Science Fiction Anthologie Band 3 - Die Vierziger Jahre 1
Aufmerksamkeit widmen mußte –,Joe’ war bei weitem der gefährlichere der beiden.
Ein kleines Mißverständnis zwischen den beiden Alliierten verschaffte ihm die Gelegenheit. Er trat zurück, zielte sorgfältig und schoß eine lange gerade Rechte ab, einen der härtesten Schläge, die er je in seinem Leben ausgeteilt hatte. Sein Widersacher wurde davon glatt aus dem Sattel gehoben.
Erst als der Schlag landete, merkte Wilson, daß sein erstes Ich genau zwischen ihm und dem Tor stand; die bittere Gewißheit, daß er die Szene wiederum bis zu ihrem unausweichlichen Höhepunkt durchgespielt hatte, überwältigte ihn.
Er war allein mit ,Joe’; ihr Gefährte war durch das Tor verschwunden.
Als erstes regte sich bei ihm das unlogische, aber ganz menschliche und allgemein übliche Gefühl, die Verantwortung für das Geschehene auf jemand anders abzuwälzen. „Jetzt hast du’s geschafft!“ sagte er ärgerlich.
„Ich?“ protestierte ,Joe’. „Du hast ihn da hindurchbefördert. Ich habe ihn überhaupt nicht angerührt.“
„Ja“, sah Wilson sich gezwungen zuzugeben. „Aber es ist deine Schuld. Wenn du dich nicht eingemischt hättest, wäre das nicht passiert.“
„ Ich mich eingemischt? Du unverschämter Heuchler, du … du bist doch hier hereingeplatzt und hast dich in unsere Angelegenheit gemischt. Dabei fällt mir ein – du schuldest mir noch eine Aufklärung für dieses unerhörte Benehmen. Was hast du dir eigentlich gedacht …“
„Laß das jetzt!“ wies Wilson ihn ab. Er war äußerst ungern im Unrecht, und noch viel unangenehmer war es ihm, sein Unrecht zugeben zu müssen. Er erkannte jetzt, daß von Anfang an keine Aussicht auf Erfolg bestanden hatte. Die völlige Sinnlosigkeit seines Unterfangens drückte ihn nieder. „Es ist doch zu spät. Er ist durch.“
„Zu spät wozu?“
„Zu spät, um diesen Lauf der Ereignisse aufzuhalten.“ Ihm kam plötzlich zum Bewußtsein, daß es immer zu spät sein würde, ganz gleich, zu welcher Tages- oder Jahreszeit oder wie oft er auch zurückkommen mochte, um diesen Kreislauf abzustoppen. Er erinnerte sich daran, daß er das erste Mal hindurchgegangen war; er hatte sich selbst auf der anderen Seite schlafen gesehen. Er würde den Ereignissen ihren ermüdenden Lauf lassen müssen.
„Und warum sollten wir das?“
Eine Erklärung hatte wenig Sinn, aber er verspürte den Drang, sich selbst zu rechtfertigen. „Weil“, antwortete er, „Diktor mich – das heißt dich … oder noch viel besser gesagt, uns – offensichtlich ganz erbärmlich hinters Licht geführt hat. Er hat dir doch versprochen, dich dort drüben zu einem hohen Tier zu machen, nicht wahr?“
„Ja …“
„Nun, das ist alles ganz großer Blödsinn. Er will uns mit diesem Apparat nur so unentwirrbar in die Zeit verwickeln, daß wir niemals mehr richtig herausfinden können.“
,Joe’ sah in zweifelnd an. „Woher willst du das wissen?“ fragte er.
Da Wilson in dieser Richtung nur Vermutungen äußern konnte, fühlte er sich in Verlegenheit für eine vernünftige Erklärung. „Wozu sollen wir das jetzt erörtern?“ wich er aus. „Warum nimmst du nicht einfach mein Wort dafür zum Pfand?“
„Warum sollte ich das?“
Warum solltest du das? Oh, du Trottel, siehst du das denn nicht mit eigenen Augen? Ich bin doch du –, nur älter und erfahrener – du mußt mir glauben! Und laut antwortete er: „Wenn du mir nicht glaubst, wem willst du dann glauben?“
,Joe’ räusperte sich. „Ich bin aus Missouri“, entgegnete er. „Ich muß mich selbst überzeugen.“
Wilson bemerkte plötzlich erschrocken, daß ,Joe’ sich anschickte, eilig durch das Tor zu gehen. „Wo willst du denn eigentlich hin?“ fragte er.
„Durch! Ich gehe jetzt zu Diktor und werde ein Hühnchen mit ihm rupfen?“
„Bleib!“ bat Wilson. „Vielleicht können wir diesen Kreislauf auch jetzt noch aufhalten.“ Aber der verstockte, eigensinnige Blick des anderen belehrte ihn, wie vergeblich seine Bemühungen waren. Er blieb weiterhin ein Gefangener des Unvermeidlichen; es mußte geschehen. „Also geh, meinetwegen“, sagte er achselzuckend. „Schließlich ist es deine eigene Beerdigung. Ich wasche meine Hände in Unschuld.“
,Joe’ zögerte einen Augenblick vor dem Tor. „Wirklich? Hm-m-m – wie kann es aber meine Beerdigung sein, wenn es nicht zugleich deine ist?“
Wilson starrte sprachlos hinterher, während Joe durch das Tor schritt. Wessen Beerdigung? Über diese Möglichkeit hatte er noch gar nicht nachgedacht.
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