Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Science Fiction Jahrbuch 1983

Science Fiction Jahrbuch 1983

Titel: Science Fiction Jahrbuch 1983 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H. J. Alpers
Vom Netzwerk:
va­ge Ver­mu­tung, sie sei­en Stu­den­tin­nen des letz­ten Se­mes­ters auf der Nor­thwes­tern oder so et­was Ähn­li­ches. Die an­de­ren Mäd­chen wa­ren nichts Au­ßer­ge­wöhn­li­ches, aber die Blon­de konn­te süß lä­cheln und hat­te einen hüb­schen Hin­tern. Sie stand gleich ne­ben der Tür, trug ein wei­ßes Sweats­hirt und aus­ge­wa­sche­ne Jeans und lausch­te dem Streit drau­ßen. Jer­ry zog sei­nen Schlüs­sel her­aus und zö­ger­te. Dies schi­en ei­ne per­fek­te Ge­le­gen­heit zu sein, sie ken­nen­zu­ler­nen.
    „Wis­sen Sie, was da pas­siert ist?“ frag­te er sie und nick­te in die Rich­tung von Mrs. Mon­roe und den Bul­len.
    Sie dreh­te sich um und wisch­te ei­ne Haar­sträh­ne aus dem Ge­sicht. Ihr Haar war sehr lang, sehr glatt und sehr blond, ge­nau so, wie Jer­ry es ge­fiel. „Ei­nes ih­rer Kin­der wird ver­mißt“, sag­te sie. „Der äl­tes­te, glau­be ich.“
    „Chol­lie?“ frag­te Jer­ry. So nann­te ihn je­der. Er war ein schlan­kes, wohl­er­zo­ge­nes Kind, das im­mer mit ei­nem Bas­ket­ball um den Block drib­bel­te, ob­wohl Jer­ry ihn nie­mals bei ei­nem rich­ti­gen Spiel sah. Er muß­te et­wa sech­zehn sein, dach­te er; schüch­tern und viel­leicht ein biß­chen dumm. „Wis­sen die, was mit ihm pas­siert ist?“
    „Die Po­li­zei nimmt an, der Jun­ge sei von zu Hau­se fort­ge­lau­fen“, sag­te sie. „Je­den­falls meint das der Di­cke. Des­we­gen regt sich die Mut­ter auch so auf. Aber die küm­mert das nur we­nig. Al­ler­dings ist er auch noch nicht lan­ge weg, glau­be ich.“
    „Wie lan­ge denn?“
    „Sie sag­te, sie hät­te ihn letz­ten Frei­tag um elf Uhr zum Milch­ho­len ge­schickt. Nie­mand hat ihn seit­her ge­se­hen.“
    „Ir­re“, sag­te Jer­ry und schüt­tel­te den Kopf. „Chol­lie schi­en mir nicht der Typ zu sein, der ab­haut. Er war im­mer so ru­hig. Ich hof­fe, es ist ihm nichts pas­siert.“
    „Na, je­den­falls sag­te ihr die Po­li­zei, daß kei­ne Lei­che ge­fun­den wur­de, auf die die Be­schrei­bung zu­trifft.“
    „Gott sei Dank“, sag­te Jer­ry.
    „Die wer­den auch kei­ne Lei­che fin­den“, be­merk­te Gum­bo Gran­ny, wäh­rend sie sacht schau­kel­te und da­bei an ih­rer Pfei­fe saug­te.
    „Wie bit­te?“ frag­te die Blon­di­ne.
    Jer­ry muß­te einen Seuf­zer un­ter­drücken. Es war im­mer ein Feh­ler, Gum­bo Gran­ny an­zu­spre­chen. Ging man ein­mal auf sie ein, fing sie an, und wenn sie ein­mal an­fing, hör­te sie nicht mehr auf. Sie war ei­ne sehr al­te schwar­ze Frau, ei­ne dün­ne, klei­ne, af­fen­ähn­li­che Frau mit ei­nem fal­ti­gen brau­nen Ge­sicht und ro­si­gen Hand­flä­chen. Sie hat­te fast kei­ne Haa­re mehr und einen hell­ro­sa Fleck rund um ihr lin­kes Au­ge, ei­ne ro­sa Bles­se in der Mit­te ih­res ver­hut­zel­ten al­ten Ge­sichts. Da­mit sah sie bei­na­he aus wie der Hund aus den Klei­nen Strol­chen, de­ren Fil­me Jer­ry in sei­ner Kin­der­zeit ge­se­hen hat­te, nur daß die Far­ben ge­tauscht wa­ren. Sie war ziem­lich se­nil und meis­tens nicht ganz da­bei, und selbst wenn sie es war, konn­te sie kei­ner ver­ste­hen, da sie nur wir­res Zeug da­her­re­de­te. Wahr­schein­lich war sie aus New Or­leans ge­kom­men, aber ge­nau konn­te das kei­ner sa­gen, da sie schon im­mer in dem Haus ge­wohnt hat­te. Weil die jün­ge­ren Leu­te in dem Haus an­nah­men, sie stam­me aus New Or­leans, nann­ten sie sie Gum­bo Gran­ny. Sie hat­te kei­nen Na­men auf ih­rem Brief­kas­ten, aber höchst­wahr­schein­lich be­kam sie auch kei­ne Post.
    Als die Blon­di­ne sie an­sprach, nahm Gum­bo Gran­ny ih­re Pfei­fe aus dem Mund, schau­kel­te lang­sam vor und zu­rück und nick­te, dann sag­te sie: „Er is weg, oje, oje. Er is weg. Ich hab’s ge­sacht, wie­der und wie­der, aber die ha­ben ja nich drauf ge­hört.“ Sie schüt­tel­te ih­ren klei­nen Kopf und schau­kel­te wei­ter.
    „Ha­ben Sie et­was ge­se­hen?“ frag­te die Blon­di­ne stirn­run­zelnd. „Wis­sen Sie, wo der Jun­ge ab­ge­blie­ben ist?“
    Jer­ry woll­te ihr ge­ra­de sa­gen, sie sol­le der al­ten Frau kei­ne Auf­merk­sam­keit schen­ken, da sie völ­lig ver­rückt sei, aber be­vor er da­zu kam, fing Gum­bo Gran­ny schon wie­der an. „Klar doch,

Weitere Kostenlose Bücher