Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Science Fiction Anthologie Band 3 - Die Vierziger Jahre 1

Science Fiction Anthologie Band 3 - Die Vierziger Jahre 1

Titel: Science Fiction Anthologie Band 3 - Die Vierziger Jahre 1 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anthologie
Vom Netzwerk:
auf andere Art denken. Wir können mehr oder weniger leicht ihre Verstellungsversuche durchschauen – aber sie auch die unseren. Kinder können die Heuchelei eines Erwachsenen erbarmungslos entlarven. Bilderstürmerei ist ihr Vorrecht.
Stutzertum, zum Beispiel. Die Höflichkeiten des gesellschaftlichen Miteinander, fast bis zum Absurden übertrieben. Der Gigolo …
„Welche Lebensart! Was für ein gutes Benehmen!“ Die Matrone und das blonde junge Ding sind häufig beeindruckt. Männer haben weniger angenehme Kommentare auf der Zunge. Aber das Kind geht an die Wurzel der Sache.
„Du bist blöd !“
Wie kann ein ungereifter Mensch das komplizierte System sozialer Beziehungen verstehen? Für ihn ist die Überspitzung natürlicher Höflichkeit blöde. Sie ist in der funktionalen Struktur seines Rasters vom Leben reinstes Rokoko. Er ist ein egoistisches kleines Tier, das sich nicht in die Lage eines anderen versetzen kann – jedenfalls nicht in die eines Erwachsenen. Eine verschlossene, fast vollständige natürliche Einheit, in der die Wünsche von den anderen erfüllt werden: Das Kind hat viel von einem einzelligen Geschöpf, das im Blutstrom treibt; Nahrung wird zu ihm herangetragen, die Abfallprodukte werden weggeschwemmt.
Vom Standpunkt der Logik aus ist ein Kind geradezu erschreckend vollkommen. Ein Säugling kann sogar noch vollkommener sein; aber er ist für einen Erwachsenen so fremd, daß nur Schein-Vergleichsmaßstäbe Anwendung finden. Die Gedankengange eines Kleinkinds sind völlig unvorstellbar. Aber Babys denken, selbst vor der Geburt. Im Leib der Mutter bewegen sie sich; und schlafen sie nicht allein durch den Instinkt? Wir sind darauf gedrillt, auf den Gedanken, daß ein beinahe lebensfähiger Embryo denken könnte, ziemlich eigenartig zu reagieren. Wir sind überrascht, geschockt und abgestoßen.
Nichts Menschliches ist fremd. Aber ein Baby ist nicht menschlich. Ein Embryo ist weit weniger als menschlich.
Vielleicht kam es daher, daß Emma mehr als Scott von den Spielsachen lernte. Er konnte natürlich seine Gedanken vermitteln; Emma konnte es nicht, abgesehen von einigen verborgenen Bruchstücken. Zum Beispiel die Sache mit dem Gekritzel …
Gebt einem kleinen Kind Papier und Bleistift: es wird etwas zeichnen, das für es selbst anders als für einen Erwachsenen aussieht. Die unsinnigen Stricheleien haben wenig Ähnlichkeit mit einem Feuerwehrwagen; aber es ist tatsächlich ein Feuerwehrwagen. Vielleicht ist er sogar dreidimensional. Babys denken anders, und sie sehen anders.
Darüber brütete Paradine, als er eines Abends die Zeitung las und beobachtete, wie sich Emma und Scott verständigten. Scott stellte seiner Schwester Fragen. Manchmal frage er in Englisch. Manchmal mußte er ein Kauderwelsch und Zeichensprache zu Hilfe nehmen. Emma versuchte zu antworten, aber die Hindernisse waren zu groß.
Schließlich holte Scott Papier und Bleistift. Emma mochte das. Mit herausgestreckter Zunge schrieb sie mühsam eine Botschaft auf. Scott nahm das Papier, betrachtete es sorgfältig und runzelte die Stirn.
„Das ist nicht richtig, Emma“, sagte er.
Emma nickte energisch. Sie ergriff wieder den Bleistift und malte noch mehr Kritzel. Scott knobelte einige Zeit daran herum, lächelte schließlich zögernd und stand auf. Er verschwand in der Diele. Emma wandte sich wieder dem ,Abakus’ zu.
Paradine stand auf und sah sich das Papier an. Er hatte den verrückten Einfall, daß Emma urplötzlich Schreiben gelernt hatte. Aber sie hatte es nicht. Das Papier war mit sinnlosen Kritzeleien in der Art, wie sie allen Eltern vertraut sind, bedeckt. Paradine schürzte die Lippen.
Es könnte sich um ein Diagramm handeln, das die geistigen Abweichungen einer manisch-depressiven Küchenschabe zeigte, aber das war es wahrscheinlich nicht. Dennoch hatte es für Emma zweifellos eine Bedeutung. Vielleicht stellte das Gekritzel Onkel Bär dar.
Scott kam zurück, er sah vergnügt aus. Er begegnete Emmas Blick und nickte. Paradine wurde plötzlich neugierig.
„Geheimnisse?“
„Ach was. Emma … mmm … bat mich, etwas für sie zu erledigen.“
„Oh.“ Paradine erinnerte sich an die Beispiele von Kleinkindern, die in unbekannten Sprachen brabbelten und die Linguisten verblüfften. Er nahm sich vor, das Papier an sich zu nehmen, wenn die Kinder fertig waren. Am nächsten Tag zeigte er in der Universität Elkins das Gekritzel. Elkins hatte den Ruf, viele verschiedene Sprachen zu beherrschen, aber er lachte über Emmas

Weitere Kostenlose Bücher