Science Fiction Almanach 1983
Vorgefühl strömender, klatschender Nässe auf der Haut.
Gin lächelte beinahe, als er versuchte, dieser Vorstellung einen Reiz abzugewinnen, aber der Gedanke an Nässe ließ ihn schaudern.
Die Uniform des Beamten, der ein Mensch war, zeigte nun viele kleine, frische, dunkle Spritzer zwischen den großen Flecken unter den Armen und auf dem Rücken.
Vor den hohen Fenstern lag das Flugfeld in der erbarmungslosen Sonne, und der Wind schlief in der Wüste jenseits der alten verlassenen Stadt, jenseits der Pyramidenstümpfe, die abgeschliffen wie Kiesel im Strombett ruhten.
Kiara. Die uralte Stadt zwischen Wüste und versiegtem Fluß, den die Alten vor Äonen den „Nil“ genannt hatten.
Kiara.
Tor zu einer geheimnisvollen Vergangenheit für Archäologen, Historiker, Gottsucher und Sonderlinge, Stützpunkt weit draußen in der Galaxis.
Erde.
Entschuldigen Sie, wenn ich noch einmal anfange von mir und meinem Untermieter, aber Sie könnten ja in der gleichen Lage sein wie ich.
Am Samstag schien die Sonne. Es war zwar kalt, aber schön; und da sind wir, mein Freund und ich, zum Max-Planck-Institut nach Garching hinausgefahren. Mein Freund hat ein Auto, wissen Sie, ich nicht, deshalb habe ich ihn dazu überredet. Wir haben uns da also ein bißchen umgesehen, natürlich nur von weitem, denn man darf ja nur bis zur Absperrung. Wo sie mit Atomen experimentieren, machen sie ja überall so einen Zirkus mit Stacheldraht und Sonderausweisen, nur damit niemand seine Nase reinstrecken kann. Es wird schon allerhand getan und geforscht, und man gibt Summen dafür aus, daß einem schwindlig wird, aber im Grunde genommen sieht doch alles noch recht ärmlich aus.
Wir sind da mit dem Pförtner ein bißchen ins Gespräch gekommen und haben ein Bier miteinander getrunken. Er hat uns erzählt, daß sie jetzt einen neuen Computer haben, der so schnell rechnen kann, daß er in einer Stunde mehr schafft als hundert Mathematiker in hundert Jahren schaffen könnten. Mein Freund findet das sehr imponierend und der Pförtner auch, aber ich teile ihre Meinung nicht. Ich glaube, daß man, um die Zeit in den Griff zu bekommen, Maschinen haben müßte, die in einer Stunde das rechnen, was hundert von diesen Computern in hundert Jahren rechnen.
Und wenn man sich dann ins Auto setzt, und die Heizung funktioniert nicht richtig, dann könnte man Mitleid bekommen mit den Leuten, die auf die ersten ZEITER warten. Geht es Ihnen nicht auch so? Die werden wohl noch eine ganze Weile herumsitzen, bis sie nach Hause können. Es wird dazu überhaupt noch eine Menge gedacht und gerechnet werden müssen. Natürlich wird es eines Tages soweit sein, daß sie die Tore aufmachen, sonst hätte ich ja keinen Untermieter. Das ist mir klar. Aber das kann noch lange dauern. Nun wartet der arme Kerl schon seit fast 2000 Jahren. Wenn man sich das vorstellt! In diesem schrecklichen Wartesaal der Zeit, grau und schattenhaft. Wir sollten ihnen gut zureden, freundlich zu ihnen sein.
Vielleicht hören wir sie heute abend.
Wollen wir es versuchen?
Nachts, wenn die Stadt still ist und unter ihren Dächern schläft, und der Mond hell über den Himmel schwimmt. Da, wenn wir wach liegen oder im Halbschlaf am Rande unserer Träume …
Ein Flüstern nur, ein Wispern und Raunen, ganz nahe. Dann hören Sie genau hin!
Vielleicht …?
Gerd Ulrich Weise Lichtdornen
Vergeblich schloß der alte Mann die Augenlider; das grelle Weiß, das wie mit glühenden Spitzen bis in das Hinterhirn stach, ließ sich durch die dünne Membran des Lides nicht mildern. Ein hitzediesiger Schleier hing unbeweglich vor seinem Gesicht. Die glühende Wärme hielt ihn mit der Festigkeit eines Kristalls in träger Unbeweglichkeit. Sie lagerte nicht allein auf seiner Haut, sondern
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