Science Fiction Anthologie Band 3 - Die Vierziger Jahre 1
pflanzte sich vor ihm auf. „Hör mal zu, Bursche! Du platzt hier so einfach herein, als ob ich da überhaupt kein Wörtchen mitzureden hätte! Wenn du was dagegen hast, spring meinetwegen ins Wasser – ich bin gerade in der richtigen Stimmung, dir dabei zu helfen! Hast zu noch was zu sagen?“
Der Fremde streckte den Arm aus und versuchte, ihn am Kragen zu packen. Wilson holte zu einem Schwinger aus, der aber weit danebenging. Selbst die Paketpost ist schneller. Der Fremde duckte den Hieb ab und ließ Bob einen Mundvoll Knöchel spüren – große, harte Knöchel. Joe warf sich rasch dazwischen, um Bob zu Hilfe zu kommen. Wie bei einer Wirtshausprügelei tauschten sie Hiebe aus, und Bob beteiligte sich enthusiastisch, wenn auch wirkungslos. Sein einziger Treffer landete bei Joe, der theoretisch sein Verbündeter war. Nun, beabsichtigt hatte er jedenfalls, den dritten Mann zu treffen.
Dieser Fauxpas verschaffte dem Fremden die Gelegenheit, eine saubere, gerade Rechte auf Wilsons Gesicht abzuschießen. Sie landete zwar etliche Zentimeter über seiner Kinnspitze, aber in Bobs benebelter Verfassung reichte sie völlig aus, den Schlußstrich unter seine weitere Teilnahme an der Veranstaltung zu ziehen.
Langsam kam Bob Wilson wieder zu sich und nahm seine Umgebung wahr. Er saß auf einem Fußboden, der ein wenig unter ihm zu schwanken schien. Jemand beugte sich über ihn.
„Geht’s jetzt besser?“ fragte die Gestalt.
„Ich glaub’ schon“, antwortete er mit belegter Stimme. Sein Mund schmerzte ihn; er fuhr sich mit der Hand darüber und zog sie blutverschmiert zurück. „Mein Kopf tut weh“, sagte er.
„Das kann ich mir denken. Sie sind ja auch Hals über Kopf hindurchgekommen. Ich glaube, Sie sind dabei ganz schön mit dem Kopf aufgeschlagen.“
Verschwommen kehrte Wilsons Erinnerung zurück. Er versuchte sich zu konzentrieren. Hindurchgekommen? Er musterte seinen Helfer genauer. Vor ihm stand ein Mann mittleren Alters mit grau durchzogenem, buschigen Haar und einem kurzen, sauber gestutzten Bart. Seine Kleidung definierte Wilson als einen purpurnen Hausanzug.
Aber der Raum, in dem er sich befand, machte ihm noch mehr Kopfzerbrechen. Er war kreisrund, und die Decke wölbte sich so sacht und übergangslos, daß sich die Höhe nur schwer schätzen ließ. Ein gleichmäßiges, blendfreies Licht aus einer nicht sichtbaren Quelle erfüllte den ganzen Raum. Es gab keine Möbel, und nur eine Art Katheder auf einem Podium in der Nähe der gegenüberliegenden Wand war zu sehen. „Hindurchgekommen? Wo hindurch?“
„Durch das Tor natürlich.“ Der Mann hatte einen merkwürdigen Akzent, den Wilson nicht genau bestimmen könnte; er meinte nur daraus schließen zu können, daß Englisch nicht seine Alitagssprache sei.
Wilson blickte über seine Schulter in die Richtung, wohin die Augen des anderen wiesen, und sah den Kreis.
Seine Kopfschmerzen wurden dadurch nur noch schlimmer. O Gott, dachte er, jetzt bin ich wirklich verrückt geworden. Warum wache ich bloß nicht auf? Er schüttelte den Kopf, damit er klar würde.
Das war ein Fehler. Seine Schädeldecke flog zwar nicht in die Luft – aber viel fehlte nicht daran. Und der Kreis blieb, wo er war, ein einfacher, in der Luft hängender geometrischer Ort, dessen Fläche bis in unbestimmte Tiefe gehend mit den amorphen Farben und Figuren einer Traumlandschaft erfüllt zu sein schien. „Bin ich da hindurchgekommen?“ „Ja.“
„Wo bin ich?“
„In der Torhalle des Regierungspalastes von Norkaal. Viel wichtiger aber ist, in welcher Zeit Sie sich befinden. Sie sind etwas mehr als dreißigtausend Jahre in die Zukunft gesprungen.“
Jetzt ist es erwiesen, daß ich verrückt bin, dachte Wilson. Er erhob sich unsicher und machte einen Schritt auf das Tor zu.
Der andere legte ihm eine Hand auf die Schulter. „Wohin wollen Sie?“
„Zurück!“
„Nicht so rasch. Sie können zurückgehen – darauf gebe ich Ihnen mein Wort. Aber lassen Sie mich zuerst Ihre Verletzungen behandeln. Und außerdem sollten Sie sich ausruhen. Ich muß Ihnen einiges erklären, und wenn Sie zurückgehen, könnten Sie einen kleinen Auftrag für mich erledigen – zu unserem beiderseitigen Vorteil. Eine große Zukunft wartet auf uns beide, mein Junge – eine große Zukunft!“
Wilson zögerte unentschlossen. Die Beharrlichkeit des älteren Mannes beunruhigte ihn ein wenig. „Mir gefällt das hier nicht.“
Der andere musterte ihn aufmerksam. „Vielleicht wollen Sie einen Schluck trinken, bevor Sie
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