Science Fiction Almanach 1983
vermochte es nicht auszusprechen.
„Also doch ein Unfall!“ sagte Laserma provozierend.
Silbermöwen schossen vor dem Höhleneingang hin und her und kreischten.
„Die Sache mit meinem Auge … das ist der Rest des Geheimnisses.“
„Wie er zu deiner ganzen Story paßt, Tessa!“
Alle Mädchen fuhren herum. Argo zeichnete sich als dunkelblaue Silhouette gegen den hellen Himmel ab. Auch sie trug den Uniformblouson. Gebieterisch in die Hände klatschend, verfügte sie: „Schluß, Mädchen, euer Ausflug ist beendet!“
„Was für ein ‚Zufall’, daß Sie uns gefunden haben.“ Tyra setzte den Zufall in Gänsefüßchen.
„Ein freundlicher Hinweis“, erwiderte Argo und lächelte maskenhaft.
„Den kann nur Muja …!“
„Laß gut sein, Tyra. Ich fürchte Argo nicht. Ja, dann kehrt nur schön brav in eure Wohnspirale zurück, Mädchen. Und vergeßt nicht, einen Antaraktika-Cocktail zu schlürfen, damit euer Angstzentrum blockiert bleibt.“
„Hört nicht auf sie, sie gehört nicht mehr zu uns!“ kommandierte Argo und trat energisch auf die Mädchengruppe zu. Mit einem überraschenden Griff riß Tessa der Funktionärin den Funksprechklipp vom Revers und schleuderte ihn, so weit sie konnte, in das Felswatt hinaus, wo er auf steinernen Seegangsrippeln aufschlug. „Damit keine von euch auf falsche Gedanken kommt“, wandte sie sich an die Mädchen, „jedes Wort, das hier gesprochen wird, wird im gleichen Augenblick aufgezeichnet. In meiner Halskette ist ein Integrationssender.“
„Nehmt ihr die Kette ab!“ bellte Argo.
„Sie ist verschweißt. Wenn ihr sie haben wollt, müßt ihr mir zuerst den Kopf abschneiden, meine Lieben! Jill Larsson sitzt im Offshore-Hotel am Empfänger. Mit einem Anwalt und dem Ophtologen, der mir das Kunstauge eingepflanzt hat. Alle drei halten Verbindung zur JAFO , zur Internationalen Aufsichtsbehörde für Organverpflanzung.“
„Bluff, alles Bluff!“
„Dann lassen Sie es doch darauf ankommen, Argo!“
„Schluß, habe ich gesagt. Ende der Vorstellung!“
„Lassen Sie Tessa zu Ende reden!“
„Das sagst ausgerechnet du, Muja?“
„Ja, ich will es hören.“
„Wir alle wollen Tessa anhören“, unterstützte Laserma das Katzengesicht.
„Okay“, ergriff das große, schlanke Mädchen mit der Augenklappe ihre Chance. „Hört zu. Die Sitte, Zwischennamen anzunehmen, ist alter Inselbrauch. Damit hat man uns geködert. Wir konnten sogar frei aus einer Namensliste wählen. Doch anstelle des großen Gewinns haben wir uns die Lose für Anonymspenderinnen gezogen. Alle Namen, die auf A enden. Klar?“
Laserma warf ein: „Und was ist mit den Endungen auf O wie Argo?“
„O bedeutet: ohne Spendenverpflichtung!“ Der Schuß traf ins Schwarze. Die Funktionärin mit dem Durchschnittsgesicht, an dem nur das energische Kinn auffiel, wurde unter ihrer Solariumsbräune blaß.
„Ich dachte, Sie seien unser großes Vorbild“, wagte sich das Küken an Argo heran.
„Moment!“ rief Muja. „Tessa hat doch auch einen A-Namen. Trotzdem hat sie den Transplantat-Empfänger kennengelernt.“
„Ja, das war die Panne, die passiert ist – der kleine Webfehler im moralischen Stützkorsett. Das Klinikpersonal war offensichtlich noch nicht auf die neuen Sicherheitsvorschriften eingeschworen. Ich fungierte schließlich als Vorreiterin. Ich bin der Prototyp. Eure gewebefreundlichen Nierchen werden die Serientypen! Die Körperersatztechniker haben im letzten Vierteljahr hundert tolle Arbeit geleistet. Das wissen wir alle. Aber für Bauchspeichel- und Brustdrüsen, Eierstöcke, Nervenfasern, Knochenmark, Lungen, Leber, Milz und Nieren stehen wir Life-Spender höher im Kurs als je
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