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Science Fiction Jahrbuch 1983

Science Fiction Jahrbuch 1983

Titel: Science Fiction Jahrbuch 1983 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H. J. Alpers
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de­ren Mu­sik sich schon lan­ge von der an­de­rer Grup­pen ab­hebt.
    Kraft­werk ha­ben im Grun­de ge­nom­men nichts mit der Neu­en Deut­schen Wel­le zu tun, und trotz­dem wer­den sie fast ein­hel­lig da­zu­ge­rech­net, was zum einen dar­an lie­gen mag, daß sie sich längst als Ahn­her­ren und Vor­rei­ter ei­ner neu­en deut­schen Mu­sik eta­bliert ha­ben, zum an­de­ren be­stimmt des­halb, weil die The­men, die sie mit ih­ren Plat­ten im­mer wie­der an­spre­chen, de­nen der NDW sehr ver­haf­tet sind: Kraft­werk ha­ben bei­spiels­wei­se der C OM­PU­TER WELT ein gan­zes, gleich­na­mi­ges Al­bum ge­wid­met, und auch die 1978 er­schie­ne­ne Plat­te M EN­SCH­MA­SCHI­NE bot ei­ne Men­ge Science Fic­ti­on. Ralf Hüt­ter, Spre­cher der Band, da­zu in ei­nem In­ter­view: „Die Science Fic­ti­on ist heu­te auch schon Science-Rea­li­tät. (…) Wir sind zwar aus Fleisch und Blut, aber un­ser Ver­hal­ten und un­se­re Be­we­gun­gen sind schon weit­ge­hend ma­schi­nen­durch­drun­gen. (…) Wir ma­chen Mu­sik wie Ma­schi­nen. (…) Die Rea­li­tät ist heu­te so be­schaf­fen, daß in ihr viel­leicht mehr Science Fic­ti­on liegt als in ei­ner Rei­se in den Welt­raum. Man den­ke an Mi­kro­elek­tro­nik und die ga­lop­pie­ren­de Durch­drin­gung un­se­res Le­bens mit Tech­nik. Für uns ge­hört die­se Science Fic­ti­on schon zum täg­li­chen Ei­ner­lei. Un­se­re Mu­sik ver­mit­telt das, hebt das ins Be­wußt­sein.“
    Kraft­werk wei­sen auf die ver­com­pu­te­ri­sier­te Zu­kunft hin, in­dem sie sich selbst zu den Ro­bo­tern von heu­te ma­chen, zu den Ma­schi­nen­menschen des neu­en Zeit­al­ters. Ih­re Mu­sik ist bis zur letz­ten No­te durch­dacht, com­pu­ter­ge­steu­ert, pro­gram­miert. Zu­fäl­lig­kei­ten ha­ben kei­nen Platz dar­in. Ralf Hüt­ter: „Wir mei­nen, daß die Mu­sik des zwan­zigs­ten Jahr­hun­derts, die Mu­sik der acht­zi­ger Jah­re, auch auf den In­stru­men­ten der acht­zi­ger ge­spielt wer­den muß.“
    Ei­ne der ers­ten rei­nen Syn­the­si­zer­plat­ten der neu­en deut­schen Mu­sik stammt von dem Düs­sel­dor­fer Kurt Dahl­ke ali­as Py­ro­la­tor, doch an­ders als bei Kraft­werk fin­det die ab­sto­ßen­de Häß­lich­keit ei­ner voll­elek­tro­nisch ge­steu­er­ten Zu­kunft bei ihm kei­nen Aus­druck in mor­bid­fas­zi­nier­ter, per­fek­ter Mu­sik vol­ler elek­tro­ni­scher Har­mo­ni­en, son­dern in ei­ner be­ängs­ti­gen­den Klangstruk­tur, die den Rah­men für die ers­te Lang­spiel­plat­te von Py­ro­la­tor bil­det: IN­LAND. Bei Kraft­werk ist die Com­pu­ter­welt dras­tisch über­stei­gert und ver­deut­licht, al­les ist vom Com­pu­ter be­herrscht: „Com­pu­ter­lie­be“ und „It’s Mo­re Fun To Com­pu­te“. Bei Py­ro­la­tor ste­hen die Ge­gen­wart und die schlei­chen­de, fast un­merk­li­che Über­nah­me durch den Com­pu­ter und die Tech­no­lo­gie im Mit­tel­punkt. Sei­ne Mu­sik bringt die Angst vor der Norm­welt fas­zi­nie­rend zum Aus­druck, und IN­LAND wird sich wahr­schein­lich kei­ner oh­ne ge­ängs­tig­te Schau­er an­hö­ren kön­nen, denn hin­ter der brü­chi­gen Ober­flä­che der Mu­sik lau­ern Schre­cken, die grö­ßer sind als al­le Mons­tren und In­va­so­ren aus dem All: die Zu­kunft, mit der der Mensch sich selbst ka­putt­macht.
    Von der Kon­zep­ti­on her in­ter­essant ist auch die ers­te LP von D.A.F., E IN P RO­DUKT DER DEUTSCH - AME­RI­KA­NI­SCHEN F REUND­SCHAFT , de­ren In­stru­men­tal­stücke eben­falls ein col­la­gen­haf­tes Bild see­len­lo­ser Über­tech­no­lo­gi­sie­rung ver­mit­teln. Al­ler­dings konn­ten Ro­bert Görl und Ga­bi Del­ga­do-Lo­pez, in­zwi­schen die ein­zi­gen ver­blie­be­nen Mit­glie­der der Grup­pe, die an­fäng­li­chen Ver­spre­chun­gen nicht ein­lö­sen, und mitt­ler­wei­le ha­ben sie sich mit schwarz­le­der­nem Her­ren­menschen­ge­ha­be und ei­ner wi­der­li­chen Ko­ket­te­rie mit dem Fa­schis­mus selbst ins Aus ka­ta­pul­tiert.
    Ei­nes je­den­falls muß man den ex­pe­ri­men­tier­freu­di­gen neu­en deut­schen Mu­si­kern der ers­ten Stun­de las­sen: Ih­re Ex­pe­ri­men­te ha­ben das mu­si­ka­li­sche Um­feld weit­ge­hend be­freit.

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