Science Fiction Almanach 1983
besser so.“ Sie nickte befriedigt. „Ich wünsche, daß ihr Tessa nicht wiederseht. Keine von euch. Ist das klar?“
Laserma, Muja und Chalila funktionierten die Grußgeste zu einer Art Schwurgeste um: „Versprochen und besiegelt.“
Argos kräftige Augenbrauen hoben sich. „Du nimmst dich aus, Tyra?“
„Mehr für andere tun, heißt mehr von sich selbst haben. So steht es doch in unserem Finalistinnen-Kodex!“ Ohne mit der Wimper zu zucken, hielt sie dem Kobrablick der Funktionärin stand.
„Vielleicht kann dich ein Argument überzeugen. Ich habe im Offshore-Hotel auf der Düne angerufen. Ihr könnt die Auskunft jederzeit von eurem Tele-Speicher abrufen.“
Tyra trat an die Wandkonsole und schaltete das Gerät ein, das einem Bildtelephon ähnelte. Auf dem Sichtschirm erschien der Rezeptionsroboter des Offshore-Hotels. „Frau Jill Larsson“, buchstabierte der Automat überdeutlich, „befindet sich nicht auf ihrem Zimmer. Sie hat mittags den Hotelkomplex verlassen und wird erst gegen Abend zurückerwartet. Bild- oder Tonnachrichten für Sie liegen nicht vor. Speichern Sie bitte Ihr Rückrufsignal ein.“ Klick.
Klick machte es auch in Tyras Kopf. Dann hatte also gar niemand das Gespräch in der Hummerhöhle aufgezeichnet?
„Na, was sagt ihr jetzt? Kein Anwalt, kein angeblicher Arzt, keine Jill Larsson! Schade um das erhoffte Beweismaterial, wie?“ Argo strich scheinbar absichtslos über den neuen Funksprechklipp an ihrer Steppweste.
Tyra kämpfte mit aufsteigenden Tränen. „Ich glaube das alles nicht! Ich glaube es nicht.“
Die Funktionärin zuckte die Schultern. „Stimmautomaten sind unbestechlich. Ich habe es euch doch vorausgesagt. Bluff, alles Bluff!“
„Aber wir haben doch alle die Narbe gesehen!“
„Beantworte mir eine Frage, Tyra! Jill ist die Schwester von Sven Larsson, dem eine Nierenübertragung das Leben gerettet hat. Jill liebt ihren Bruder. Weshalb sollte sie sich ausgerechnet gegen unsere Arbeit stellen? Wir verdienen doch ihre volle Dankbarkeit!“
„Jill muß Tessa dankbar sein!“
Argo hob korrigierend die Hand. „In erster Linie muß sie unserer Großmeisterin dankbar sein, die durch die Freigabe des neuen Prototyps ein mutiges Exempel statuiert hat. Die Generalprobe für das Finale hat alle medizinischen Erwartungen übertroffen. Die kleinen Schönheitsfehler in der Abwicklung werden bis zu eurem Masseneinsatz garantiert behoben sein.“
Einige Atemzüge lang herrschte Stille in der Wohnspirale.
Laserma strich sich mit einer Zeitlupenbewegung die Locken aus der Stirne. Ihre Stimme klang belegt. „Dann geben Sie also unumwunden zu, daß wir allesamt Transplantinnen, Anonymspenderinnen, sind?“
Argo stand auf und straffte sich. „Die Welt wartet auf euch!“
„Aber daß wir uns ausschlachten lassen müssen, das hat doch keine von uns gewußt!“ Mujas Katzengesicht erbleichte.
„Im schlimmsten Alptraum wären wir nicht auf so etwas verfallen“, keuchte Laserma.
„Dann hatte Tessa doch mit allem recht!“ schluchzte Chalila fassungslos und warf sich in die nächste Sitz-Schnecke.
Tyra begehrte auf. „Ich mache da nicht mit. Ich protestiere!“ Hellbraun umrahmte ihre Federfrisur ihr blasses Gesicht mit der hübschen kleinen Nase. Ihre etwas ungleichen Lippen zuckten. Aber aus ihren graugrünen Augen leuchtete eine erstaunliche Energie.
„Bravo!“ applaudierte Argo. „Was heißt nach dem neuen Interpretationsgesetz für Umgangssprache Protest?“
„Pro heißt dafür – und Test heißt Versuch“, antwortete Muja automatisch.
„Tyra stimmt also FÜR EINEN VERSUCH !“ triumphierte Argo. Und an die drei
Weitere Kostenlose Bücher