenn die Stadt still ist und un­ter ih­ren Dä­chern schläft, und der Mond voll ist und leuch­tend über den Him­mel schwimmt, am Ran­de des Traums, da kann ich ihn hö­ren.
    Ich wer­de mich hü­ten, mei­nen Nach­barn von der Sa­che zu er­zäh­len. Sie wür­den die Na­se rümp­fen, mich heim­lich aus­la­chen, weil sie es nicht ver­ste­hen. Wie soll­ten sie auch? Sie wür­den mich viel­leicht so­gar für ver­rückt hal­ten und mit dem Fin­ger auf mich zei­gen, mir gar Schwie­rig­kei­ten ma­chen.
    Aber Sie ken­ne ich nicht, und wenn Sie la­chen, so tun Sie es eben, es tut mir nicht weh, und mit dem Fin­ger auf mich zei­gen kön­nen Sie nicht, weil Sie nicht wis­sen, wie ich hei­ße und wo ich woh­ne. Aber viel­leicht ist Ih­re Re­ak­ti­on ganz an­ders, Sie la­chen nicht, at­men er­leich­tert auf, ha­ben nun end­lich die Ge­wiß­heit, daß es Ih­nen nicht al­lein so geht, und ken­nen mei­ne Ge­schich­te nur zu gut, ha­ben auch einen Un­ter­mie­ter, der Sie er­schreckt und der Ih­nen leid tut.
     

     
    Oh, ich bin si­cher! Es gibt ih­rer vie­le, die war­ten, bis die ers­te Ma­schi­ne er­fun­den wird, mit der sie in ih­re Hei­mat zu­rück kön­nen, in die Zu­kunft; auf das Jo­han­nes­burg-Tor war­ten sie, wie mei­ner er­zähl­te. Un­ser Jahr­hun­dert ist wie ein rie­si­ger, schreck­li­cher War­te­saal, in dem sie sit­zen, un­sicht­bar, schat­ten­haft, sich räus­pern, manch­mal seuf­zen, ei­ne ge­flüs­ter­te Un­ter­hal­tung ver­su­chen, an­de­re schla­fen, nichts in­ter­es­siert sie mehr, sie ha­ben al­les ge­se­hen, viel zu viel. Nun war­ten sie, bis der ers­te Zug ab­ge­ht, aber es sind noch nicht ein­mal die Glei­se ver­legt, auf de­nen er fah­ren soll. Schreck­lich.
    Manch­mal su­chen sie mit uns ins Ge­spräch zu kom­men.
    Viel­leicht hö­ren Sie Stim­men. Nachts, wenn die Stadt still ge­wor­den ist und der Mond über den Dä­chern schwimmt, dann hö­ren Sie ge­nau hin.
    Am Ran­de des Traums. Viel­leicht …?
     
    Kia­ra und Hit­ze.
    Und vor den ho­hen Fens­tern der Nach­mit­tag auf dem Flug­feld.
    „Es müß­te wie­der ein­mal rich­tig reg­nen, Gin. Weißt du, so ein rich­ti­ger gu­ter Re­gen mit Ge­wit­ter, der al­les naß macht, so rich­tig naß.“
    Er sag­te gern ‚rich­tig’ und war ei­ner der letz­ten al­ten Be­am­ten des ZEITERS . Er war dick, trug ei­ne sand­brau­ne Uni­form und schwitz­te stark. Sei­ne Uni­form war aus­ge­bleicht, hat­te fast die Far­be des Staubs auf den Blät­tern und dunkle Fle­cken vom Schweiß. Sein kah­ler Schä­del war rot ge­brannt von der Son­ne, und das al­te Ge­sicht lach­te mit tau­send Fält­chen.
    „Ge­wit­ter sind hier nicht ge­stat­tet, Chef. Elek­tri­sche Ent­la­dun­gen in der At­mo­sphä­re wä­ren ei­ne Ka­ta­stro­phe für den ZEI­TER . Das wis­sen Sie so gut wie ich, Chef. Das Wet­ter­amt wird in die­sem Dis­trikt nie Ge­wit­ter zu­las­sen.“
    Gin war groß und schlank. Er be­weg­te sich kraft­voll und ge­schmei­dig und schwitz­te nicht. Sei­ne Haut war glatt und sei­ne Stim­me et­was farb­los. Sein Kör­per be­stand aus Me­tall und Plas­tik­ge­we­be. Er war An­dro­ide.
    „Ja, ich weiß, lei­der. Nur Son­ne und wie­der Son­ne. Sie pro­du­zie­ren kein Lüft­chen, die­se Scheiß­ker­le, und wenn wir in die­sem Kas­ten ver­schmach­ten. Ich wünsch­te mir, es wür­de mal reg­nen, al­len Ver­bo­ten zum Trotz. Wie die dumm schau’n wür­den.“ Er stell­te es sich vor und rieb sich ver­gnügt die Hän­de. „Rich­tig reg­nen, daß al­les naß wird. Kannst du dir das vor­stel­len, Gin, al­les so rich­tig naß?“
    „Na­tür­lich, Chef, aber mein Or­ga­nis­mus rea­giert auf Feuch­tig­keit we­ni­ger er­freut. Mei­ne Vor­fah­ren kom­men nicht aus dem Was­ser wie die von euch Men­schen.“
    „Ihr Schrott­hau­fen seid was­ser­scheu wie die Kat­zen, ich weiß. Aber ich wer­de mir heu­te noch ein Ge­wit­ter su­chen. Ein rich­ti­ges Ge­wit­ter, mit Sturm und Re­gen. Reich mir die Wet­ter­kar­te.“
    „Ja, Chef.“
     
    Ein Schiff tropf­te auf das Flug­feld, und der Laut­spre­cher schreck­te den Nach­mit­tag auf. Er floh in die Wüs­te, und die große

Weitere Kostenlose Bücher