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Science Fiction aus Deutschland

Science Fiction aus Deutschland

Titel: Science Fiction aus Deutschland Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Joachim Alpers und Ronald M. Hahn Hrsg.
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weiß nicht, wohin wir gehen, aber daß wir gehen werden, weiß ich. Meine Frau, auch dich habe ich geliebt, wir sehen uns morgen. Und die Kinder, vielleicht die Kinder, das Leben, den Anfang und das Ende, ich liebe euch, ich kann es kaum erwarten, warum gehen diese wenigen Zeiteinheiten nur so langsam vorüber?
    Wie war dein Name, hattest du einen? Sag ihn mir, ich will versuchen, ihn nie mehr zu vergessen. Idi werde mein Sauerstoffgerät auf deinen Atem fixieren. Idi tue alles für dich, und morgen werde ich dich nie mehr verlassen. Es gibt ein Nachmorgen, ich weiß es und das genügt.«
    Der nächste Morgen kam mit den obligaten Kopfschmerzen: Das Recht auf befristetes Leben, das Recht auf begrenzte Fortpflanzung, das Recht auf Benutzung des Sauerstoffgerätes nebst Lebensschlauch, das Recht auf Benutzung der Lernmaschine.
    Sind das rebellische Gedanken, ausgerechnet heute, nein, es sind bloß Feststellungen.
    Die störenden Gedanken verschwanden so schnell, wie sie gekommen waren.
     
    Die rote Kontrollampe blinkte auf, während sich die Einstiegsluke öffnete und ein Servowagen unter seine Pritsche fuhr. Er wurde hinausgefahren. Wild begann sein Herz zu hämmern, als er über dem großen Saal das Schild Willkommen daheim, Norman erblickte.
    Die Tür glitt auf und von dem hellen Licht geblendet, schloß er für einen Augenblick die Augen. Wieder geöffnet, konnten sie kaum fassen, was sie sahen: In der Mitte des Raumes befand sich ein riesiger buntgeschmückter Weihnachtsbaum mit vielen kleinen, akkurat verpackten Geschenken an den Ästen. Links dahinter stand der runde Tisch mit der Geburtstagstorte und den dreißig Kerzen seiner Jahre. An der Wand hingen die Bilder der Mutter, seiner Frau und der beiden Töchter, sie waren beschriftet, damit er sie erkennen konnte, doch es wäre nicht nötig gewesen, zumindest bei seiner Frau nicht, die er erst vor fünf Jahren zum letzten Mal gesehen hatte. Neben den Bildern hing eine Urkunde, die seine Promotion zum Dr. phil, auf den heutigen Tag bestätigte.
    Beinahe hätte er den kleinen Korb mit den Ostereiern übersehen, der darunter stand. Der Servowagen fuhr an den mit Urkunden und Preisen geschmückten Wänden entlang. Sie waren ihm zuerkannt worden, z. B. für das Buch des Jahres, das beste Abitur der Klasse, den Rekord im Sauerstoffsparen und für vorbildliches Verhalten bei diesem und bei jenem – er war stolz darauf.
    Der Wagen hielt vor dem Weihnachtsbaum, so daß er Gelegenheit hatte, die kleinen Pakete zu öffnen: ein Ring, Socken, Unterhosen und etliche Nettigkeiten mehr.
    Er versuchte alles gleich anzuziehen, doch die Anstrengung war zu groß, und er ließ sich auf den Servowagen zurückfallen, lauschte nur noch der Musik aus den Lautsprechern, die abwechselnd: Silent Night, Happy Birthday, Gaudeamus igi tur, He is a jolly good Fellow und Prosit Neujahr in den Raum schmetterten.
    Ab und zu wurden die Stimmen seiner Frau, der Töchter und seiner Mutter eingeblendet, die ihm alle möglichen lieben Dinge sagten und mit guten Ratschlägen versorgten.
    Er trank ein Glas Wein, das ihn angenehm berauschte, und die Stunden vergingen wie im Oxygenrausch. Kaum merklich wurde die Musik leiser und die Stimmen unhörbar, das Fest war vorüber, aus den Lautsprechern erklang nach einer kurzen Pause die sonore Stimme des Chairmans: »Hallo Norman 17212, war es nett?«
    Norman nickte glücklich.
    »Versuche jetzt aufzustehen.«
    Mühsam erhob er sich und sah auf den Teil des Raumes, der bisher im Halbdunkel gelegen hatte und jetzt hell erleuchtet war.
    »Geh zu dem röhrenförmigen Plastikbehälter«, sagte die Stimme einen Ton weicher.
    »Auf Wiedersehen, Norman, deine Zeit ist vorüber, finde das Glück.«
    Geräuschlos schloß sich der Sargdeckel über Normans lächelndem Gesicht.

 
Martin Beranek / Peter T. Vieton
Verkauf uns deinen Enkel
     
    Es war schon eine Minute über der Zeit, stellte Gigger mit einem Blick auf seine nagelneue Taucheruhr (DM 165, –) fest. Aber der Bus, der sie von tausend Straßenecken auflas, war noch immer nicht zu sehen. Das war sonderbar, aber Gigger kam natürlich keineswegs auf den Gedanken, dem Bus entgegenzulaufen oder ein öffentliches Verkehrsmittel zu benutzen, um zum Stadion zu gelangen. Das taten nur die Armen, die Asozialen und die kriminellen Psychopathen – und zu diesen Gruppen zählte Gigger nun wirklich nicht. Er war ein ganz und gar gesunder und völlig normaler Junge, wie bisher jede der psychiatrischen

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