Science Fiction Anthologie Band 3 - Die Vierziger Jahre 1
Psychologe ist in dem Schutzbunker keinen Heller wert. Die brauchen dort viel eher tatkräftige Männer und starke, gesunde Frauen, die Kinder gebären und aufziehen können. Na, passe ich also dorthin? Ich bin hundert Pfund zu schwer, um tatkräftig zu sein, und im Kindergebären wäre ich doch wohl auch eine Niete. Ich wäre bloß ein Fresser mehr, den sie mit durchfressen müßten. Hier oben fühle ich mich weit besser aufgehoben.“
„Was meinen Sie denn mit ‚Schutzbunker’?“ fragte Theremon mit lebhaftem Interesse.
Sheerin, der den Reporter wohl noch nicht wahrgenommen hatte, legte die Stirn in Falten und blies seine Pausbacken auf. „Wer, zum Teufel, sind Sie denn, Rotschöpfchen?“ Aton preßte die Lippen aufeinander und murmelte unfreundlich: „Das ist Theremon 762, dieser Zeitungsschreiberling. Sie werden doch wohl von ihm gehört haben.“
Der Kolumnist streckte die Hand aus. „Und Sie sind doch sicher Sheerin 501 von der Saro-Universität. Ich habe schon viel von Ihnen gehört. Aber sagen Sie doch, was hat es denn mit diesem Schutzbunker auf sich?“
„Nun“, führte Sheerin aus, „es ist uns gelungen, eine Anzahl Leute von der Stichhaltigkeit unserer … hm … Weltuntergangsprophezeiung – um es mal so spektakulär auszudrücken – zu überzeugen. Diese Leute haben geeignete Gegenmaßnahmen ergriffen. Die Gruppe besteht zum größten Teil aus engsten Familienmitgliedern des Observatoriumsstabes, einigen Leuten von der Saro-Universität sowie ein paar Außenseitern. Es sind insgesamt ungefähr dreihundert Personen, aber drei Viertel davon sind Frauen und Kinder.“
„Ah, ich verstehe schon. Die sollen sich irgendwo verstecken, wo die Dunkelheit und die … hm … Sterne ihnen nichts anhaben können, und sie sollen als einzige übrig bleiben, während die übrige Welt hops geht.“
„Wenn Sie es schaffen. Es wird gar nicht so einfach sein. Stellen Sie sich das einmal vor: Wenn die gesamte Menschheit dem Wahnsinn verfällt und wenn alle großen Städte in Flammen aufgehen, wie wenig einladend zum Überleben die Umwelt dann noch sein wird. Aber immerhin haben sie Lebensmittel, Wasser, ein Dach über dem Kopf und Waffen …“
„Und nicht nur das“, sagte Aton, „sie haben alle unsere Aufzeichnungen, natürlich bis auf die, die wir heute machen werden. Diese Aufzeichnungen werden für den nächsten Zyklus lebensnotwendig sein, und die müssen unbedingt durchkommen. Alles andere kann ruhig draufgehen.“
Theremon stieß einen langen, leisen Pfiff aus und grübelte ein paar Minuten lang nach. Die Männer, die die ganze Zeit um den Tisch herumgestanden hatten, brachten jetzt ein Multi-Schachbrett herein und begannen eine Partie zu sechs Personen. Es wurde still in dem Raum. Lautlos und schnell glitten die Figuren über das Brett. Alle Augen starrten in gebannter Konzentration auf das Spiel. Theremon beobachtete die Männer eine Weile beim Spielen. Dann stand er auf und ging auf Aton zu, der sich ein wenig abseits vom Geschehen im Flüsterton mit Sheerin unterhielt.
„Hören Sie mal“, sagte er. „Wollen wir uns nicht irgendwo hinsetzen, wo wir die anderen nicht stören? Ich würde Ihnen gern ein paar Fragen stellen.“
Der betagte Astronom runzelte die Stirn und blickte ihn säuerlich an, aber Sheerin zwitscherte hocherfreut: „Aber gern. Ein bißchen Reden tut mir jetzt sicherlich gut; eigentlich tut es mir immer gut. Aton erzählte mir gerade, was Sie so meinen betreffs der Reaktion der Öffentlichkeit, falls die Voraussage sich als falsch erweist – und ich muß Ihnen sagen, ich stimme da mit Ihnen überein. Übrigens, ich lese Ihre Artikel ziemlich regelmäßig, und im großen und ganzen gefallen mir Ihre Ansichten.“
„Sheerin, ich muß doch bitten“, grollte Aton.
„Wie bitte? Ach so, natürlich. Gehen wir doch einen Raum weiter. Da sind die Sessel ohnehin bequemer.“
Und in der Tat, im nächsten Raum gab es bequemere Sessel. Außerdem hingen vor den Fenstern dicke, rote Vorhänge. Den Boden bedeckte ein kastanienbrauner Teppich. Das Ganze sah in dem ziegelfarbenen Licht von Beta aus wie getrocknetes Blut. Theremon lief ein Schauer über den Rücken. „Glauben Sie mir, ich gäbe mein letztes Hemd im Augenblick für ein bißchen anständiges weißes Licht, und wenn es nur für ein paar Sekunden wäre. Ich wünschte, Gamma oder Delta stünden jetzt am Himmel.“
„Nun, was wollen Sie eigentlich wissen?“ fragte Aton. „Bitte, denken Sie daran, daß wir nur begrenzt Zeit
Weitere Kostenlose Bücher